Mit seinen ersten beiden Test-Samples hat Jing in der Szene aufhorchen lassen. Jetzt hat dieser mit der Merry Christmas Gift Box ein Modell an Händler versendet, bei dem sich der Hersteller zum ersten Mal unter realen Bedingungen beweisen muss. Das Ergebnis fällt nicht so wie zunächst angenommen aus.
Das Modell
Die neue Marke Jing des chinesischen Herstellers für Klemmbausteine QunLong, zu dem unter anderem auch Zhe Gao gehört, ist derzeit in aller Munde. Nachdem der Hersteller bereits vor einigen Wochen zwei Probe-Kits in großer Zahl an Händler versendet hatte, versucht dieser nun mit einem Bau-Set, sich weiter auf dem Markt zu etablieren.
Dass die „Merry Christmas Gift Box“ erst Anfang Januar viele der hiesigen Händler erreicht hat, schreibt der Hersteller in einem Aufkleber auf der Verpackung der in China bis dato noch restriktiven Corona-Regelungen und den damit verbundenen Einschränkungen zu. Geplant war das Versenden der Sets schon deutlich früher. In diesem Review soll es daher nicht um die saisonale Zugehörigkeit des Modells, sondern um die Steinequalität gehen. Im Gegensatz zu den beiden früheren Testpaketen kann nun auch das Baugefühl eingeschätzt werden.
Für das Verpacken der 283 Teilen betreibt Jing einen sichtbar größeren Aufwand als es Baumeister von anderen Herstellern gewohnt ist. So sind die Steine nicht nur in sechs Tüten (plus einer Tüte für die Schleife) verpackt, sondern der Innenraum noch einmal mit hellen Papierstreifen ausgelegt, welche eventuell Stroh darstellen soll.
Die Verpackung selbst ist ansprechend gestaltet, wobei die dem Produktbild künstlich hinzugefügten Bäume von der Perspektive und räumlichen Positionierung nicht wirklich in das Bild passen und eher wie Fremdkörper wirken.
Zu kaufen gibt es dieses Set bis dato nicht, es bleibt auch abzuwarten, ob Jing wirklich eigene Sets veröffentlichen will. Bisherigen Informationen nach soll die Marke nur als Steinehersteller für andere Hersteller in Erscheinung treten und dabei eine Konkurrenz zu anderen Unternehmen wie GoBricks darstellen.
Zum Packungsinhalt gehören neben den zum Bau benötigten Dingen auch drei OP-Masken, welche mit dem Logo des Herstellers versehen sind. Diese sollen sicherlich dazu beitragen, den Markennamen bekannter zu machen, lassen aber auch das Gefühl von Galgenhumor aufkommen.
Die Anleitung
Die mit einer Größe von 17 × 12 cm nicht gerade große Anleitung besitzt 62 Seiten und soll in 144 Bauschritten zum fertigen Modell führen. Jing setzt dabei, entgegen vielen chinesischen Herstellern, nicht auf das Prinzip der Reduktion, somit sind alle Teile in den Bauschritten in voller Deckkraft dargestellt.
Um den Aufbau einfacher zu gestalten werden bei vielen Teilen, deren Größe nicht direkt erkennbar ist, die Länge der Steine, Liftarme und Achsen mit in der Teileübersicht dargestellt. Darüber hinaus werden viele Teile in ihrer Originalgröße auf der Seite abgebildet.
Aufgrund der geringeren Teileanzahl und der nicht gerade hohen Komplexität des Modells wird der Aufbau nicht in Bauabschnitten unterteilt. Das ist auch nicht wirklich nötig, der auf dem Bautisch benötigte Platz hält sich bei dem vorliegenden Set in Grenzen.
Der Aufbau
Für den Aufbau der Geschenke-Box wird rund eine Stunde benötigt, der Aufbau geht dabei recht einfach von der Hand. Zunächst wird in den ersten 43 Bauschritten der Mechanismus im Inneren der Box gebaut, mit welchem bei Betätigung der Deckel aufspringt und ein auf einer Art Hebebühne aufgebrachter Gegenstand in Form eines Schafes, Geschenkkartons, Weihnachtsbaums, Autos, Schneemanns oder eines Weihnachtsmanns hochgeschnellt wird. Diese werden jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt gefertigt. Umgesetzt wird diese Aktion durch verschiedene im Inneren verbauten Federungen. Beim Bau des Mechanismus sollte auf die richtige Ausrichtung des Gestells geachtet werden, schnell kann hier die eine mit der anderen Seite verwechselt werden.
