Das aktuelle Vorgehen gegen verschiedene Importeure und Händler wie Steingemachtes (Thorsten Klahold), BlueBrixx (Klaus Kiunke) und dem Held der Steine (Thomas Panke) entwickelt sich für Lego immer mehr zu einem PR-Desaster, auf das immer mehr Medien aufmerksam werden.
Bereits Mitte Januar berichtete die Frankfurter Allgemeine unter dem Titel „Spielverderber Lego“ über die Auseinandersetzung zwischen Lego und BlueBrixx, bei der es hauptsächlich um den Verkauf von Sets mit Mini-Figuren verschiedener Hersteller geht, die von Lego als zu nahe an ihren Figuren gesehen werden. Da brachte auch die Einigung der beiden Parteien keine Ruhe in die Szene, bei der es sich zudem anscheinend nur um eine Übereinkunft für die Zeit bis zur Verhandlung der Hauptsache handelt. Im Kern ist hier der dänische Marktführer hart geblieben.
Wie Lego anderen zu mehr Reichweite verhilft
Seine Präsenz wusste auch Thomas Panke in seinem YouTube-Kanal „Held der Steine“ zu nutzen, nachdem Lego ihn für die Bezeichnung von alternativen Klemmbausteine als „Lego“ aufgefordert hatte, entsprechende Videos zu löschen. Dem kam Panke medienwirksam nach, das entsprechende Video kann bisher 2,45 Millionen Aufrufe verzeichnen. Die in diesem enthaltene Ankündigung, alle beanstandeten Videos neu aufzunehmen, blieb auch nicht ohne Folgen, auch hier sind mittlerweile über 2 Millionen Zugriffe zu verzeichnen.
Mit dieser Aktion hat es Panke daraufhin bis in die Süddeutsche Zeitung geschafft, aber auch die Frankfurter Neue Presse und die Frankfurter Allgemeine, das Handelsblatt sowie die Welt und mehrere regionale Tagesblätter wie die Kölnische Rundschau sowie die Waldekische Landeszeitung, die Wetterauer Zeitung sowie OP-Online mit einem gleichen Artikel berichteten darüber.
Ebenso kann sich Thorsten Klahold von Steingemachtes nicht über mangelnde Medienaufmerksamkeit beschweren. Nachdem er über seinen YouTube-Kanal „Johnnys World“ die Abmahnung seitens Lego publik gemacht hatte, haben auch hierüber diverse Tagesblätter wie das Westfalen-Blatt, die Neue Westfälische, selbst die Regional-Abteilung von SAT.1 hatte sich angekündigt.
Übergreifend berichtete der Tagespiegel und mit dem Nordschleswiger sogar eine dänische Zeitung über das Geschehen. Gleichzeitig ging der hessische Rundfunk sowie das zu FUNK und damit ebenfalls zu den öffentlich-rechtlichen Sendern gehörende Walulis-Daily-Format in seiner Berichterstattung auf die Thematik ein.
Lego erreicht das Gegenteil von dem, was es offensichtlich zu erreichen gedenkt
Infolge dessen zieht Lego in den letzten Wochen viel Zorn auf sich: So wird dem Konzern vorgeworfen, seine bisherige Monopolstellung mit allen möglichen juristischen Mitteln zu verteidigen, statt die Auseinandersetzung am Markt zu suchen. Viele Klemmer, die dem Hersteller durchaus wohlgesonnen begegnen, bemängeln immer wieder die nachlassende Qualität und teilweise Ideenlosigkeit des Marktführers genauso wie das nichtbesetzen vieler Themengebiete.
Hinzu kommt der sogenannte „Streisand-Effekt“, welcher für Lego immer mehr zum Bumerang wird. Dieses soziologische Phänomen geht auf die Sängerin Barbra Streisand zurück, welche 2003 einen Fotografen auf 50 Millionen US-Dollar Schadensersatz verklagte, weil auf einem Bild einer Serie mit 12.000 Luftaufnahmen der Küste Kaliforniens, die die Küstenerosion dokumentierten sollte, ihr Haus zu sehen war. Dieses war bis dato niemanden aufgefallen und wäre mit großer Wahrscheinlichkeit auch weiterhin unentdeckt geblieben, hätte Streisand nicht dagegen geklagt. Seitdem steht der Begriff als Synonym für etwas, was durch den Versuch der Verhinderung noch mehr in den Fokus der Öffentlichkeit gelangt.
