Das Set K10112 von Keeppley, welches von deutschen Händlern oft als Wasser-Tempel mit Spiegelung verkauft wird, stellt ein interessantes und auch beliebtes Fotomotiv aus der Verbotenen Stadt in Beijing (Peking) dar. Doch um es fair zu bewerten, muss das dazugehörige Original erst einmal verstanden sein, denn das Set stellt etwas anderes dar, als der Name suggeriert.
Das Original
Das Modell stellt einen Teil der Verbotenen Stadt in Beijing dar, welche zwischen 1406 und 1420 gebaut wurde. Auch wenn die Palastanlage zeitweilig von ausländischen Truppen besetzt wurde, lebten dort die verschiedenen chinesischen Kaiser der Ming- sowie der Qing-Dynastien und nutzen diese auch für ihre Regierungsgeschäfte. Zu dieser Zeit blieb der einfachen Bevölkerung der Zutritt in diese Anlage verwehrt, weshalb diese den Namen „Verbotene Stadt“ erhielt. Nach der Xinhai-Revolution von 1911 bis 1912 dankte der letzte Kaiser ab, lebte aber noch mit seiner Familie in den chinesischen Kaiserpalästen und musste die Verbotene Stadt erst 1924 verlassen, welche im Anschluss auch für die Bevölkerung geöffnet wurde. Heutzutage beherbergt der Komplex das Palastmuseum Beijing und ist gleichzeitig ein bei Touristen beliebter Anziehungspunkt der chinesischen Hauptstadt.
Zunächst lassen der Name und die Abbildung des Modells vermuten, dass es sich bei dem Original um einen pagodenartigen Tempel handelt, dessen Fuß durch eine Steinmauer gebildet wird und der von einem Säulengang umgeben ist. Jedoch offenbaren Bilder des Originals aus verschieden Perspektiven, dass diese Annahme in einigen Punkten falsch ist.
Doch kein Tempel?
Wird das Fotomotiv in einer totaleren Ansicht betrachtet, so ist bereits zu erkennen, dass es sich bei der Steinmauer nicht um Teile einer Pagode handelt, sondern um eine Mauer, welche um die Verbotene Stadt herum gebaut ist. Zudem ist zu erkennen, dass der Säulengang nicht um das gesamte Gebäude herum gebaut ist. In einer seitlicheren Ansicht ist zudem erkennbar, dass der Säulengang nicht direkt an die Mauer grenzt ist, sondern es sich hierbei um ein separates Gebäude handelt. Eindeutig wird es schließlich durch die Ansicht in Google-Maps, mit der deutlich wird, dass es sich bei der Vorlage zum Modell um eine Ansicht der nordwestlichen oder nordöstlichen Ecke der Verbotenen Stadt handelt.
Bei dem pagodenähnlichen Gebäude handelt es sich um einen Turm, welcher auf der Mauer, die die verbotene Stadt umgibt, steht. Der Mauerecke vorgelagert ist das im Modell fälschlicherweise als Säulengang dargestellte Gebäude, bei dem es sich vielmehr um einen Pavillon handelt, welcher im 90-Grad-Winkel direkt an den Wassergraben gebaut ist.
Das Modell
Das Modell ist Teil der Forbidden-City-Serie von Keeppley, die verschiedene Motive, wie Figuren, Statuen und Gebäude aber auch ein Schachspiel oder ein kleines Diorama der Verbotenen Stadt in Beijing darstellen. Die Sets sind zum 600-jährigen Jubiläum der Verbotenen Stadt mit Lizenz vom nationalen Palastmuseum entstanden, womit ein Teil des Verkaufspreises auch wieder zurück an das Museum fließt.
Das Modell selber stellt ein kleines Diorama der im vorangegangenen Teil erläuterten Ansicht dar. Insbesondere die nachgebaute Spiegelung der dargestellten Palastanlagen an der Wasseroberfläche ist das Highlight des Sets.
