Der chinesische Hersteller Winner bietet mit zwei verschiedenen Set Nummern einen kleinen roten Traktor an, der stark an das Vorkriegsmodell Farmall H angelehnt ist und welcher in origineller Weise mit bewegenden Technic-Funktionen einen gelungenen historischen Schlepper darstellt. Dieser ist in China auch ohne EN-71-Konformität erhältlich, wobei sich die Frage nach den Unterschieden in Ausführung und Steinequalität stellt. Der Versuch eines Vergleiches.
Das Original
Die Vorlage für den Traktor bildet der Farmall H, welcher in den Jahren 1939 bis 1953 gebaut wurde und der auf Europäer mit seinen eng zueinanderstehenden Vorderrädern bis heute einen skurrilen Eindruck hinterlässt. Bei der Marke Farmall handelt es sich um eine 1924 gegründete Marke der International Harvester (kurz IH), einem von 1904 bis 1985 bestehenden Hersteller von Haushaltsgeräten, PKW und Nutzfahrzeugen (darunter Baufahrzeuge, LKW, Busse sowie Traktoren). Ebenso unterhielt IH von 1909 bis 1997 unter dem Namen IHC Neuss im gleichnamigen Ort in Nordrhein-Westfalen einen Firmensitz sowie ab 1911 ein Werk für die Fertigung von Traktoren und landwirtschaftlichen Maschinen.
Das Modell Farmall H wurde als vielseitiger Einstiegstraktor konzipiert und verkaufte sich vor allem während der Nachwirkungen des New Deal (Maßnahmen in den 1930ern zur Bekämpfung der Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise von 1929) an Landwirte, die vom einfachen Ochsen-/Pferdegespann umgestiegen waren. Gefördert wurde der Kauf seinerzeit mit attraktiven Darlehen für Landwirte in den Vereinigten Staaten. Neben dem Vorhaben, die Landwirtschaft neu anzukurbeln war ein anderer Hintergedanke des New Deal, der darbenden Nutzfahrzeugindustrie ebenso wieder auf die Beine zu helfen. Der Verkaufskatalog von IH aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg pries den Farmall H wie folgt an:
„Idealer Allzweckschlepper für den vielseitigen Landwirtschaftsbetrieb bis zu 65 Hektar oder für spezialisierte Landwirtschaftsbetriebe mit Reihenkulturen wie Kartoffeln oder Zuckerrüben. Er zieht zwei 35 cm Streichbleche (Anm. Teil eines Pflugs, der den Boden anhebt/umgräbt), kann bis zu 14 Hektar an Reihenkulturen bearbeiten und beschleunigt andere anfallenden Arbeiten im Betrieb im Verhältnis.“
In Europa nie Fuß gefasst
Für europäische Verhältnisse unüblich wurde der Traktor von einem Vierzylinder Ottomotor mit 2,5l Hubraum angetrieben mit der damals verbreiteten Spannungsversorgung von sechs Volt. In Nordamerika waren bis in die 1950er Ottomotoren bei Nutzfahrzeugen wie Traktoren und LKW weit größer im Umlauf als in Europa, wo sich der Dieselmotor bereits in den 1930ern durchgesetzt hatte und zügig den Ottomotor bei Nutzfahrzeugen ablöste.
Interessanterweise wurde das Modell H auch vorne mit Einzelrad oder weiterstehenden Vorderrädern ausgeliefert. Der Hintergrund für die eng zueinanderstehenden Vorderräder erschließt sich durch die Bewirtschaftungsform in den Vereinigten Staaten – dort wird hauptsächlich in Reihenkulturen angebaut. Durch die Sitzposition des Fahrers rechts außen lassen sich die Vorderräder besser einsehen und somit leichter durch die Reihen fahren.
International Harvester fertigte in der langen Produktionszeit 390.317 Exemplare des Farmall H an, welcher auch den Weg über den Atlantik nach Europa fand. Hier hatte dieser aber von Anfang an der starken Konkurrenz durch die verschiedensten einheimischen Traktorenhersteller in Europa nur wenig entgegen zu setzen. Auch der Zweite Weltkrieg von 1939 bis 1945 sowie die Nachkriegszeit verschafften dem Farmall H in Europa keinen großen Marktanteil.
