Das „Magical Sanctuary“ von Panlos entspricht im Wesentlichen dem im Marvel Universum meist als „Sanctum Sanctorum“ bezeichneten Gebäude – nur ohne Marvel-Lizenz. Das Set garantiert lange Bauzeit und langen Bauspaß, gepaart mit einem hohen Detailreichtum. Die Fenster sind, wie so oft bei chinesischen Herstellern alternativer Klemmbausteine, die große Schwachstelle. Am Ende ist das Set jedoch jeden Cent seines höheren Preises wert.
Das Original
Dass sich Panlos für das Modell des „Magical Sanctuary“ beim „Sanctum“ von Marvel bedient, dürfte nicht zu übersehen sein. Dieses Geschichten-füllende Gebäude hatte im Januar 1964 im Comic „Strange Tales“ (#164) seinen ersten Auftritt, welches wiederum als Namensgeber für den damals neu eingeführten Charakter Dr. Strange fungierte. Das Original des vorliegenden Modells, wenn man es denn so nennen kann, ist jedoch nicht in der Comic-Reihe zu verorten, sondern im Marvel Cinematic Universe (MCU), in welchem die Marvel-Filme der letzten Jahre spielen. Um, nur um es kurz anzumerken, verschiedene Handlungsstränge erzählen zu können und dabei nicht immer auf die korrekte Verbindung der Figuren untereinander oder deren Vergangenheit achten zu müssen oder auch um Alternativen schaffen zu können, bedienten sich die Autoren eines Kunstgriffes und brachten die Theorie der Multiversen ins Spiel, mit welchen neue Kontinuitäten und damit eine Vielzahl neuer Erden geschaffen werden – verschiedenen Quellen nach bisher über 1.500. Diesen liegen wiederum drei Universen zugrunde: Erde 616, welche die Haupt-Kontinuität der Comics darstellt, Erde 1610 (Marvels ultimatives Universum), in welchem vor allem die älteren Marvel-Filme aber auch Reihen wie X-Men und Die Fantastischen Vier beheimatet sind und schließlich das MCU mit Erde 199999.
Anders als in den klassischen Comics bildet das Sanctum des MCU nicht ein einziges, sondern ein Zusammenschluss aus drei verschiedenen Gebäuden ab, welche an Orten mit großer Macht errichtet wurden. Eines davon, welches das vorliegende Set abbilden soll, ist in der 177A Bleecker Street, Greenwich Village, im Stadtteil Manhattan, New York, nahe des Washington Square Parks zu finden. Es hält sich nach wie vor fast hartnäckig die „Legende“, dass die Autoren diese Adresse als Hommage an den Ort der bekannten Rolle, welche den Strange-Darsteller Benedict Cumberbatch seinerzeit bekannt gemacht hatte: „Sherlock“ und die berühmte 221B Baker Street in London. Die Realität ist jedoch, wie meist, wesentlich profaner: Die Autoren Roy Thomas, Gary Friedrich und Bill Everett wohnten einst allesamt in der Bleecker Street 177A, was Thomas dazu verleitete, das Haus von Strange an genau dieser Stelle zu platzieren.
Weitere Gebäude stehen in London und Hong Kong und alle drei stellen vom Zauberer Agamotto zum Schutz der Erde erbaute Tempel dar. Alle drei Bauten sind mittels Portalen miteinander verbunden, sodass Strange einfach von einem Ort zum anderen gelangen kann. Über weitere Portale sind die Tempel auch mit anderen Orten verbunden, unter anderem mit Kamar-Taj, dem Heim- und Trainingsgelände für die „Meister der mystischen Künste“ in Kathmandu, Nepal.
Das Bauwerk aus dem MCU ist ein dreistöckiges viktorianisches Sandsteinhaus, bei welchem ebenso Einflüsse aus der französischen Barock-Architektur erkennbar sind. Die genauen Abmessungen sind unbekannt, da das Haus, aufgrund mystischer Einflüsse, stetig seine Form verändert und in Bewegung ist. Klar ist lediglich, dass dieses von innen größer ist, als es von außen scheint (die TARDIS scheint also nicht das einzige Konstrukt mit solch einem Verhalten zu sein). Dadurch ist das Haus ständig in Bewegung und viele Räume finden sich oftmals an anderen Orten wieder. Dieser Umstand besitzt für die Designer des Modells wiederum den Vorteil, die Räume besser in die einzelnen Etagen-Segmente einarbeiten und dadurch den vorhandenen Platz besser nutzen zu können, ohne zu viel Rücksicht auf die Verteilung in den Filmen nehmen zu müssen.