Eine Aneinanderreihung von Folgen
Die Kettenreaktion, die mit dem Vorgehen von Lego verbunden ist, hatte der Konzern sicherlich nicht bezweckt: Der Ausgangspunkt der aktuellen Auseinandersetzung ist in der Abmahnung von Thorsten Klahold zu finden, auf die auch Thomas Panke mit der Ankündigung und Durchführung ab sofort alle Klemmbausteine unter dem Begriff „Lego“ zusammenzufassen, reagiert hatte. Dies rief wiederum Lego auf den Plan, indem der Konzern Panke aufforderte, Videos mit entsprechender Aussage zu entfernen – was dieser dann ebenso medienwirksam auch tat. Durch die hohe mediale Reichweite, die beide Protagonisten besitzen, blieben entsprechende Reaktionen nicht aus, die dann auch in den Fokus größerer Medienhäuser rückten und somit eine noch größere Öffentlichkeit erreichten. Dadurch erfuhren viele Menschen, dass es neben dem bekannten Vertreter auch noch viele alternative Hersteller von Klemmbausteinen gibt, welche für diese ohne Legos Vorgehen vielleicht weiterhin im Verborgenen geblieben wären. Statt die Verbreitung alternativer Sets also eher unbemerkt vor der Öffentlichkeit einzudämmen, verhilft Lego diesen über die Berichterstattung zu einer deutlich größeren Verbreitung.
Vorgehen von Lego nachvollziehbar
Das Problem für Lego: Um seine Marke vor Verwässerung zu schützen, muss das Unternehmen in Deutschland in dieser Hinsicht aktiv werden – ansonsten droht die Marke zu einem Gattungsbegriff zu werden, der sich dann in vielen Bereichen nicht mehr entsprechend schützen lässt. Ähnlich ist es bereits anderen Herstellern ergangen, „Tempo“ und „Föhn“ gelten bereits seit Langem nicht mehr als Bezeichnung für ein bestimmtes Produkt eines Herstellers, sondern auch für andere Erzeugnisse dieses Bereiches und sind dafür prominente und bekannte Beispiele.
Darüber hinaus könnten die Alternativen Lego in den nächsten Jahren einiges an Marktanteile abnehmen. Auch wenn das dänische Unternehmen mit großer Wahrscheinlichkeit für lange Zeit, wenn nicht sogar für immer, der Marktführer in dem Segment bleiben wird, dürfte ein Verlust von vielleicht nur 10 Prozent in den Größenordnungen für einen spürbaren Einnahmerückgang sorgen. Aus unternehmerischer Sicht ist das Vorgehen des Konzerns somit durchaus nachvollziehbar.
Auch Just Bricks anscheinend „unter Beobachtung“
Dass der dänische Marktführer das Treiben der alternativen Szene immer genauer in Augenschein nimmt, geht auch an Just Bricks nicht vorbei: Seit den ersten Berichten über die Abmahnung von Thorsten Klahold, dem darauf folgenden Kommentar und Berichten über weitere Abmahnungen verzeichnet das Portal mehr oder weniger regelmäßig Zugriffe aus Billund. Diese müssen nicht zwangsläufig von Lego selbst stammen, dass sich jedoch eine Privatperson oder der ortsansässige Bäcker für die Zugriffe verantwortlich zeigt, dürfte als unwahrscheinlich gelten – zumal in den ersten Wochen hauptsächlich Lego-kritische Artikel aufgerufen wurden.
Es stellt sich somit die Frage, ob ein eventueller Gattungsbegriff „Lego“ dem dänischen Hersteller langfristig wirklich mehr schaden würde, als durch rechtliche Auseinandersetzungen noch mehr auf andere Marken ungewollt aufmerksam zu machen.
4 Kommentare
Markus
Chapeau! Sehr schöner Artikel, der die Geschehnisse der letzten Wochen und Monate prägnant zusammenfasst. Bitte mehr davon!
Michael Schäfer
Besten dank! 😉
Wir werden es versuchen.
frank
Ich schließ mich mal an. Das ist sauberer Journalismus. Sachliche Beleuchtung eines Ereignisses, verbunden mit Fragestellungen und dennoch nicht parteilich. Es freut mich sehr, dass es eine solche Berichterstattung noch gibt. Danke
Michael Schäfer
Auch hier: Merci!