Trivia: Das Rot der Traktoren von Farmall/IH nennt sich „flambeau red“, früher auch als „international red“ bekannt. Es waren aber auch Traktoren und andere Nutzfahrzeuge von IH in der Farbe „international orange“ erhältlich – ein Farbton, den sich International Harvester seinerzeit selbst erstellt und der für seine Fahrzeuge genutzt hatte. Diese Farbe fand jedoch ebenso in den 1930er Jahren bei der Verleihung des bis heute charakteristischen Anstrichs der Golden Gate Bridge bei San Francisco (Kalifornien, USA) Verwendung. Hier hat sich damals sich der Architekt Irving Forster Morrow durchgesetzt und wählte eine Signalfarbe von IH für eines der weltweit bekanntesten Bauwerke. Im Übrigen ist der Farbton mit dem gleichen Namen in leichter Abweichung heute noch bei der NASA im Einsatz, obwohl es den Fahrzeughersteller seit 1985 nicht mehr gibt.
Das Modell
Zunächst erst einmal die Hintergründe zu diesem Vergleich-Review: Das „Ur-Set“ erschien 2017 bei Winner unter der Nummer 7070. Um einen Markteintritt in der EU zu ermöglichen, legte Winner das Modell 2019 parallel mit der Nummer 1281 auf, welches im Unterschied zur 7070 unter dem Aspekt der europäischen Norm EN 71, die Sicherheitsbestimmungen für Spielwaren spezifiziert, gefertigt wird. Rechtlich ist diese für alle in der EU verkauften Spielwaren und weitere Produkte vorgeschrieben, die in direkten Kontakt mit Kindern kommen können. Somit gibt es für das optisch gleich aussehende Set zwei Varianten. Für einen direkten Vergleich wurden für diesen Review beide Sets parallel gebaut, die Darstellung auf den Bildern erfolgt immer in der gleichen Darstellung: Die 7070 (Nicht EN 71) zur linken, die 1281 (EN 71) zur rechten Seite.
Der Traktor in Version 1281 ist in Deutschland bei Steingemachtes.de für 16 Euro erhältlich, über diverse einschlägig bekannte Verkaufsplattformen direkt aus China importiert, muss inklusive Versand nach Deutschland ebenfalls mit 11 bis 16 Euro gerechnet werden. Da der Preis beim 7070 22 Euro nicht überschreitet, fällt für das Set auch keine Einfuhrumsatzsteuer oder Zoll an. Deutliche Unterschiede sind bei der Versandzeit zu verorten: Direkt aus China kann diese gut zwei bis vier Wochen betragen, bei Versand innerhalb von Deutschland im Normalfall mit 2 bis 3 Tagen.
Kleiner Hinweis:
Bei Eigenimporten aus Ländern außerhalb der EU kann ab 22 Euro die Einfuhrumsatzsteuer in Deutschland von 16 Prozent bis 31.12.2020 (ab 01.01.2021 wieder 19 Prozent) durch den Zoll erhoben werden, ab 01.07.2021 wird die Einfuhrumsatzsteuer von 19% ab dem ersten Cent erhoben. Stichwort ist hier die Aufhebung der Steuerfreigrenze für Eigenimporte aus Drittländern.
Karton versus Karton
Die Verpackung macht auf den ersten Blick den größten Unterschied aus, denn um Portokosten zu sparen, werden grundsätzlich nahezu alle Sets aus China ohne originalen Karton versendet. Hier wird der originale Inhalt sehr kompakt auf kleinere Kartons oder Versandtaschen umgefüllt, der eigentliche Verkaufskarton wird anschließend entsorgt. Dieser Umstand dürfte für viele Baumeister auch nicht von größerer Bedeutung sein, da der Karton in den meisten Fällen ins Altpapier wandern wird. Auf der anderen Seite jedoch ist für manchen Baumeister der erste Eindruck von essenzieller Bedeutung und stimmt bereits im Vorfeld auf die kommende Bauzeit ein.