Gleich geblieben ist dagegen das dritte Stockwerk, welches „das Heilige des Heiligen“, das „Sanctum Sanctorum“, beinhaltet – die Meditationskammer von Dr. Strange und welches fälschlicherweise oftmals als Name für das komplette Gebäude herangezogen wird. Zu diesem gehört auch das in Front des Mansardendachs eingelassene Oberlicht mit den bekannten vier geschwungenen Linien – das „Fenster der Welten“. Dieses stellt das Siegel der Vishanti, dreier übernatürlicher, gottähnlicher Wesen, dar und soll das Sanctum und das restliche Gebäude vor den meist übernatürlichen Eindringlingen schützen. Das Siegel wurde für die Comics von Steve Ditko ersonnen und soll darüber hinaus als Hommage an das Design eines Fensters in Will Eisners Graphic Novel „The Spirit“ dienen.
Im Haus selbst befindet sich eine illustre Ansammlung magischer und mystischer Reliquien, die ebenso von starken Zaubern vor unbefugten Zugriffen geschützt werden. Zu diesen gehören Stranges bekannter magischer Umhang, das Auge des Agamotto oder die Rolle der Vishanti. Darüber hinaus beherbergt das Anwesen eine große Bibliothek mit unzähligen magischen Büchern, darunter das Buch der Vishanti, des Demonicus, der Morphesti oder auch die mächtige Schriftrolle des Watoomb.
Das Modell
Panlos führt für das rund 230 Euro teure Set 6.619 Teilen auf, welche in 8 Bauabschnitte unterteilt sind, die wiederum zu gleichen Teilen in 2 separaten Kartons verstaut sind. Die Steine bringen 5.761 g auf die Waage, was einem Preis von 3,99 Euro pro 100 g entspricht. Am Ende des Bauvorganges wird sich, soviel sei bereits verraten, vor dem Baumeister ein Berg von 150 Tüten auftürmen – das hätte doch etwas weniger sein können.
Neben den Steinen beinhaltet das Set zudem 8 Leuchtsteine, welche, von oben gesehen, den runden Parabolspiegeln ähneln und eine Größe von 3 × 3 Noppen, bei Höhe einer Steine-Einheit besitzen. Diese werden im Anschluss unter jede Etage geklemmt und sollen das fertige Haus in Abendstunden für eine stimmige Atmosphäre beleuchten. Der Nachteil ist aber, dass diese für nur einzeln und nicht zentral aktiviert werden können, es müssen also jedes Mal die Segmente abgenommen und die Leuchten eingeschaltet werden – und später wieder anders herum. Diesen Aufwand dürften sich sicherlich nur wenige Baumeister mehr als einmal antun. Hier wäre ein LED-Streifen, wie Mould Kind ihn beim Botanischen Garten (Review) verwendet, sicherlich die bessere Lösung gewesen.
Darüber hinaus führt der Inhalt eine Tüte mit Anleitung und Sticker-Bogen. Diese beiden sind zwar innerhalb der Folie gut geschützt, waren in der vorliegenden Box jedoch in der Mitte geknickt, sodass beide eine Welle in der Mitte besaßen, die sich bei den Aufklebern zwar noch ohne Problem beseitigen ließen, bei der doch wesentlich dickeren Anleitung, selbst mit Umbiegen und gutem Zureden, nicht vollends beseitigt werden konnte.
Die Anleitung
Bei solch einem großen Set darf es auch in Sachen Anleitung ruhig etwas mehr sein. Die Größe eines DIN-A4-Blattes spiegelt dabei noch nicht den Umfang des Bauvorhabens wider, die 372 Seiten und 1.063 Bauschritte dagegen schon.
Die Anleitung ist generell logisch und verständlich aufgebaut, die Darstellung unter Verwendung des Reduktionsprinzips soll dabei den Aufbau erleichtern: So werden nur neu hinzugefügte Zeichen in voller Deckkraft gezeigt, bereits verbautes abgeschwächt. Im Gegensatz zu anderen Herstellern behält Panlos in seiner Anleitung jedoch die Farben bei, was für eine bessere Orientierung sorgt.
