Mit dem Modell des wohl berühmtesten Kunstmuseums der Welt will der chinesische Hersteller WANGE neben dem auf BINDING BRICKS bereits vorgestellten Big Ben mit einem weiteren Bauwerk Steinesammler zu einem günstigen Preis für architektonisch interessante Modelle begeistern. Kann es das gerade einmal knapp unter 30 Euro kostende Set mit dem Pendant von LEGO, welches mit 60 Euro mehr als doppelt so teuer ist, aufnehmen?
Wenn vom „Louvre“ gesprochen wird, ist meist vom berühmten Museum die Rede, welches mit rund zehn Millionen Besuchern jährlich das meistbesuchte und an der Ausstellungsfläche gemessen das drittgrößte Museum der Welt darstellt. Zudem dürfte sein Name den meisten Menschen geläufig sein, womit es als das bekannteste Museum weltweit angesehen werden dürfte. Dennoch ist die Verwendung des Namens in dieser Hinsicht nicht ganz richtig, denn das Museum stellt nur einen kleinen Teil des „Palais du Louvre“ dar, so die vollständige Bezeichnung des Bauwerks, welches lange Zeit als Residenz der französischen Könige diente. In den Wirren der Geschichte wurden Teile des Gebäudes zudem mehrmals erweitert, abgerissen oder umgebaut, sodass dieses nur noch wenig mit dem Bauwerk aus den Anfangstagen gemein hat.
Die Verpackung
Das Set wird in einem Karton ausgeliefert, welcher durch den hohen Weißanteil ein hochwertiges Erscheinungsbild beinhaltet und den günstigen Preis in keinster Weise widerspiegelt. In diesem hat der Hersteller die in fünf einzelne Plastiktüten aufgeteilten insgesamt 785 Teile sowie die Bauanleitung verpackt. Diese machte bei der Entnahme an der linken oberen Kannte jedoch einen leicht verknitterten Eindruck, hier sollte WANGE zukünftig etwas mehr Sorgfalt walten lassen.
Damit der Bauspaß beginnen kann, müssen jedoch die Teile des Sets (90 mehr als bei der LEGO-Variante) erst einmal sortiert werden, damit diese während des Bauvorganges schneller gefunden werden können. Dies nimmt je nach Geschwindigkeit rund 20 bis 30 Minuten in Anspruch.
Die Bauphase
Auch wenn das Modell über die gleichen Abmessungen wie das Set von LEGO verfügt, sind erste Unterschiede direkt zu Beginn des Zusammenbaus erkennbar: Während beim dänischen Marktführer die Grundfläche bereits beim ein Noppen breiten schwarzen Rand endet, stattet WANGE das eigene Modell zusätzlich mit den bereits vom Big Ben bekannten schräg abfallenden Grundplatten aus.
Diese werden mittels der aus dem Technic-Bereich bekanten Pins zusammengesteckt, welche zu der Variante von LEGO zwar das bekannte Klicken vermissen lassen, dafür aber um so fester sitzen. Insgesamt ist hier schon ein wenig Druck nötig, um alle neun Platten zusammenzufügen. Die so mit vier und zehn Noppen größere Breite und Tiefe der Grundfläche lassen das eigentliche Bauwerk trotz gleicher Größe bei 27 x 24 cm gegenüber der dänischen Variante mit 17 x 19 cm noch ein wenig imposanter erscheinen.
In Sachen Abbildung der einzelnen Bauschritte in der Anleitung bleibt beim Louvre alles beim alten: Auch hier werden seitens WANGE nur die neu hinzukommenden Teile farbig dargestellt, der Rest bleibt weiß. Dies zieht jedoch auch hier nicht selten den Nachteil mit sich, dass gerade bei kleinen Teilen die Orientierung in manchen Situationen schwerfallen kann. Auch muss sich der Baumeister darauf einstellen, im Gegensatz zu anderen Herstellern, auch mal 40 bis 50 oder mehr Teile in einem Abschnitt zu verbauen.