Der Karton zum 1281er Set geht auf der Vorderseite bereits auf den Motor-Antriebsstrang samt Differenzial ein, auch wirkt die Szenerie als Motiv auf der Hauptseite recht nach dem Mittleren Westen der USA. Die Rückseite geizt mit der Darstellung einiger Funktionen in Drauf- sowie Profilansicht nicht mit Informationen. Unüblich, aber für einen MOC’er (My Own Creation-Baumeister, die nach eigenen Ideen Sets erbauen) sehr attraktiv ist die Teileinventarliste auf der linken Kartonseite.
Mit diesen Details kann der Karton von 7070 Aufgrund des Beschaffungsweges geschuldet nicht aufwarten, einziges Highlight stellt der grüne Aufkleber des deutschen Zolls dar, der die Befreiung von der zollamtlichen Behandlung bescheinigt.
Teilegleichheit
Bei beiden Sets ist die Teileanzahl von 302 Teilen, was gleichermaßen in einem Teilepreis von circa fünf Cent resultiert. Die Bauanleitung sowie die Anzahl der mit den Steinen gefüllten Tüten gleicht sich ebenfalls vollkommen. Darüber hinaus legt Winner einen schwarzen Teiletrenner dem Inhalt bei, welcher jedoch nur bedingt für Technic-Sets geeignet und eigentlich für normale Klemmbausteinsets vorgesehen ist.
Ebenso identisch fällt bei genauer Betrachtung die Verteilung der Teile in den Tüten aus: Beide Kartons beinhalten fünf Tüten mit unterschiedlicher Sortierung (Systematik: 3 × Kleinteile wie Pins, Konnektoren kleinere Achsen bis hin zu größeren Paneelen und den Rädern/Reifen). Über eine Bauabschnittsortierung verfügen die Tüten nicht.
Bei den mit kleineren Teilen (zum Beispiel den Pins) gefüllten und mit den Nummern vier und fünf versehenen Tüten fällt sofort der bei beiden Versionen identische Abfüllcode ins Auge. Nach Rücksprache mit verschiedenen Händlern und Importeuren kristallisierte sich schnell heraus, dass bei den Kleinteilen in beiden Varianten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Teile nach EN 71 abgefüllt wurden.
Ein kleiner Sticker-Bogen mit acht Aufklebern liegt ebenso bei, welcher im Vergleich bei der 7070-Version für China unsauber ausgestanzt ist. Erwähnenswert ist auch, dass bei beiden Versionen der Bogen nicht lose im Karton lag, sondern zum Schutz zwischen den Seiten zehn und elf der Anleitung gesteckt wurde.
Der Maßstab des Modells zum Original wird von Winner mit 1:12 angegeben, eine Nachmessung am Set sowie die Prüfung anhand vorhandener Daten ergab jedoch ein anderes Bild: Der Radstand am Modell, gemessen von Radnabe Vorderrad zu Radnabe Hinterrad, beträgt jeweils 12 cm, beim vom Hersteller angegebenen Maßstab würde sich dieser Abstand beim Original auf 144 cm belaufen, was für einen Traktor dieser Größe viel zu kurz wäre. Die Traktorendatenbank Tractordata.com gibt einen Radstand von 224 cm für das Vorbild Farmall H an, folglich hat das Modell einen realistischen Maßstab von circa 1:18.
Im Set werden sehr wenige vom dänischen Standard abweichende Teile verwendet, herausragend sind hier die Hinterräder und deren Felgen. Andere Teile sind lediglich in der vorhandenen Farbkombination beim dänischen Marktführer nicht erhältlich, was das Set im Zusammenspiel mit dem Kaufpreis auch für MOC’er wiederum potenziell interessant macht. Winner ist auch nicht dafür bekannt, in seinen Sets viele vom dänischen Standard abweichende Teile zu verwenden, abgesehen von den genannten Unterschieden bezüglich der Hinterräder lässt sich das Set auch mit (farbabweichenden) Steinen von Lego nachbauen.
