Wer glaubt, nach dem großen Cargo Transportruck in dem kleineren Bruder eine ebenbürtige Weiterführung der Reihe zu finden, wird schwer enttäuscht. Das Modell erfordert beim Aufbau große Geduld und weist dennoch viele Schwachstellen auf. Einmal fertiggestellt eignet es sich dann aber gut als Vitrinenmodell – und sollte dann möglichst nicht mehr berührt werden.
Neben dem großen Cargo Transporttruck (SD107009) (Review) hat Sembo weitere Lizenzmodelle aus dem Film „The Wandering Earth“, welcher wiederum auf der gleichnamigen Kurzgeschichte des chinesischen SF-Autors Cixin Liu (bekannt vor allem durch seine Trisolaris-Trilogie) beruht, veröffentlicht. Der Film ist nach wie vor über den Streaming-Dienst Netflix zu sehen, eine deutsche Synchronisation hat dieser jedoch bis heute nicht erhalten. So müssen SF-Fans immer noch mit der Originalfassung in Mandarin oder englischer sowie spanischer Synchronisation vorlieb nehmen. Zumindest wurde der Film mit deutschen Untertiteln versehen, welche alternativ hinzugeschaltet werden können. Auch beim vorliegenden Modell kann es sicherlich von Vorteil sein, den Film gesehen zu haben, um einige Teile des Sets besser deuten zu können – zwingend notwendig ist dies aber nicht.
Ein kurzer Abriss des Filmes wurde bereits im Review des Cargo Transporttrucks gegeben und soll daher an dieser Stelle nicht wiederholt werden.
Das Modell
Der Military Truck (107007) von Sembo ist derzeit für 70 bis 80 Euro bei diversen Händlern erhältlich. Die für das Modell benötigten 1.925 Teile werden von Sembo in 7 Abschnitte grob vorsortiert und sind in insgesamt 56 Tüten verpackt. Zum hiesigen Set gehören zudem 6 Mini-Figuren, welche in den meisten Fällen hierzulande aufgrund einer Intervention seitens Lego nicht mehr verkauft werden. Entsprechende Verweise werden auf der Verpackung oder in der Anleitung oftmals überklebt.
Zum Set gehört ähnlich wie beim Transporttruck ein Bogen mit Aufklebern, welcher erneut ungeschützt dem restlichen Inhalt beigelegt wird. Auch hier kam es zu Beschädigungen in Form eines Knicks, der im Gegensatz zum ersten getesteten Modell von Sembo jedoch nur geringfügige Auswirkungen hatte. Mit insgesamt 71 Stickern wird der Aufbau des Military Trucks aber ebenfalls zu einer Klebeorgie.
Darüber hinaus beinhaltet das Modell zwei 1×4 Noppen große LED-Plates, welche auf der Verpackung nicht sofort als solche zu erkennen sind. Die dazugehörigen Batterieboxen sind wiederum mit 2×4 Noppen in der Größe eines klassischen Bricks gehalten und mit 3 Knopfzellen gefüllt. Verbunden sind beide Einheiten über ein fest angebrachtes 20 cm langes Kabel. Da die LED-Leuchten einen gewissen Platz für sich beanspruchen, können diese nur unterbaut werden, was die Verwendbarkeit ein wenig einschränkt.
Die Anleitung
Der Weg zum fertigen Modell führt über die 94 Seiten und 287 Bauschritte umfassende Anleitung. Diese ist im Format 21 x 19 cm gehalten und fördert eine schwankende Qualität zutage.
Generell sind die einzelnen Bauschritte gut nachzuvollziehen, an manchen Stellen muss aber genau aufgepasst werden, damit neue Steine nicht an falscher Stelle platziert werden. Zur besseren Orientierung werden alle jeweils benötigten Teile in einem Kasten mit Mengenanzahl dargestellt. Auch die verschiedenen Farben sind gut zu unterscheiden und können leicht den realen Bauteilen zugeordnet werden. Zudem wird direkt angezeigt, wenn Elemente mehrfach gebaut werden müssen, womit durch das parallele Fertigen Zeit gespart werden kann. Von der Komplexität her entspricht diese bis hierhin auch noch dem von Sembo angegebenen Mindestalter von 6 Jahren.
Fehler trüben den Bauspaß
Neben der guten Darstellung offenbart die Bauanleitung aber ebenso Unachtsamkeiten oder sogar Fehler, sodass einen das Gefühl beschleicht, dass das Modell ausschließlich am Rechner entstanden ist und nie zur Kontrolle aufgebaut wurde. So ist die Baureihenfolge nicht immer logisch aufgebaut, ein Einsetzen mancher Teile zu einem früheren Zeitpunkt wäre nicht selten einfacher gewesen. Ebenso kommt es das eine oder andere mal vor, dass die Reihenfolge der Bilder nicht stimmt – so sollen Steine mit Aufkleber versehen werden, welche aber erst im darauf folgenden Bauschritt hinzugefügt werden sollen.