Ist das Innenleben gebaut, geht es an die Hülle, wobei diese lediglich aus Paneelen und Liftarmen zusammengesetzt und dann das vorher Gebaute angeklemmt wird. Auch das ist schnell erledigt. Ein wenig kniffelig wird das Anbringen der mitgelieferten Schleife, was eine gewisse Geduld erfordert. Gleichzeitig müssen noch zwei kleinere gelbe Aufkleber quer über den Deckel angebracht werden. Ist das Modell fertiggestellt, soll später der Mechanismus über eine kleine Kurbel auf der rechten Seite ausgelöst werden, damit die jeweils auf der Plattform angebrachte Überraschung hervorschnellt.
In der Praxis funktioniert dieses jedoch nicht so, wie sich die Entwickler dies gedacht haben dürften – die Gründe dafür sind vielfältig. Der Hauptgrund dürfte darin zu finden sein, dass der Rand der oben angebrachten Klappe für den Innenraum den einen oder anderen Millimeter zu groß gestaltet ist und dadurch im Grunde in der Umrandung der Box eingeklemmt wird. Durch den kleinen Hebelweg reicht die Kraft der Federn nicht aus, um diesen dennoch hochschnellen zu lassen. Auch die zusätzliche Federkraft der Hebevorrichtung für den kleinen Gegenstand, wenn dieser dann gegen den Deckel schlägt, reicht nicht aus, um diesen zu öffnen.
Hervorgerufen wird das Problem durch die vier am Rand des Deckels verbauten Cross Axle Extension 2M mit Stopp innen, welche die beiden zwei Noppen langen Achsen nicht komplett aufnehmen und dadurch an zwei Stellen ein Spalt von knapp einem Millimeter auftritt. Diese sorgen dann dafür, dass das Segment nicht mehr die gleiche Länge wie der Liftarm darunter besitzt und sich dadurch etwas nach oben hoch bäumt, wodurch die beiden Pin-Verbinder an den Seiten nach außen gedrückt werden und sich dadurch am Gehäuse verkeilen. Dagegen kommen die Federbeine dann nicht an.
Darüber hinaus sollte das Gesicht nicht über das Modell gehalten werden. Die 4 × 4 Noppen große Roundplate, welche den Weihnachtsmann oder einen der anderen kleinen Gegenstände tragen soll, ist lediglich über eine 3 Noppen lange Achse mit Stopper mit dem darunter angebrachten 2 × 2 Brick Modified mit zwei Pins an den Seiten verbunden. Die Klemmkraft der integrierten Komponenten ist nicht hoch genug, um alles zu halten. Bei seinem Hochschnellen kann sich der Mechanismus also durchaus in ein Katapult verwandeln. Das zu einem Wurfgeschoss umfunktionierte „Geschenk“ möchte dabei niemand ins Auge bekommen. Dieser Umstand wiegt umso schwerer, da Jing das Set für Kinder ab 6 Jahren empfiehlt.
Qualität der Steine
Die Qualität der gelieferten Steine fällt in mehrerer Hinsicht durchwachsen aus. Auf den ersten Blick werden diese vor allem durch die nicht optimale Farbgleichheit deutlich. So weisen die Paneele und Liftarme unterschiedliche Rottöne auf, welche vor allem bei der Außenhülle der Box mit bloßem Auge sofort zu erkennen sind. Dies rührt auch daher, dass die Liftarme glänzen, die Paneele dagegen eher matt erscheinen. Aber auch bei den 2 Noppen langen Achsen sind Abweichungen zu erkennen, vor allem wenn eine Achse rot und die nächste schon fast Orange wirkt. Darüber hinaus sind bei vielen Liftarmen deutliche Schlieren sowie bei manchen Steinen Verunreinigungen zu erkennen.