Die Bauanleitung
Die Abmessungen der klammergebundenen Anleitung sind mit 18,5 cm × 12,5 cm (Querformat) recht kompakt gehalten, selbst komplett geöffnet ist diese mit 37 cm × 12,5 cm sehr handlich und führt auch bei beengten Platzverhältnissen zu keinerlei Problemen. Die Ausführung ist wie erwartet identisch – lediglich der Zustand unterscheidet sich.
Aufgrund der sehr komprimierten Verpackungsart beim Versand aus China ist die Bauanleitung zu Set 7070 zerknittert. Dieser Umstand gehört zu einem der großen Nachteile bei Klemmbausteinlieferungen aus China, nahezu immer sind Bauanleitungen stark geknickt, mit Eselsohren oder gelegentlich auch mit Rissen versehen.
Das Deckblatt ist im Carbonlook gehalten, weist oben rechts den (falschen) Maßstab 1:12 aus und zeigt den zusammengebauten Traktor von schräg vorn. Oben links werden dazu als Text „科技拼装”(„ Wissenschaftliche und technologische Montage“) sowie „TECHNIQUE“ angegeben. Hierzu sei weiterführend angemerkt, dass in Ostasien und vor allem in China der Spielzeugkauf immer einen Bildungscharakter aufweisen muss – was jedoch eher als ein gesellschaftlicher Aspekt anzusehen ist.
Ohne Umschweife zum Ziel
Auf 39 Seiten wird ohne weitere größere Einleitung der Bau über 45 Bauschritte, was 6 bis 7 Teilen pro Bauschritt entspricht, komplett in Farbe geführt. Im Gegensatz zu anderen Herstellern arbeitet Winner mit farblichen Pfeilen sowie Infoboxen, damit die Teile richtig positioniert werden. In hellgelben Boxen werden die für den jeweiligen Bauschritt benötigten Teile angezeigt, in sehr blassen Grün Bauunterschritte. In mit gleicher Farbe hinterlegten Infoboxen sind zudem 1:1-Abbildungen zu Technic-Achsen und Liftarme für die Ermittlung der korrekten Länge zu finden.
Darüber hinaus überzeugt die Anleitung vor allem in ihrer Druckqualität durch die richtige Darstellung von Schwarz, Blau und Dark Bluish Gray. In der Vergangenheit zeigte es sich oft, dass Sets aus China Anleitungen beilagen, bei denen das Unterscheiden von Farben (Blau, Dark Blue, Dark Bluish Gray und Schwarz, Gelb und Tan, Reddish Brown und Dark Red – um nur einige Beispiele zu nennen) sehr schwer fällt und oft nur durch das Teileinventar am Ende der Bauanleitung zu lösen ist. Auf den letzten Seiten führt Winner Funktionserklärungen auf, bei denen der Leerlauf (N), die erste und einzige Fahrstufe (D) sowie die Lenkfunktion näher verdeutlicht wird.
Der Aufbau
Um eine Vermischung der Teile zu vermeiden, erfolgte der Aufbau getrennt in zwei verschiedenen Räumen, jedoch unter gleichen Bedingungen. So wurde Bauschritt für Bauschritt vorgegangen, wobei das in China gekaufte Set 7070 immer zuerst gebaut wurde, um einen direkten Vergleich auch während des Baus zu ermöglichen.
In den ersten acht Bauschritten wird der hintere Teil des Fahrgestells gebaut, wobei hier Winner bei 2L Pins (zwei Steine Länge) mit Friktion auf die Farbe Schwarz zurückgreift wie Lego. Pins in 3L (drei Steine Länge) und Kreuzpins führt Winner hier ebenso wie der dänische Marktführer sowie andere seinem Beispiel folgende Hersteller oder Marken in der blauen Farbe. Blaue Pins können bei sehr vielen Sets die Optik nachhaltig stören, jedoch springen sie hier trotz der roten Farbe des Traktors nicht markant ins Auge.