Der Aufbau
Der Aufbau des Military Trucks von Sembo ist, und das sei direkt zu Beginn angemerkt, kein Modell für Baumeister mit wenig Geduld.
Wer noch das Glück hat, ein ursprüngliches Set erstehen zu können, muss in den ersten Schritten die sechs Figuren zusammenbauen, was ungefähr 40 Minuten in Anspruch nimmt. Diese waren bereits im Set des Transporttrucks enthalten und müssen nach wie vor zumindest den Korpus betreffend aus ihren einzelnen Komponenten selbst zusammen gesetzt werden – also die Hände in die Arme, die Arme an den Rumpf und diesen auf die Beine.
An der Stabilität der Figuren hat sich auch im hiesigen Set nichts geändert. So lösen sich die Beine aufgrund des auf diese gesteckten Gürtelteils immer noch sehr schnell vom Oberkörper, womit sich die Figuren zum Spielen kaum eignen. Dieser Eindruck wird durch die schwarzen und drehbaren Sockel, auf denen die Figuren stehen, verstärkt. Erneut sind einigen Figuren zwei Gesichter aufgedruckt, ebenso liegen dem Set alternative Frisuren bei. Weniger erfreulich ist, dass sich die Visiere beim Hochklappen immer noch recht schnell von den Helmen lösen.
Erste Fehler werden deutlich
Ein erster konstruktioneller Fehler wird bei der Lenkung deutlich, bei der die roten Achspins die nötige Bewegung deutlich erschweren, teils auch unmöglich machen. Hier sollte entweder auf leichtläufigere Exemplare wie die Tan-farbigen oder die alten grauen Vertreter von Lego gegriffen werden.
Bereits nach ein paar Seiten wird zudem deutlich, dass es sich bei dem Modell um eine sehr fragile Angelegenheit handelt, bei welcher sich während des Aufbaus immer wieder andere Segmente oder Teile lösen. Dies trifft direkt zu Anfang auf die Art zu, mit welcher die Halterungen der hinteren Räder mit dem Rumpf verbunden werden. Das Segment wird sich im Laufe des Bauvorganges immer wieder lösen.
Bei den ersten beiden Abschnitten sind Grau und Schwarz die vornehmlichen Farben, ab Abschnitt drei kommt Rot hinzu. Im Bauschritt 93 werden dann die beiden Leuchten in Form der Frontscheinwerfer eingebaut, auch hier wird es später noch zu Problemen kommen.
Bis zur Hälfte des Bauvorganges hat der Military Truck die eine oder andere interessante Bautechnik gezeigt, auch die Grundfläche der beiden Seitenteile ist recht stabil angebracht. Dafür fehlen bis hierhin bereits eine runde 1×1-Plate und eine 2×3 Fliese (beides Dunkelgrau), im weiteren Verlauf wird noch eine 1×2 Schräge hinzukommen. Da die verwendete Farbpalette nicht der von Lego entspricht, können die fehlenden Teile auch nicht so einfach durch Exemplare anderer Hersteller ersetzt werden.
Harte Schule der Geduld
In der zweiten Hälfte angekommen geht es an die Fertigung der nach oben leicht schräg laufenden Seitenteile. Diese werden mittels neun 1×1-Klammern mit dem Rumpf verbunden, womit sich erneut zeigt, dass es sich beim Military Truck um ein Vitrinenmodell handelt – und dieses viel Geduld verlangt: Die beiden Segmente weisen in sich selbst schon eine sehr geringe Stabilität auf, im weiteren Verlauf brechen diese bei zu großem Druck (manchmal muss das Modell recht fest gehalten werden) an immer wieder den gleichen Stellen auseinander. Um diese zu reparieren und wieder anzubringen müssen beide Segmente vom Rumpf gelöst werden. Dann bleiben an diesen aber die neun Klammern hängen, welche sich somit vom Unterbau lösen. Die Klammern müssen also einzeln abgelöst und wieder auf das Modell gesteckt werden. Wenn eines der reparierten Seitenteile nun wieder auf das Modell gesteckt werden soll, muss der Baumeister aufpassen, wo genau er den Truck zur Stabilisierung und für den Gegendruck festhält – viele Stellen gibt es dafür nicht. Am besten bietet sich dafür der Unterbau mit den Achsen für die Hinterräder an, welche sich aber bereits bei wenig Druck von der Platte lösen. Seitenteile also dran, Hinterräder ab. Um diese wieder anzufügen, muss das Modell auf die Seite gelegt werden, wodurch die Seitenteile wieder brechen und das ganze Spiel von vorne beginnt.