Die Farbdarstellung stellt aber ebenso die Schwäche der Bauanleitung dar. So stimmen die gedruckten Farben nicht immer mit denen der Steine überein. Darüber hinaus können Farben oft nicht auseinander gehalten werden, so bei den dunkelbraunen und schwarzen Teilen. Zu wissen zu welcher Farbe im jeweiligen Schritt gegriffen werden muss, ist oftmals nur darüber herauszufinden, ob alle Teile überhaupt in der jeweiligen Farbe vorliegen.
An manchen Stellen agiert Panlos zudem etwas umständlich und macht es dem Baumeister unnötig schwer. Natürlich ist es schön, lange an einem Modell bauen zu können, aber einige Bauschritte hätten sehr gut zusammengefasst und die Anleitung damit ein wenig kürzer gemacht werden können – der Übersicht hätte das keinen Abbruch getan, im Gegenteil. Der Anspruch wäre dadurch vielleicht auch noch etwas gestiegen. An anderen Stellen hätte dagegen eine andere Reihenfolge das Bauvorhaben deutlich vereinfacht, zum Beispiel, wenn Steine noch an Möbelstücke angefügt werden müssen, wenn diese schon längst in das Modell gesetzt wurden – vorher wäre es deutlich einfacher gewesen.
Der Aufbau
1. Akt – Erst einmal eine solide Basis schaffen
Vor dem Spaß haben die Götter bekanntlich den Schweiß gesetzt und dieser beginnt beim „Magical Sanctuary“ von Panlos mit dem Sortieren der Steine. Hier macht es einem der chinesische Hersteller nicht unbedingt leicht. Das hat jedoch nichts mit der Teileanzahl an sich zu tun, sondern eher mit der Art der Verpackung: So finden sich gleiche Steine in verschiedenen Tüten, anstatt diese zusammenzuhalten und den Vorgang dadurch ein wenig zu beschleunigen.
Sind die Teile des ersten Bauabschnittes jedoch nach rund einer Stunde logisch getrennt, wird deutlich, dass der Baumeister zumindest rund ein Drittel der Zeit zum Fliesenleger wird – denn damit werden die ersten rund 20 Bauschritte verbracht. Im Gegensatz zum dänischen Marktführer werden hierbei jedoch nicht 10 Steine pro Bauschritt angeklemmt, sondern meist zwischen 20 und 30 oder auch mal mehr, aber nur selten weniger. Die Grundfläche dafür bildet eine 32 × 32 Basisplatte sowie eine angelegte 32 × 20 Noppen große Platte mit gleicher Höhe.
Nachdem der Estrich getrocknet und die Fliesen gelegt sind, werden die Mauern weiter hochgezogen und mit den ersten Einrichtungsgegenständen des Erdgeschosses begonnen. Bereits hier begegnen dem geneigten Marvel-Fan erste Utensilien und Geheimräume, welche aus Film und Comic bekannt sein sollten. Währenddessen betätigt sich der Baumeister ebenso als Schreiner und Inneneinrichter, vor allem dann, wenn es an die Fertigung der Möbel geht, zu denen neben Sesseln und Tischen auch Regale und Lampen gehören. Imposant ist die Fertigung der Treppe, welche nicht einmal kompliziert gebaut wird, in ihrer Erscheinung aber viel zur Wirkung des Modells beiträgt. An anderen Stellen erscheinen die Bautechniken im ersten Moment etwas fragil und erfordern etwas Feingefühl, am Ende ist jedoch alles stabil.
Gleichzeitig werden die ersten Aufkleber angebracht, meist in Form von Bildern. Es ist schade, dass Panlos bei einem Set in der Preisklasse auch auf Aufkleber setzt. Vor allem die Bilder hätten sich in ihrer Gestaltung sehr gut auch als Print für eigene Modular-Mocs gemacht, da die Motive sehr von den von Lego bekannten und immer wieder verwendeten Drucken abweichen.
Nach über 4 Stunden ist dann der letzte Stein für diesen Bauabschnitt gesetzt und der Baumeister bekommt eine erste Ahnung von der Größe des Hauses.
2. Akt – Fassadenfarbe
Nachdem erneut knapp eine Stunde die Teile für den nächsten Bauabschnitt sortiert wurden, geht es daran, die Front und die rechte Seite weiter aufzubauen. Die dazu benötigten Segmente sehen in der Anleitung zwar einfach zu fertigen aus, in der Realität sollte man dies aber nicht als „meditatives Bauen“ sehen – wird die Konzentration nicht hochgehalten, kann sich schnell verbaut werden und das wird erst dann deutlich, wenn die Mauer schon steht.