Ebenso sind manche Technik-Elemente nicht exakt gefertigt. So weisen die Stopper auf entsprechenden Achsen nur einen geringen Widerstand auf, wodurch Technikkonstruktionen an Stabilität verlieren können. Gleiches gilt für manche Pins beinhaltende Elemente.
Darüber hinaus fallen einige Teile durch ungünstig platziert Gussnasen auf, welche so in der Form bei den beiden vorangegangenen und vorrangig aus Einzelteilen bestehenden Testpaketen nicht aufgefallen sind.
Die Kritikpunkte setzen sich bei der beiliegenden Minifigur fort. Der Aufdruck auf den roten Korpus ist zwar im Grunde sauber, wirkt aber blass und hätte, auch im Vergleich zu anderen Herstellern, deutlich kräftiger ausfallen müssen. Aber auch andere Dinge fallen negativ auf, so lässt sich der um den Hals gelegte Bart nicht wirklich fixieren und bleibt damit locker.
Fazit
Es hat den Anschein, als wären die Lorbeeren, welche die beiden ersten Sample-Kits begleitet haben, verfrüht gewesen. Auch zeigt sich dabei, dass einzelne Teile nicht wirklich gut einzuschätzen sind und sich diese erst in einem realen Modell beweisen müssen. So hat QunLong noch einen weiten Weg vor sich, will der Hersteller wirklich zu einer Konkurrenz von GoBricks werden. Die dem vorliegenden Set zugehörige Qualität reicht dafür bei weitem nicht aus, hier vermittelt selbst Zhe Gao aus eigenem Hause an manchen Stellen einen höherwertigen Eindruck.
Dabei spielt nicht einmal der Umstand eine Rolle, dass das Modell der Geschenkbox an manchen Stellen nicht wirklich zu Ende gedacht wurde, denn in diesem Review steht vor allem die Steinequalität im Vordergrund. Doch gerade diese sorgt eben dafür, dass manche Funktionen nicht so wie gedacht funktionieren. So sorgen die Cross Axle Extension 2M mit Stopp innen dafür, dass die eingeführten Achsen nicht wie von anderen Herstellern gewohnt komplett aufgenommen werden, was wiederum für zwei rund einen Millimeter große Spalten sorgt und sich der Abschluss des Deckels dadurch im geschlossenen Zustand verklemmt – und die Mechanik nicht funktioniert.
Rein äußerlich fallen dagegen sofort die unterschiedlichen Beschaffenheiten der Oberflächen ins Auge, glänzend und matt wechseln sich bei den Liftarmen und Paneelen ab. Dadurch wirken die Rottöne unterschiedlich. Doch auch bei den roten kurzen Achsen gibt es sichtbare Unterschiede. Gleichzeitig weisen die Teile oftmals Schlieren und an manchen Stellen Verunreinigungen auf, auch Gusspunkte befinden sich bei manchen Steinen an ungünstigen Stellen – das ist so in den Teileboxen nicht aufgefallen. Darüber hinaus hätten die Aufdrucke auf der Minifigur kräftiger sein können.
Somit stellt das neue Test-Kit von Jing einen Rückschritt gegenüber den vorangegangenen Auslieferungen dar und enttäuscht in vielen Bereichen. In der jetzigen Form wird der Hersteller noch einige Ressourcen in die Qualität fließen lassen müssen, um mit qualitativ hochwertigen Herstellern mithalten zu können.
Anmerkung zum Review
Das Merry Christmas Gift Box (QJ5243) von Jing wurde Just Bricks freundlicherweise vom Bausteinreich für diesen Review kostenlos zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme auf den Artikel fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand ebenfalls nicht.
1 Kommentare
Heiko b
Das beste an diesem bausatz scheinen die kleinen Sachen, wie z b der Weihnachtsmann u der Weihnachtsbaum, zu sein
Kann man das Teil auch ohne diese etwas eigenartig aussehende Mechanik bauen und es dann als einfache Kiste für Kleinigkeiten aller Art nutzen, wie z b für Stifte o ä m
Das beste wäre dann, dies möglichst 2 x zu kaufen und dann zu 1 grösseren geschenkebox zusammenzubauen und nutzen