Dieser Ablauf ist während des Bauvorganges mehrere Male nötig gewesen, was ungefähr rund eine Stunde der gesamten Bauzeit ausgemacht hat.
Lenkung oder keine Lenkung, das ist hier die Frage!
Im weiteren Verlauf wird das Führerhaus weiter ausgebaut und verkleidet. Dem, was zunächst als Teil einer Hands-Of-God-Lenkung ausgemacht wurde, wird dabei ein schweres Maschinengewehr aufgesetzt. Auch hier ist die Verwunderung groß: Wird das Gewehr nach rechts gedreht, fährt der Truck nach links! An dieser Stelle dürften die Denkfalten auf der Stirn des Baumeisters wieder größer werden. Von einem Baufehler ausgehend zerlegt der Autor dieses Reviews das Führerhaus, um festzustellen, dass der Fehler nicht bei ihm zu suchen ist und alles nach Anleitung gebaut wurde. Stattdessen wirft die Funktion des Gewehres immer mehr Fragen auf: Dass der Military Truck ein Vitrinenmodell ist, wird beim Bauen schnell klar. Warum wird dann aber das Maschinengewehr an die Lenkung gekoppelt? Am Ende bleibt nur die Erkenntnis, dass es sich hierbei schlicht um einen Design-Fehler handelt.
Probleme auch mit der Beleuchtung
Dies ist aber nicht die letzte Unzulänglichkeit des Modells: Als weitere Verkleidungen und die seitlichen Luken eingebaut sind, wird schnell deutlich, dass die Beleuchtung der Frontscheinwerfer nicht so ohne weiteres eingeschaltet werden kann. Dies beruht unter anderem darauf, daß die beiden 2×4 Noppen großen Batteriekästen lediglich mit 1×4 Noppen seitlich an die Trennwand zum Führerhaus „gehängt“ werden. Selbst ein vorsichtiges Betätigen des Schalters am unteren Kasten sorgt dafür, dass dieser sehr leicht abfällt. An den Schalter des darüber angebrachten Kastens kann erst gar nicht herangekommen werden, da dieser viel zu weit oben befestigt ist. Zwischen der Außenwand und dem Schalter ist ein Spalt von gerade mal einer Noppe Breite vorhanden, in welche kein Finger passt. Ebenfalls ein klarer Design-Fehler. Beim fertigen Modell besitzen die Scheinwerfer zudem nur einen geringen Effekt, so hell leuchten die LED-Steine am Ende auch nicht.
Zuletzt erfolgt die Fertigung der Abdeckung mit dem großen Geschütz. Dieses lässt sich drehen und über einen Mechanismus auch neigen – aber nur um 15 Grad, danach setzt dieses mit dem hinteren Ende auf der Verkleidung auf.
Froh wenn es vorbei ist
Ist das Modell des am Ende 33 cm langen, 13 cm breiten und 22 cm hohen Militär-Trucks nach gut 8 Stunden fertiggestellt, bleibt das gewohnte „Hochgefühl“ aus. An dieser Stelle dürfte mancher Baumeister einfach nur froh sein, den Aufbau endlich hinter sich gebracht zu haben. Dennoch geht der Ärger weiter: So würde sich das Modell alleine aus dem Grund nicht zum Spielen eignen, weil sich die Lenkung nur wenig einschlagen lässt und der Wendekreis dadurch enorm groß wird. Gleichzeitig ist der Einschlag der Lenkung nicht limitiert, sodass die Reifen vorne gegen die untere Frontverkleidung, hinten wiederum gegen den Aufbau schleifen.
Qualität der Steine
Einmal von der geringen Stabilität der Figuren zwischen Beinen und Oberkörper und der Problematik mit den Visieren weisen die sechs Figuren eine gute Qualität auf. Die Arme und Hände sind fest, lassen sich aber dennoch gut verstellen. Die Teile selbst weisen keine Kratzer auf und sind gut koloriert, auch die Aufdrucke lassen keinen Grund für Kritik aufkommen.
Auch bei den Steinen hat sich gegenüber dem Transporttruck einiges gebessert – auch wenn hier immer noch großes Verbesserungspotenzial vorliegt. Dennoch waren diese beim großen Bruder so verkratzt, dass teilweise davon ausgegangen wurde, dass die Teile bewusst so gestaltet wurden, um dem Modell ein eher „ramponiertes“ Äußeres zu verpassen.
Beim Military Truck sieht es etwas anders aus. Hier weisen die Bauteile nicht selten ebenfalls sichtbare Kratzer und Schlieren aus, dennoch sind diese weitaus weniger ausgeprägt als beim Cargo Transportruck. Ebenso besitzen die transparenten Teile eine gute Qualität – sie sind klar und nicht milchig, aber auch mit dem einen oder anderen kleinen Kratzer bedacht. Die Klemmkraft ist mit der von Lego vergleichbar.
