Die Eigenkonstruktionen von BlueBrixx im Eisenbahnbereich erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Dies ist vor allem daran zu erkennen, dass es beizeiten einfacher ist, die berühmte Nadel im Heuhaufen zu finden als eines dieser Sets zu ergattern – gerade erst reingekommen, schon sind sie wieder ausverkauft. Gleiches gilt für das Schwergetüm unter den Wagons, dem Tiefladewagen 100854.
Die Box
Das Set wird gegen eine Bezahlung von 18,95 Euro wie von BlueBrixx gewohnt in einer neutralen Verpackung nur mit Steinen und ohne Bauanleitung ausgeliefert, letztere muss in PDF-Form von der BlueBrixx-Website heruntergeladen werden. Für den Zusammenbau wird daher zumindest ein PC, besser noch ein Tablet benötigt.
Das Modell des insgesamt über acht Achsen verfügenden Tiefladewagen beinhaltet 144 Teile, vornehmlich in Schwarz und Grau gehalten. Diese sind in vier Plastiktüten verpackt, was zwar in Sachen Umweltbilanz immer noch zu viel ist, dennoch weniger Müll verursacht, als es bei gleichgroßen Sets von LEGO der Fall ist. Ein Vorsortieren der Steine ist aufgrund der geringen Anzahl nicht nötig, diese sind gut voneinander zu unterscheiden.
Der Aufbau
Der Aufbau des Modells anhand der Anleitung sollte für keinen Baumeister ein Problem darstellen. Die Anleitung ist leicht verständlich, wenn auch in zukünftigen Versionen besser von vornherein angegeben werden sollte, ob bestimmte Segmente des Modells mehrfach gebaut werden müssen – damit wäre ein paralleles Fertigen möglich, was am Ende auch wieder Zeit spart.
Große Fallstricke hält der Wagon ebenfalls nicht bereit, sodass über den Zusammenbau kaum Zeilen verloren werden können. Nach gut einer halben Stunde steht das 5 cm breite und rund 45 cm lange Ungetüm fertig auf den Schienen. Dabei werden von BlueBrixx nur von LEGO bekannte Teile verwendet, Eigenkonstruktionen finden sich im Set nicht.
Qualität des Modells
Das fertige Modell weiß alleine schon von seinem äußeren Erscheinungsbild zu überzeugen. Auch die Umsetzung kann nur als gelungen bezeichnet werden, gleiches gilt für die sehr stabile Fertigung. Das hohe Gewicht hat jedoch Auswirkung auf den Rollwiderstand auf den Schienen, die deutlich weniger massiven LEGO-Modelle weisen ein spürbar leichteres Rollen auf. Dass dies jedoch nicht an den Radlagern liegt, wird schnell deutlich, wenn das Modell auf einem Schreibtisch zusammengebaut wird, welcher nur ein klein wenig Schräglage besitzt – dann rollen die einzelnen Achsenelemente schneller selbigen hinunter als der Bauherr reagieren kann. Auch hier gibt es also nichts zu bemängeln.
Auch manche technische Klippe wurde von den Entwicklern gut umschifft. Beim ersten Blick auf das Modell kommt unweigerlich die Frage auf, wie der Wagon mit jeweils vier Achsen vorne und hinten um eine Kurve fahren kann ohne dass die Räder verkannten oder sogar aus den Gleisen springen. Die Lösung ist dabei so einfach wie effektiv: Die beiden jeweils der Ladefläche zugewandten Achsen sind direkt über das jeweilige Drehgestell mit dieser verbunden, die beiden äußeren Achsen sind dagegen mit den inneren über einen normalen Technik-Pin gekoppelt, womit diese ohne Probleme im wahrsten Sinne „die Kurve kriegen“. Dennoch sollte bei der Verwendung des Tiefladewagens darauf geachtet werden, dass in den Kurven am besten ein Abstand von rund 4 cm nach innen eingehalten wird. Weichen stellen kein Problem für den Wagon da, länger dürfte er hier jedoch nicht sein.
Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass nach erfolgreichem Zusammenbau keines der benötigten Teile gefehlte, aber auch keines übrig geblieben ist.
Qualität der Steine
Etwas anders verhält es sich mit der Qualität der Steine. Manche der verbauten Bricks sehen teilweise matt und nicht glänzend aus, andere weisen sichtbare Kratzer auf. Hier sollte BlueBrixx vielleicht noch einmal Rücksprache mit dem Fertiger der Elemente halten; dass es auch anders geht, hat das Unternehmen bei seinen Manhattan-Sets mehrfach deutlich unter Beweis gestellt.
Die Klemmkraft ist hingegen sehr gut und auch die Passgenauigkeit lässt im Grunde keine Wünsche offen, lediglich bei den Drehgestellen war ein hoher Druck nötig, damit sich diese über die Noppen legten. Probleme mit den Einfüllpunkten der Spritzgussformen traten dagegen weniger auf, entweder sitzen diese von sich aus an den richtigen Stellen oder sie können im Modell gut kaschiert werden.
Bei den Farben konnte zumindest bei den schwarzen Steinen im direkten Vergleich zu originalen LEGO-Steinen ein Unterschied festgestellt werden, die Erzeugnisse des dänischen Marktführers wirkten farblich deutlich kräftiger. Dies kann aber auch mit dem teilweise fehlenden Glanz bei den von BlueBrixx verwendeten Steinen zusammenhängen. Bei den grauen Steinen hingegen traten keine Unterschiede zum Original auf.
Fazit
BlueBrixx schafft das, wozu LEGO nicht imstande ist und holt die Eisenbahn aus der Nische, nachdem sie vom dänischen Marktführer dort hineinrangiert wurde. Der große Erfolg, den der Hersteller mit seinen Modellen hat, zeigt deutlich, wie weit LEGO mit seiner Äußerung, dass kaum noch jemand sich für Eisenbahnen interessiert, daneben liegt.
Vielleicht sollten die Verantwortlichen ihre Aussage um den Passus erweitern, dass sich kein Bausteine-Fan für die von ihnen geforderten Preise für Eisenbahnen interessiert – damit würde man der Wahrheit wieder ein großes Stück näher kommen. Denn BlueBrixx zeigt, was durch mit Herzblut umgesetzte Modelle gepaart mit einem vernünftigen Preis zu erreichen ist. Selbiges gilt für den hier vorgestellten Tiefladewagen, welcher auf einer Gleisanlage, am besten mit mehreren im Verbund gekoppelt, imposant ausschaut und einfach überzeugt. Die Umsetzung macht Spaß und liefert gleichzeitig Ideen für eigene Kreationen.
Weniger gefallen hat dagegen die Qualität der Steine, bei welchen der Hersteller noch ein wenig drauflegen muss. BlueBrixx hat es in der Vergangenheit mehrfach unter Beweis gestellt, dass in ihren Modellen normalerweise qualitativ einwandfreie Steine verbaut werden.
Dennoch sollte eines im Hinterkopf behalten werden: Selbst wenn die Steine an manchen Stellen etwas zerkratzt sind oder weniger glänzend erscheinen – für knapp 19 Euro erhält der Klemmbausteinesammler dennoch ein deutlich besseres Preis-Leistungsverhältnis als auf dem Gebrauchtmarkt für Originalteile von LEGO. Hier werden alleine für die Achsen und die beiden Drehgestelle nicht selten über 30 bis 40 Euro aufgerufen – gebraucht versteht sich und dann oftmals in einem deutlich mitgenommeren Zustand.
Somit bleibt der Tiefladewagen von BlueBrixx trotz kleiner Schönheitsfehler ein tolles Modell, welches auf keiner Gleisanlage fehlen sollte.