So gut die Teilequalität bis auf ein paar Ausnahmen bis hierhin auch war, die Scheiben reißen den guten Eindruck wieder ein gutes Stück nieder. Diese sind deutlich sichtbar zerkratzt und besitzen deutliche Schlieren. An manchen Scheiben sind auch kleinere milchige Bereiche zu erkennen. Das wäre generell nicht so schlimm, wären die transparenten Teile nicht bedruckt – sonst hätten sie dank der Kompatibilität durch andere Scheiben ersetzt werden können. Das ist hier aber nicht der Fall.
Die fertige Eingangstür vermittelt ein gutes Gefühl für das massive Erscheinungsbild des „Originals“, welches von den Aufklebern jedoch etwas gemindert wird. Darüber hinaus hätte Panlos bei der Reihenfolge des Anklebens etwas mehr Logik walten lassen können: Es nützt nichts, wenn einige Sticker beim Aufbau angebracht werden, andere auf Teilen daneben aber erst, wenn die Türe schon eingesetzt ist. Darüber hinaus muss mit diesen vorsichtig umgegangen werden: Die Aufkleber besitzen zwar eine gute Klebekraft, können aber leicht beschädigt werden, was am Ende weniger schön ausschaut.
Nachdem die Außenwände hochgezogen und der „Ringanker“ gelegt wurden, müssen bei den beiden Treppenaufgängen erneut Zimmermannfähigkeiten unter Beweis gestellt werden. Das gesamte Konstrukt wird auf die vorderen Wände sowie die Leuchten des hinteren Geheimbereichs gelegt. Generell eine kreative Lösung, leider ist das Segment aber etwas gewölbt, sodass an beiden Seiten sichtbare Spaltmaße auftreten, welche das Gesamtbild doch etwas trüben.
Nach erneut rund vier Stunden ist die erste Etage dann komplett gefertigt.
3. Akt – Galeria Sanctum
Beim dritten Bauabschnitt wird die erste Etage in Form einer, mit einem Gang an der Außenseite versehenen, Galerie gefertigt, welche mit zwei großen und zwei kleinen Regalen zur Aufbewahrung verschiedener Hüte, Helme, Bücher und anderen Utensilien versehen sind. Auch hier ist der Boden gefliest, was das Herz eines jeden Modular-Fans höherschlagen lassen dürfte – und trotz der vermeintlich geringeren Teilezahl braucht es rund 45 Minuten zum Sortieren der Steine sowie mehr als 3 Stunden für den Zusammenbau.
Bei der Fassade sind, wie bereits vorher, viel Kleinarbeit und hohe Konzentration gefordert. Interessant ist die Lösung für das Ecksegment, welches nicht auf den Boden geklemmt wird, sondern die Mitte von rund nach innen zulaufenden Brick Modified 1 × 2 Log in die Ecke der zwei angrenzenden Pfeiler aus 1 × 1-Steinen eingelassen wird. So kann das Stück der Wand gerade stehen und wird unten und oben durch die Decke gehalten. Es geht aber noch stabiler: Statt der an der Oberseite verbauten 2 × 2 Noppen großen Fliese eine Jumper Plate in gleicher Größe eingelassen, klemmt das Segment auch mit der darüber angebrachten Platte und gibt somit eine deutlich höhere Stabilität.
Elegant umgesetzt ist auch das kreisrunde Emblem in Front, bei welchem der blaue Rahmen im Hintergrund durch zwei hochkant gestellte Segmente und der Kreis davor unten durch einen umgekehrten Bogen mittels Baurichtungsumkehrung realisiert wurden. Der obere Bogen wird dagegen lediglich lose oben aufgesetzt und durch die beiden Pfeiler aus 1 × 1-Bricks und den Fliesen darüber gehalten. Das zeigt aber auch, dass das komplette Modell eher zur Ausstellung als zum Spielen taugt.
Zu guter Letzt werden zwei der Leuchtsteine unter die Konstruktion geklemmt, um darüber das Erdgeschoss zu erleuchten.