Die Teile des Modells sind auf 2 Bauabschnittstüten aufgeteilt, wobei sich die beiden Teile jedoch nicht am tatsächlichen Baufortschritt orientieren, sondern eher willkürlich oder aufgrund der Füllgrade der Tüten gewählt sind. Dieser Umstand ist bei dem Hersteller Qman, zu dem auch die Marke Keeppley gehört, nichts Neues und ist beispielsweise auch beim Schulbus in gleicher Weise zu finden. Die beiden Bauabschnittstüten enthalten jeweils noch zwei weitere, kleine Tüten, sodass sich die 334 Teile auf insgesamt sechs Tüten aufteilen, was einem Schnitt von 56 Teilen pro Tüte entspricht.
Wie bei den Modellen der Marke Keeppley üblich, kommt das Set ohne Aufkleber daher. Wer sich jetzt allerdings eine Vielzahl an Drucken erwartet könnte enttäuscht sein – lediglich eine 2 × 4 Fliese wurde von dem chinesischen Hersteller bedruckt. Das Modell selber beeindruckt vielmehr durch seine Idee und Bautechniken, wie sie auch in den Architektur-Serien anderer Hersteller vorkommen.
Bei den im Set enthaltenen Teilen sind von der Formenauswahl her kaum Highlights vorhanden . Viel interessanter stellt sich jedoch die Farbauswahl dar. So sollten die beiden Baurichtungsumkehr-Platten in Trans-Light-Blue, die Liftarme in Trans-Clear, sowie die großen Platten und die 1 × 2 Technic-Bricks in Trans-Light-Blue nicht unerwähnt bleiben, kommen diese in Sets des dänischen Marktführers nie oder vergleichsweise selten vor. Beispielsweise sind neuwertige 8 × 8 Plates in Trans-Light-Blue in den letzten sechs Monaten für einen Durchschnittspreis von über neun Euro bei Bricklink verkauft worden. Somit ist für jemanden, der entsprechende Teile haben will, mit der einen enthaltenen Plate bereits fast der halbe Verkaufspreis wieder reingeholt .Vielleicht hat dieser auch noch an anderen im Set enthaltenen Teilen, die von Lego überhaupt nicht angeboten werden, Interesse. Auch angemerkt, aber in diesem Set eher nebensächlicher Natur: die 3L-Pins sind in Dunkelgrau gefertigt.
Die Bauanleitung
Die Anleitung wirft wenig Fragen auf, setzt diese doch, wie vom chinesischen Hersteller gewohnt, auf das Prinzip der Entsättigung bereits abgeschlossener Bauschritte. Glücklicherweise werden auch die Konturen bereits abgeschlossener Bauschritte abgeschwächt dargestellt, denn das Light-Bluish-Grey bewegt sich farblich sehr dicht am entsättigt dargestellten Dark-Bluish-Grey. So ist den Abbildungen der Bauschritte meist recht leicht zu entnehmen, welche Teile neu hinzugekommen sind. Zusätzlich stellt Keeppley in einem Feld dar, welche Steine für den Bauschritt herausgesucht werden müssen.
Die Anleitung selber ist etwas kleiner als DIN A5 gehalten und nimmt somit nicht allzu viel Platz auf dem Bautisch ein. Die 334 Teile werden in 58 Schritten zum Wasser-Tempel mit Spiegelung zusammengebaut, was einem Baufortschritt von knapp 6 Teilen pro Bauschritt entspricht. Zudem eignet sich die Größe der Abbildungen durchaus für das vorgestellte Modell. Sofern dieses gedreht werden soll, wird gesondert in der Bauanleitung darauf hingewiesen, jedoch ist dies auch aus den jeweiligen Abbildungen ersichtlich.
Das Set kommt ohne eine Altersempfehlung daher, jedoch gibt es nur wenige Punkte, die Kindern ab ungefähr 7 Jahren den Bauerfolg vorenthalten könnten – ein Faible für die Kleinteiligkeit vorausgesetzt. Lediglich die schwebende Konstruktion mit den Liftarmen benötigt womöglich die Unterstützung eines erfahreneren Baumeisters, zumal der vorletzte Bauschritt unmöglich so aufzustellen ist, wie in der Abbildung gezeigt – das gesamte Modell steht dabei auf nur einer der beiden Stützen und würde auf diese Weise umkippen. Auch wenn das Modell daher von den Bautechniken her für Kinder geeignet wäre, ist jedoch anzuzweifeln, dass jüngere Baumeister bereits Interesse an dieser Art von Modell hätten, da sie vermutlich weder mit der Geschichte noch überhaupt mit dem Hintergrund des Modells etwas anzufangen wüssten. Ein Spielwert ist nach dem Aufbau nicht gegeben.