Klemmkraft teils zu gut gemeint
Die gute Klemmkraft der Steine wird vor allem bei den größeren Platten für das Fundament deutlich, welche mit spürbar höherer Kraft aufgedrückt werden müssen. Der Nachteil: Wird sich einmal verbaut, können die Teile nur schwer wieder von der Platte gelöst werden. Auf der anderen Seite verleiht dieser Umstand dem Modell eine große Stabilität.
Bereits nur eine Seite später wird ein weiterer Unterschied zum LEGO-Set deutlich: So wurde bei diesem im Bereich der im Original vom bekannten Architekten Ieoh Ming Pei entworfenen und 1989 eröffneten Glaspyramide, welche fortan als Eingang zum Museum dienen sollte, die rechte Bodenseite ohne Glasfläche versehen. Laut verschiedenen Aussagen sollte hier der Zuweg zur Pyramide angedeutet werden. WANGE dagegen hat auch diesen Teil mit einer transparenten Fläche ausgestattet.
Augen auf beim Pyramidenbau
Fast schon meditativ mutet der Zusammenbau der eigentlichen Glaspyramide an, bei welcher sich viele Bauschritte wiederholen. Aber Vorsicht: Die vordere sowie hintere Wand enthält andere Bauschritte als die beiden seitlichen Elemente – wer hier nicht aufpasst, kann schnell wieder von vorne beginnen.
Der Bau des Erdgeschosses offenbart weitere Diversitäten: So verwendet LEGO hier Elemente, welche einen Torbogen darstellen, was dem Original näher kommt als die von WANGE an dieser Stelle verwendeten Fenstereinheiten.
Gleiches gilt für den Mittelteil der ersten Etage, welcher zudem den kniffeligsten Teil des Modells darstellt. Auch hier sollte WANGE seine Altersempfehlung für seine Architect-Reihe noch einmal überdenken. Die von LEGO oftmals angegebene Empfehlung von 16 Jahren kann zwar in die andere Richtung ebenfalls als übertrieben angesehen werden, 12 Jahre dürfte für beide Hersteller jedoch ein gutes Alter sein – zumal LEGO viele seiner Architektur-Modelle eben mit dieser Altersempfehlung versieht. Ein sechsjähriges Kind dürfte, um wieder zum Louvre zurückzukehren, weder die motorischen Fähigkeiten, noch die Geduld für die kleinen Teile mitbringen.
Der Rest des Modells sollte selbst für Anfänger keine Schwierigkeit mehr darstellen, außergewöhnliche Bautechniken werden hierbei vergeblich gesucht. Nach rund vier Stunden inklusive anfängliche Sortierung ist die Mini-Version des Louvre-Museums dann fertiggestellt.
Qualität des Modells
Es muss ehrlich zugegeben werden, dass WANGE mit seiner Interpretation des Louvre nicht ganz an das früher erschienene Modell von LEGO herankommt. Der eine oder andere Teil ist am Ende doch von den Dänen besser umgesetzt. Dies betrifft vor allem die Torbögen des Erdgeschosses, bei welchen WANGE lediglich auf Fenster zurückgreift. Der Grund hierfür ist nicht bekannt, vielleicht stand dieses Teil anderen Herstellern nicht zur Verfügung. Fraglich ist zudem, warum die chinesischen Designer nicht den kleinen Vorsprung über den kleinen Fenstern unter dem Dach der beiden Flügeln nicht weitergeführt haben, wie es im Original der Fall ist.
Auf der anderen Seite gibt es aber auch Dinge, die WANGE ansehnlicher gelöst hat, wie unter anderem die bereits beschriebene Grundfläche mit den schräg abfallenden Seiten, welche dem Modell eine deutlich elegantere Erscheinung mitgibt.
Bei der Glaspyramide hat LEGO dagegen wieder die Nase vorne, zumindest was den oberen Abschluss und die kleinere hintere Pyramide angeht, die WANGE lediglich auf zwei Seiten mit transparenten Schrägen ausstattet und der schwarze Mittelstein zudem zu stark ins Auge fällt.