4. Akt – ein behagliches Plätzchen
In den nächsten beiden Abschnitten wird neben dem Erdgeschoss ein weiterer Wohnbereich zusammengesetzt. Auch dieser, so viel sei bereits vorweggenommen, besitzt einen sehr großen Detailreichtum. Bereits zu Anfang sind zumindest die Größen und die Anzahl der verschiedenen Räume, aufgrund der farblich unterschiedlichen Fliesen, zu erkennen – ja, richtig, auch diese Etage ist komplett gefliest. Wenn diese nach fast 6 Stunden fertig zusammengesetzt ist, wird sie einen Flur, ein Schlafzimmer mit großem Tisch und Kamin, eine Küche und ein Badezimmer mit Dusche besitzen – alles liebevoll detailliert. Jedes Zimmer besitzt dabei nicht nur eigene Fliesenfarben, sondern auch größtenteils sein eigenes Muster. Alles wird Stück für Stück aufgebaut. Interessant sind vor allem viele Kleinigkeiten, an welche der Designer gedacht hat, wie unter anderem die Seifenablage in der Dusche oder die vielen Nahrungsmittel in der Küche wie Croissant, Hot Dogs oder die Hähnchenkeule. Wer darüber hinaus die Kisten und Regale der Wohnung genauer in Augenschein nimmt, wird viele Utensilien aus dem Marvel-Universum erkennen – darunter auch Thors Kriegshammer „Mjölnir“.
Die Fassade orientiert sich an dem vorher gebauten Stockwerk, bringt aber auch Variationen mit sich. Sowohl das Geländer wie auch die Einarbeitung der Fenster des Mittelstücks erweisen sich als recht fragil und fallen schnell ab. Auch hier zeigt sich, dass das Model eher für eine Vitrine gedacht ist.
Am Ende werden an der Unterseite auch dieses Segmentes zwei Leuchten angeklemmt, welche hauptsächlich die Galerie darunter ausleuchten.
5. Akt – Ein Dachgeschoss wird ausgebaut
Die letzten drei Bauabschnitte beschäftigen sich mit dem obersten Stockwerk, welches auch als Mansardenwohnung bezeichnet werden kann und das ebenfalls einiges zu bieten hat. Auch dieses Segment beginnt mit dem Zusammensetzen des erneut komplett gefliesten Bodens.
Zuerst wird der Aufgang der Treppe samt kleinem Flur und kleiner Kammer daneben gebaut. Danach geht es unter anderem an das namensgebende „Sanctum Sanctorum“, dem Allerheiligsten, und seiner Meditationskammer.
Während des Aufbaus werden weitere Möbelstücke gefertigt, welche weitere magische Artefakte und Objekte ausstellen, darunter Stranges schwebender Mantel, dem ein eigener Wille sowie ein eigenes Bewusstsein nachgesagt wird und welcher sich seinen Träger selbst aussucht. Dieser schützt Strange nicht nur, sondern verleiht ihm auch die Fähigkeit zu fliegen. Leider hat Panlos diesen etwas lieblos zu einem normalen Umhang geformt, wie er von vielen Minifiguren getragen wird – ohne einen Ständer kann dieser nicht entsprechend aufgestellt werden und wirkt so nur wie in eine Vitrine gestopft. Darüber hinaus hat Panlos auf dieser Etage weitere Gegenstände „versteckt“, unter anderem den Reichsapfel von Agamotto.
Beim Interieur wird jedoch angeraten, dieses erst nach Fertigstellung der kompletten Etage einzusetzen, da der Boden am Ende des Bauvorganges noch mit zahlreichen Plates auf der Unterseite verstärkt wird – die Schränke, Regale und Kommoden würden dann in den meisten Fällen herausfallen und müssten dann neu eingesetzt werden – die doppelte Arbeit kann sich der Baumeister somit sparen.
Interessant wird der Aufbau des Portals, welches einen Zugang zu den verschiedenen Welten herstellen soll und bei dem im Modell eine Szene gezeigt wird, bei der Tentakeln herausragen. Um was es sich dabei handelt, konnte im Zuge des Reviews nicht genau erörtert werden. Erste Anzeichen könnten auf Shuma-Gorath hindeuten, einem Dämon, Meister der extra-dimensionalen Götter-Rasse „Old Ones“ und einer von Stranges größten Feinden. Sollte ein Leser hier mehr Licht ins Dunkel bringen können, wäre ihm die Redaktion sehr dankbar.