Auffällig sind die schon zu Anfang spürbaren Unterschiede beim Bau. In Bauschritt eins werden vier 3L-Pins in Blau in einem 5 × 11 großen Technic-Liftarmrahmen verbaut. In der 7070-China-Variante weisen diese eine schlechtere Friktion als in der in Europa erhältlichen 1281-Version auf, bei welcher sich die Pins wie gewohnt verhalten.
Nach 14 Bauschritten wird der Zylinder eingesetzt, der bei Lego in dieser Bauart bis 2012 genutzt wurde und mit der Bauteilnummer 2850 versehen ist – jedoch nie in dem hier vorliegenden Pearl Light Gray (Silber, metallisch hellglänzend). Auch das ab 2009 für diese Zwecke verwendete neue Bauteil 2850b ist nicht in der genannten Farbe erhältlich. Im 7070 Set hängt der Zylinder am 1 × 5 Liftarm dünn (ebenfalls Pearl Light Gray) etwas herunter, beim 1281 ist dieser dagegen straff gesteckt.
Generell darf der gesamte Bau als recht harmonisch bezeichnet werden, kein Bauschritt über- oder unterfordert den Baumeister, jedoch ist das Mindestalter mit 6 Jahren recht optimistisch gewählt, aufgrund der durchaus kleinteiligen Bauweise wäre eine Alterswahl von mindestens 8 Jahren als realistischer einzustufen. Auch können jüngere Kinder bei manchen Bauschritten an ihre körperlichen Grenzen gelangen, da die Pins vor allem beim Set 7070 streng in die Liftarme gesteckt werden, was beim Set 1281 für Europa zwar mit weniger, aber nach wie vor deutlicher Anstrengung verbunden ist. Bauschritt 20 spiegelt für den Aufbau der wichtigsten Funktionen das Bergfest wider, die folgenden weiteren 24 Bauschritte dienen der optischen Vervollständigung sowie Fertigstellung der Funktionen des Traktors.
Warum kompliziert, wenn es auch einfach geht?
An manchen Segmenten schafft es Winner, diese schlicht, aber dennoch effektiv darzustellen, so werden für die Fertigung der Motorhaube lediglich 57 Teilen benötigt. Eine optische Aufwertung stellen bei dieser die sechs Aufkleber dar, welche die Lüftungsschlitze darstellen. Weitere angedeutete Teile der Motorhaube sind der Auspuff (auch in Pearl Light Gray) oder die Luftansaugung dar, welche mittels 3L Kreuzachse mit Noppe, einen konischen Stein in 1 1/6 × 1 1/6 × 2/3 auf der Spitze gefertigt werden. Ähnliches gilt für die Frontscheinwerfer beziehungsweise das Arbeitslicht, welche aus 2 × 2 Rundfliesen in Transgelb und einem 2 × 2 Dom in Schwarz umgesetzt sind. Interessanterweise werden die zwei Teile durch einen pneumatischen Schlauchverbinder mit Kreuzaufnahme gehalten, den Lego in der Farbe nicht anbietet.
Ebenfalls zur optischen Vervollständigung gehört der angedeutete Spritzschutz mit 3 × 3 Liftarmen in dünn mit Bogen zwischen Hinterräder und Traktor, der Sitz sowie die Montage der Räder vorn und hinten. Die letzte Aufmerksamkeit zur Fertigstellung wird dem Lenkrad mit Technic-Achse und Gelenkwelle zur Betätigung der Lenkung via Schneckenwelle mit Kreuzaufnahme sowie der Schaltung mit Umlenkhebel und Stange zur Betätigung der Schaltung von N (Neutral) auf D (Fahrstufe) gewidmet, bevor der Aufbau nach 60 bis 90 Minuten sein Ende findet.