Keine 1:1-Kopie
Das WANGE-Modell am Ende als eine Kopie der LEGO-Version zu bezeichnen wäre jedoch ein wenig zu viel, auch wenn Ähnlichkeiten an vielen Stellen erkennbar sind. Dennoch gilt es hier ein reales Bauwerk in gleicher Größe umzusetzen – daher sind hier der gestalterischen Freiheit bereits Grenzen gesetzt, von der am Ende auch LEGO betroffen ist: So ist das Dach des Mittelbaus im Original eher rundlich gehalten, beide Hersteller setzen dieses jedoch gleichermaßen schräg um.
Darüber hinaus ist bei der LEGO-Ausgabe eine teilweise andere Farbgestaltung zu erkennen: Zwar ist auch hier beim Gebäude selbst Sandfarben der dominierende Ton, während aber die Designer aus Dänemark ansonsten neben Weiß mehr auf Braun und Dunkelgrau setzen, kommt bei WANGE neben den weißen Elementen nur Hellgrau zur Verwendung.
Qualität der Steine
Wie bereits beim Big Ben weisen die einzelnen Steine im Ganzen eine sehr gute Qualität auf: Die Klemmkraft ist teilweise sogar höher als bei LEGO, es fallen zudem keine unschönen Grate auf. Die Spaltmaße sind ebenfalls gut, lediglich zwischen den beiden Flügeln und dem Mittelteil sind größere Lücken zu erkennen, welche das LEGO-Modell jedoch ebenfalls bereithält.
Ein größeres Problem als es noch beim Big Ben der Fall war, stellen die Einspritzlöcher der Gussformen dar, welche sich beim Louvre an vielen Stellen nicht so einfach kaschieren lassen. Die verwendeten Fliesen können noch umgedreht werden, bei den oberen drei Fenstern des Mittelbaus lässt sich die Sichtbarkeit vielleicht nicht verhindern, aber dass diese bei den die Pyramide umrandenden schrägen grauen Steine dem Betrachter direkt ins Auge fallen, ist weniger schön. Dieses Problem tragen zwar auch andere Hersteller alternativer Klemmbausteine, dennoch sollte WANGE hier dringend nachbessern.
Fazit
Wie bereits bei anderen Modellen bietet WANGE auch mit „The Louvre Of Paris“ ein interessantes Set besonders für die Baufreunde an, welche einmal ohne großes preisliches Risiko einmal in diesem Bereich reinschnuppern wollen. Das Modell bietet mit 785 Teilen 90 Bausteine mehr als das vergleichbare Modell von LEGO, das jedoch mit weniger als 30 Euro für nicht einmal die Hälfte des Preises, welcher von dänischer Seite aus angeschlagen wird. Dabei wartet es dennoch mit kleinen Verbesserungen auf, wie unter anderem die schräg abfallenden Grundplatten, welche das Bauwerk bei Vergrößerung der Grundfläche noch einmal imposanter erscheinen lässt. Aber auch das Namensschild ist bei WANGE schöner umgesetzt, LEGO bietet hier lediglich eine bedruckte 1×8-Fliese, welche zudem je nach aufgestellter Höhe des Modells nur schwer zu erkennen ist.
Unschön sind dagegen die Einspritzlöcher der Gussformen, welche sich an manchen Stellen besser, an anderen weniger gut kaschieren lassen. In manchen Bereichen ist LEGO den chinesischen Designern immer noch das eine oder andere Prozentpünktchen voraus, unter anderem wenn es um den Abschluss der gläsernen Pyramide oder den Torbögen der beiden Flügel geht.
Dennoch können die Kritikpunkte gemessen am Preis als Jammern auf hohem Niveau gesehen werden, das fertige Modell macht in einer Vitrine einen sehr schönen Eindruck und zusammen mit dem hohen Bauspaß kann es daher nur empfohlen werden.
2 Kommentare
Alexandra
Kann man irgendwo die Bauanleitung vom Louvre bekommen? Meine Katzen haben das Gebäude leider vom Sockel gehauen 😴
Michael Schäfer
Also von Anleitungen als PDF haben wir von Wange noch nichts gehört. Vielleicht mal beim Händler nachfragen, ob der eine Idee hat?