Das beschriebene Konstrukt passt nicht nur äußerlich gut in das Modell, es besitzt zudem einen über Zahnräder umgesetzten Mechanismus, mit welchem sich die Tentakel in die eine Richtung, die innen liegenden „Zähne“ in entgegengesetzter Richtung drehen lassen. Das Ganze ist zwar einfach gelöst, stellt aber eine nette Spielerei dar.
Im Anschluss geht es an die Außenmauern und die Fenster, bevor das kreisrunde „Fenster der Welten“ eingelassen wird. Gerade bei diesem hat Panlos die Drucke auf den viertelrunden Fliesen nicht besonders gut hinbekommen – diese sind an einem Ende dicker als am anderen, somit gehen diese Prints nicht nahtlos ineinander über. Besonders ärgerlich ist der Umstand, dass es eben die Teile betrifft, die sofort zu sehen sind – auch weil der Bereich automatisch die Blicke auf sich lenkt.
Als letzter Schritt werden die schrägen Dächer vorne und auf der rechten Seite eingesetzt, bevor die bereits beschriebenen Stabilisierungen von unten aufgesetzt werden. Eine andere Reihenfolge erscheint im ersten Moment vielleicht schlüssiger, mit den Verstrebungen dürfte das Segment alleine aber mit großer Wahrscheinlichkeit nicht stabil und eben auf dem Bautisch stehen.
Anschließend noch das Dach zusammengesetzt und das Gebäude mit den Maßen von 38 × 20 × 42 cm steht nach über 26 Stunden Bauzeit (inklusive Sortieren) vor dem dann hoffentlich zufriedenen Baumeister.
Qualität der Steine
Die Steinequalität ist überwiegend gut. Große Kratzer sind zwar Mangelware, dafür weisen die Fliesen auf einigen Exemplaren die, für aus China stammende, alternative Klemmbausteine, bekannten Schlieren auf. Dennoch halten sich diese in Grenzen und sind meist nur unter direktem Licht zu erkennen. Die Klemmkraft dagegen lässt keine Wünsche offen.
Die Farbgleichheit ist ebenso gut – von ein paar Teilegruppen abgesehen, die dann doch sichtbar von anderen Teilen der gleichen Farbe abweichen. Gegenüber den Farben von Lego gibt es jedoch bei manchen Ausführungen ein paar leichte Abweichungen, welche beim gemeinsamen Verbauen jedoch sofort auffallen würden – wie zum Beispiel beim helleren Braun oder dem Orange der Fliesen.
Enttäuschend sind dagegen die Fenster. Diese weisen sichtbare Kratzer und darüber hinaus getrübte Stellen auf. Das dürfte am Ende nicht nur an der Fertigung liegen, sondern auch daran, dass Panlos diese nicht separat verpackt. Was so etwas bringen kann, hat Mould Kind eindrucksvoll beim bereits genannten Botanischen Gartens unter Beweis gestellt.
Ein ähnliches Bild liefert der chinesische Hersteller bei den 38 Aufklebern. Diese besitzen zwar eine gute Druckqualität und haften ebenso gut, können aber all zu leicht beschädigt werden. Zudem ist die Anzahl bei einem Set dieser Preisklasse eindeutig zu viel – selbst runde Fliesen in der Größe 1 × 1 werden beklebt statt bedruckt. Die 21 Prints sind dagegen nur weitestgehend von guter Qualität – gerade bei denen, die die Umrandung des „Fenster der Welten“ darstellen, hat Panlos die Übergänge nicht gut genug hinbekommen, was zudem sofort ins Auge fällt. Über die anderen Prints gibt es dagegen nichts zu meckern.
Fazit
Das „Magical Sanctuary“ von Panlos ist mit hierzulande geforderten rund 230 Euro kein günstiges Set, bietet aber sehr langen Bauspaß – im vorliegenden Review über 26 Stunden. Darüber hinaus hebt es das Modular-Segment auf ein neues Niveau. Galt bis vor gar nicht so langer Zeit noch das Maritime Museum von Xingbao als eines der besten Modelle modularer Bauart, muss die Fackel nun an das Set von Panlos weitergereicht werden.
Dies liegt nicht zuletzt auch an der großen Detailverliebtheit sowie der nicht minderen Steineverschwendung, welche die Entwickler bei dem Modell an den Tag legen. Keine Etage ist eine Kopie der vorangegangenen, sondern ist für sich eigenständig gestaltet, womit auch der Bauvorgang über die gesamte Zeit interessant bleibt – nicht zuletzt durch viele interessante Bautechniken.