In Sachen Farbgleichheit bietet das Modell ein gleichmäßiges Erscheinungsbild, auch wenn die Farben nicht ganz mit denen von Lego übereinstimmen. Das macht es auch schwierig, die drei fehlenden Bauteile durch andere Steine zu ersetzen. Darüber hinaus wirkt das Modell auf der Verpackung sehr glänzend, während das reale Bauwerk ab Ende eher matt daherkommt.
Für viel Frust sorgen dagegen die Aufkleber, auch wenn es sicherlich den Kostenrahmen gesprengt hätte, das ganze Set mit Prints auszustatten. Während es an der Druckqualität der Sticker nichts auszusetzen gibt, hätte die Haftqualität höher ausfallen müssen. So lassen sich die Aufkleber bereits zu leicht vom Bogen lösen und sich nicht komplett dicht auftragen. Egal wie fest über diese drübergerieben wird, es zeigen sich immer wieder Flächen, an denen die Sticker nicht auf den Steinen haften. An vielen Stellen, an denen in einem Winkel geklebt werden muss, lösen sich die Klebefolien schnell wieder, was ebenfalls nicht schön ausschaut.
Fazit
Konnte der Cargo Transporttruck (107009) im letzten Jahr noch mit hohen Bewertungen bedacht werden, kehrt sich dieser Eindruck beim Military Truck fast komplett ins Gegenteil. Kaum etwas ist von den tollen und stabilen Bautechniken des großen Bruders und dem Spaß beim Aufbau übrig geblieben, stattdessen herrschen an vielen Stellen Frust und Unverständnis. Das beginnt mit der hakenden Lenkung, dem lösenden Zusammenspiel zwischen Seitenverkleidung und dem Segment der Hinterräder, der sich ebenfalls schnell lösenden Batteriekästen der Beleuchtung sowie den bei diesen schwer zu erreichbaren Schaltern und endet in der Konfusion um die (nicht vorhandenen oder nicht als solche geplante?) HOG-Steuerung und dem kaum neigbaren großen Geschütz.
Äußerlich macht das fertige Modell einen imposanten Eindruck, der Weg dahin ist jedoch beschwerlich. Am Ende eignet sich dieses jedoch nur für einen Platz in einer Vitrine, dann sollte es jedoch nie wieder angerührt oder gar angeschaut werden – die Gefahr, dass sich etwas löst und dadurch eine für den Baumeister verheerende Kettenreaktion ausgelöst wird, ist zu groß.
Steigerung bei der Steinequalität
Die 1.925 Teile verfügen über eine gute Qualität, gegenüber dem Cargotruck haben Kratzer und Schlieren deutlich abgenommen. Aber auch hier gibt es noch Luft nach oben, an die Qualität des dänischen Marktführers kann die Beschaffenheit der Steine nicht heranreichen. Die 3 fehlenden Teile konnten aufgrund der zu Lego unterschiedlichen Farben nicht gleichwertig ersetzt werden. Innerhalb des Modells herrscht jedoch eine gute Farbgleichheit.
Kaum überzeugen können die beigelegten Sticker. Zum einen sind diese nicht geschützt und auch beim Militär-Truck beschädigt, darüber hinaus ist die Haftung für eine saubere Anbringung nicht hoch genug. So sind bei vielen Stickern Stellen zu erkennen, wo diese nicht gut auf den darunter liegenden Steinen haften. Ganz deutlich wird dies, wenn im Winkel geklebt werden muss.
Nur für wenige geeignet
So bleibt am Ende nur der Schluss, dass das Modell des Military Trucks vor allem für solche Baumeister geeignet ist, welche die Herausforderungen suchen und vor allem eine große Portion Geduld besitzen. Alle anderen sollten sich vielleicht doch nach einem anderen Bauwerk umschauen.
Sembo 107007 - Military Truck im Review
- wenn einmal zusammengebaut schönes Modell
- hohe Klemmkraft der Steine
- Modell sehr fragil, Teile lösen sich beim Zusammenbau immer wieder
- HOG-Lenkung sehr konfus
- vordere Räder schleifen beim Einlenken an der Karosserie
- Geschütz nur wenig neigbar
1 Kommentare
Alfonso de Zayas
Es ist sehr schade, dass Sembo hier wieder so daneben gegriffen hat. Denn Sembo könnte es besser, der Sembo Club ist hier als Referenzset durchaus zu erwähnen oder auch die kleineren Häuser.
Dort nutzt Sembo auch Aufkleber mit einer Trägerfolie, die am Ende aussehen wie Prints.
Sehr zu bedauern.