Die Aufkleber sind nummeriert und müssen einfach den entsprechend in der Anleitung aufgeführten Nummern angebracht werden. Jedoch zeigen die Sticker mit weißer Schrift eine gewisse Transparenz auf, sodass unter anderem die weißen Schriftzüge mit Aufdruck „Winner“ nach dem Aufbringen auf die roten Liftarme einen leichten rötlichen Schimmer aufweisen. Ebenso sind diese an manchen Stellen schlecht und versetzt ausgestanzt, wodurch sie sich nur mittelmäßig bis schlecht vom Trägerpapier lösen lassen. Für den Test birgte dieser Umstand jedoch einen gewissen Vorteil, denn so ließen sich ohne größere Probleme beide Sets später leicht voneinander unterscheiden – 1281 besaß damit auf der rechten Seite einen leicht falsch gestanzten Aufkleber, bei 7070 waren diese korrekt vorhanden. Die Aufkleber, welche die Belüftungsschlitze darstellen, weisen hingegen keine Transparenzfehler auf, sind aber an den Rändern ebenso nur ausreichend gestanzt und lassen sich trotz Einsatz einer handelsüblichen Pinzette nur mit Schwierigkeiten vom Trägerpapier lösen.
Qualität der Steine
Die Qualität der Steine fällt in beiden Sets unterschiedlich aus, haptisch ist dagegen kein Unterschied auszumachen. Bei näherer Betrachtung fallen jedoch Differenzen zwischen beiden Sets auf: So weisen die Teile, welche nach EN 71 gefertigt wurden, ein mattes Erscheinungsbild auf, während das hier nicht im Handel erhältliche Set 7070 sichtbar mehr glänzt, was unter anderem bei nahezu allen Liftarmen zu beobachten ist.
Direkt zu Anfang ist in Bauschritt 4 zudem zu erkennen, dass sich Teile in Pearl Gold (metallisch glänzende Goldfarbe) beim Set 7070 schwerer drehen lassen als bei der hierzulande erhältlichen Variante. Dieses Verhalten ließ sich auch bei anderen Steinen, wie unter anderem bei den Pins, über den gesamten Bauvorgang beobachten, womit das China-Set spürbar schwerer zusammenzubauen war.
Ein technisches Nadelöhr ist das Zahnrad mit zwölf Zähnen und doppelter Abschrägung (Lego Teilenummer 32270) welches als Übersetzung des Differenzials fungiert und das bei beiden Sets eher hakelig läuft. Hier empfiehlt sich die Verwendung von einem baugleichen Zahnrad eines anderen Herstellers (Mould King, CaDA, Lego oder andere). Gussnasen fallen bei beiden Sets nicht prominent ins Auge, ebenso wenig sind Farbabweichungen in dem nahezu mit dem von Lego übereinstimmenden kräftigen Rot ersichtlich – der in der Klemmbausteinszene als „Chinarot“ bezeichnete Farbton ist daher nicht zu erkennen. Ungewöhnlich ist dagegen die leicht milchig-trübe Farbe der Pins in Dark Bluish Gray (sowohl bei halben Pins wie auch 3L Pins).
Ein Fehlfarbeinschluß ist im Set 7070 bei einer 5L Technicachse in Light Bluish Gray vorhanden, welche leicht rötlich verfärbt ist und was sich normalerweise durch nicht korrekt gereinigte Gussformen erklären lässt. Zum Ausgleich besitzt die 1281 einen Fehlguss bei einem halben Pin, welcher nur zur Hälfte gegossen wurde.
Die Reifen beim 7070er Set verströmen beim Auspacken leicht unangenehme Ausdünstungen, welche an eine Mischung aus Diesel und Naphtalin-Mottenkugeln erinnern, während das europäische Set 1281 diesen Geruch nicht verbreitete. Hierzu ist wohl vordergründig die Erklärung in der EN 71 zu finden und den unterschiedlichen Granulaten.
Da es sich hier um ein Technic-Set handelt, sind Kriterien wie Klemmkraft oder Spaltmaße gänzlich anders zu bewerten, da die Konstruktion hier über Pins und Liftarme gehalten wird, nicht durch reine Klemmkraft der Noppen und der Noppenaufnahmen. In Puncto Klemmkraft durch Pins unterscheiden sich beide Sets zusammengebaut überhaupt nicht, an nahezu jeder Stelle kann das Set angehoben werden. Ein oft dauerhaftes unsachgemäßes Hochheben kann jedoch zu potenziellen Streßmarken (weiße Verfärbungen durch externe Krafteinwirkung) führen, welche es immer zu vermeiden gilt. Spaltmaße sind hier schwer bis gar nicht zu beurteilen, da durch bauartbedingte Teile wie Liftarme (abgerundete Enden) sowie Pins von vornherein gewisse Abstände zwischen den Komponenten vorhanden sind, die sich auch nicht abstellen lassen.