Wer einigermaßen mit dem Marvel-Universum bewandert ist, wird zudem an unzähligen Stellen Verweise auf die Comics und Filme finden. Aber selbst die Baumeister, welche bisher noch keine Berührungspunkte mit den Figuren von Marvel hatten, kommen bei dem Set voll auf ihre Kosten – für diese ist es dann einfach ein schönes, mystisches Haus.
Die Teilequalität ist über weite Strecken gut, auch wenn der eine oder andere Stein den einen oder anderen Farbklecks oder die eine oder andere Schramme aufweist. Anders schaut es bei den Fenstern aus, welche stellenweise deutlich zerkratzt oder mit milchigen Einfärbungen versehen sind. Während sich die kleinen Ausführungen noch mit denen anderer Hersteller austauschen lassen, ist dies bei den großen Fenstern im Erdgeschoss aufgrund der Aufdrucke schon schwieriger. Die Prints in dem Set sind generell von guter Qualität, bis auf die, welche das „Fenster der Welten“ einrahmt – was gerade bei solch einem wichtigen Segment auch sofort auffällt. Die dem Set beigelegten Aufkleber besitzen ebenso eine gute Druckqualität, sind in ihrer Anzahl aber eindeutig zu viel. Wenn so etwas beim dänischen Marktführer kritisiert wird, dann muss das auch hier geschehen.
Die beigelegten Leuchten sind zwar sicherlich eine nette Idee, diese im Modell einzuschalten ist aber mit einem großen Aufwand verbunden, ein LED-Streifen hätte zur abendlichen Stimmung sicherlich mehr beigetragen. Dennoch sind diese nicht als unnütz anzusehen und dürften bei anderen Projekten sinnvoller sein.
Die Anleitung ist verständlich aufgebaut und auch für Anfänger leicht nachvollziehbar, besitzt aber ebenso ihre Schwächen: So sind manche Farben nur schwer auseinander zu halten und an manchen Stellen wäre eine andere Reihenfolge des Bauvorganges doch sinnvoller und einfacher gewesen.
Gleichzeitig deckt das Set vieles auf, was bei Lego aktuell schiefläuft. Keines der vom dänischen Marktführer in den letzten Jahren veröffentlichtes Creator-Expert- beziehungsweise 18+-Modular-Set kann dem von Panlos das Wasser reichen. Der Vergleich mag in ersten Moment nicht stimmig sein, weil das Set mit 230 Euro doch teurer ist, es darf aber nicht vergessen werden, dass in der Kette bis zum hiesigen Handel Zwischenhändler und Importeure stecken – die für ihre Dienste natürlich ebenso entlohnt werden wollen. Würde Panlos aber eine eigene Distribution in Europa, ohne die ganzen Zwischenstationen, aufbauen, dürfte sich das Set dann sicherlich auf einem preislich ähnlichen Niveau befinden, wenn nicht sogar etwas darunter. Dafür ist dann jede Etage gefliest, beim dänischen Marktführer kann der Käufer froh sein, wenn, trotz aller Spaßmaßnahmen zumindest das Erdgeschoss gefliest wird. Auch in Sachen Detailreichtum können die letzten Modulars von Lego nicht mithalten. Doch wenn die Käufer dann zum gleichen Preis mehr als doppelt so viele Steine erhalten und der chinesische Hersteller dennoch gute Einnahmen generiert, warum kann Lego das dann nicht?
Solange der Marktführer hier nicht umdenkt, wird er in diesen Produktsegmenten zukünftig immer mehr das Nachsehen haben – denn während auch bei aktuellen Modular-Sets von Lego teils deutliche Kritik laut wird, ist das Set von Panlos jeden Cent seiner 230 Euro wert und eine absolute Empfehlung.
Anmerkung zum Review
Das Magical Sanctuary (613001) von Panlos wurde Just Bricks freundlicherweise von Steingemachtes für diesen Review zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme auf den Artikel fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand ebenfalls nicht.
Panlos 613001 – Magical Sanctuary im Review – Slideshow
Panlos 613001 - Magical Sanctuary im Review
- schönes Modell
- lange Bauzeit
- hoher Detailreichtum
- hohe Teileanzahl
- gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
- hoher Detailreichtum
- Fenster oftmals zerkratzt
- Farben lassen sich in der Bauanleitung manchmal schwer auseinanderhalten
- viele Aufkleber, wenige Prints
- Druckqualität am „Fenster der Welten“