Fazit
Der Traktor 7070/1281 stellt eine nette Interpretation eines historischen Landwirtschaftsfahrzeuges aus der Zeit des New Deal in den Vereinigten Staaten dar, der die Massenmotorisierung bei den nordamerikanischen Landwirten eingeläutet hat. Dabei wurde auf zahlreiche Eigenheiten wie die korrekte Sitzposition des Fahrers auf der Fahrbahnseite geachtet – innerhalb der gegebenen Möglichkeiten. Sicherlich wäre ein Bau mit normalen Steinen im Sinne eines Creator Expert oder Creator Sets möglich gewesen, hätte aber die Bezeichnung Technique ad absurdum geführt. Zudem steht erkennbar der didaktische Bildungsauftrag komplett im Vordergrund.
Die Qualität fällt je nach Version unterschiedlich aus – durchschnittlich für die 1281, welche in Europa erhältlich ist, bis schlecht für die in China zu erwerbende 7070. Beide können jedoch dadurch begeistern, mit 302 Teilen einen nahezu fast vollständigen Ackerschlepper mit vielen Funktionen darzustellen.
Der Traktor selbst bietet eine größere Funktionalität als derzeit alle Sets der aktuellen 2020er Technic-Reihe von Lego – Ausnahmen stellen lediglich der Kran LKW (42108 ) und das Top Gear Ralleyauto (42109) dar, was das Portfolio des Marktführers in gewisser Weise lächerlich aussehen lässt. Großer Vorteil für den Baumeister: Der Traktor benötigt keine App oder andere elektronischen Endgeräte, um bedient werden zu können. Eine Tatsache und auch sicherlich ein Kaufargument für viele Eltern, die selbst noch Technic von Lego ohne Tablet oder Smartphone erlebt haben und gerne auch ihre Kinder daran teilhaben lassen wollen.
Darüber hinaus eignet sich der Traktor bestens als Anschauungsmaterial für technisch interessierte Kinder, Jugendliche und technikbegeisterte jeden Alters. Details wie das auch im verbauten Zustand sichtbare Differenzial, der über ein Pleuel betätigte einzylindrige Kolbenmotor unter der zu öffnenden Motorhaube oder die sehr einfache Schaltung – alle Funktionen arbeiten im Grundprinzip wie in einem echten Fahrzeug.
Enttäuschend, aber auch zu erwarten, ist der Unterschied zwischen dem Set 7070 und 1281, wobei ersteres erst nach gravierendem Umbau der Zahnräder taugt, das hier erhältliche Set fällt dagegen akzeptabel aus. Die halbe Pin in Dark Bluish Gray als Fehlguss im 1281 sowie die 5L Technic-Achse mit falschen Farbeinschlüssen im 7070 waren dagegen durch geschicktes Bauen zu verstecken oder aus dem eigenen Teile-Fundus zu ersetzen. Überraschend ist die Verwendung vieler Teile in ungewöhnlichen Farben, wie zum Beispiel Pearl Light Gray oder Pearl Gold, die bei Lego nicht erhältlich sind.
Beim Kauf in Deutschland/Österreich besitzt der Kunde immer noch den Vorteil, sich an den Händler bezüglich einer Reklamation der defekten Teile wenden zu können – bei einem Kauf in China kann man dies versuchen, ein Erfolg ist jedoch nicht immer gegeben. All das muss der geneigte Käufer bei der Quellenwahl abwägen, gleiches gilt für die Verrechnung der Einfuhrumsatzsteuer (ab 22 Euro) und gegebenenfalls anfallende Zölle (ab 150 Euro Import in Deutschland).
Mit fünf Cent pro Stein bewegt sich das Set zum Ausschlachten eher im Mittelfeld, hier sind Sets von Mould King bezüglich Qualität der Steine bei ähnlichem Teilepreis besser geeignet. Winner produziert seine Teile im eigenen Werk in China, womit sich der Aufwand den der Hersteller mit Teilen aus verschieden Granulaten (nicht nach EN 71 und nach EN 71) betreibt, nicht erklärt. Noch weniger verständlich wird der Umstand vor dem Hintergrund, dass mittlerweile die meisten chinesischen Hersteller durchgehend auf Granulate nach EN 71-Zertifzierung zurückgreifen, um ihre Sets auf der ganzen Welt problemlos anbieten zu können.
Die Anleitung ist vorbildlich sowohl in der Farbwiedergabe wie auch in der Erklärung der jeweiligen Bauschritte. Sie spielt auf sehr hohem Niveau und braucht den Vergleich mit Lego nicht zu scheuen – sie besitzt all das, was Lego seinerzeit bis in die 90er Jahre ausmachte: Das Beschränken auf das Wesentliche. Keine Werbung für Apps, Social Media oder andere optische Ablenkungen, bis auf die Rückseite des Deckblatts dreht sich alles nur um den kleinen roten Traktor. Dass die letzte Seite weitere Sets von Winner mit beiden Nummern jeweils als Kaufanregung anpreist ist geschenkt.
Für den Preis von rund 16 Euro ist ein kleiner Leckerbissen für 60 bis 90 Minuten Bauspaß erhältlich, der besser beim lokalen Handel in Deutschland oder Österreich erworben werden sollte. Alternativ kann man auch das Set 7070 aus China ausschlachten, da viele der Teile davon in vorhandenen Farbkombination nicht bei Lego erhältlich sind, zusammenfassend empfiehlt es sich aber dennoch lieber den Fachhandel in Europa aufzusuchen um keine bösen Überraschungen zu erleben. Der aufgerufene Preis ist absolut akzeptabel und bietet im Grunde viel für wenig Geld, jedoch sollte man von Qualitätsansprüchen wie bei Lego bei diesem Traktor absehen.
Anmerkung zum Test
Besonderer Dank gilt dem in der Klemmbausteinszene bekannten und geschätzten Mitglied WestForstBricks für sein umfangreiches Wissen bezüglich der Geschichte von International Harvester sowie der Bereitstellung von Fachliteratur wie unter anderem International Harvester – Schlepper von 5 Kontinenten – 1904 bis 1985 (Buschmann, Matthias; Dittmer, Johann, ISBN 9783933426260, erschienen im Schwungrad-Verlag).
Just Bricks wurde das Set Kleiner roter Traktor (1281) von Winner freundlicherweise von Steingemachtes.de für den Review kostenlos zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme auf den Artikel fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand ebenfalls nicht.
Kleiner roter Traktor (1281) bei Steingemachtes.de
Winner 1281 / 7070 – Kleiner roter Traktor im Review – Slideshow
Winner 7070 | Winner 1281 | |
---|---|---|
Originalität des Modells: | 90% | 90% |
Qualität des Modells: | 70% | 80% |
Qualität der Steine: | 60% | 80% |
Farbgenauigkeit: | 90% | 90% |
Qualität der Anleitung: | 90% | 90% |
Bauspaß: | 80% | 80% |
Hersteller: Winner | Modell: 1281 / 7070 | Teile: 302 | Altersempfehlung: ab 6 Jahre | Preis: ab 11/16 Euro | Bauzeit: 60 bis 90 Minuten |
Was gefällt:
- Gutes Preis-/Leistungsverhältnis
- Klassisches Technic Set ohne Einsatz von Endgeräten
- Kompakte Darstellung der grundlegendsten Funktionen eines hinterradangetriebenen Fahrzeugs
- Sattes, kräftiges Rot
- Nicht bei Lego genutzte Teile
Was weniger gefällt:
- Aufkleber
- Großer Unterschied zwischen Set 7070 und 1281
- Fehlgüsse und -färbungen von Steinen
- Zerknitterte Anleitung bei Set 7070 aus China
- Schwergängige Technic-Funktionen bei 7070