Der Aufbau
Der Aufbau stellt den Baumeister vor keine großen Rätsel. Zunächst wird der untere Teil, also die Spiegelung des Gebäudes aufgebaut. Bereits hier zeigt sich, dass der Pavillon, der bei der Vorlage in einem deutlichen Abstand von der Mauer entfernt steht, in diesem Modell direkt an der Mauer stehen wird. Zudem ist das Dach in dem Modell nur zur Wasserseite hin geneigt, wodurch der Pavillon hier eher wie ein Säulengang aussieht. Dies ist etwas schade, aber vermutlich hätte eine detailliertere Umsetzung einen deutlich größeren Maßstab erfordert, welcher das Modell wesentlich verteuert hätte.
Und die Rückseite?
Die größte und vielleicht auch negativ wahrgenommene Überraschung erlebt der unvorbereitete Baumeister jedoch, wenn er feststellt, wie die Rückseite des Wasser-Tempel-Modells gebaut ist: Im Gegensatz zu der erwarteten und nachgebildeten Rückseite des „Tempels“, findet sich an dieser Stelle nur ein leerer Raum, der das Modell lediglich zusammenhält und diesem eine gewisse Tiefe verleiht. Dieser Umstand lässt sich jedoch durch die Vorlage an sich erklären, bei der es sich ja nicht um ein Gebäude alleine handelt, sondern vielmehr um eine kleinere Ansicht eines Fotomotivs, welches teilweise auch nur Gebäudeteile darstellt. Eine modellierte Rückseite hätte an dieser Stelle zumindest teilweise dazu geführt, dass diese lediglich der Fantasie des Designers entstammen würde und keinem realen Vorbild entspräche.
Weiterhin etwas überraschend ist eine gelbe 2 × 2 Corner Plate, ist doch vielmehr Blau die maßgebliche Farbe dieser Modellhälfte. Jedoch ist die unter der Spiegelung des Daches versteckt, sodass diese im fertig aufgebauten Modell nicht zu sehen ist. Wieso diese Farbe an dieser Stelle gewählt wurde, wird nicht offenbar – im Gegensatz zum dänischen Marktführer verwendet Qman bei seinen Modellen normalerweise keine farbfremden Teile an unsichtbaren Stellen. Auch wird diese Auffälligkeit bis zum Ende des Baus die einzige Stelle sein, in der die Auswahl der Farbe nicht nachvollziehbar ist.
Die zweite Hälfte – ein Déjà Vu?
Nach 26 Schritten, beziehungsweise etwa 25 Minuten Bauzeit, ist der Bereich der Spiegelung fertiggestellt, doch der erste Bauabschnitt geht noch weiter und die obere Hälfte des Modells wird noch sechs Schritte lang gebaut, bevor der zweite Bauabschnitt losgeht.
Da es sich bei den beiden Teilen des Modells um Gebäude und deren Spiegelung handelt, verwundert es nicht, dass beide Hälften, im Hinblick auf Bautechniken und Teile, nahezu identisch aufgebaut sind. Nur in einigen nicht ganz nachvollziehbaren Nuancen unterscheiden sich der Aufbau der Gebäude und der Wasserspiegelung voneinander, jedoch ist der obere Teil weit farbenfroher aufgebaut, wobei die Auswahl der Farben konsequent durch die Vorlage vorgegeben ist.
Noch den Sockel montiert, wie sieht es fertig aus?
Die Hochzeit der beiden Hälften wird zunächst mithilfe von zwei 2 × 2 Baurichtungsumkehr-Plates mit Noppen auf beiden Seiten vollzogen. Da diese alleine jedoch noch nicht für eine stabile Verbindung ausreichen, verwundert es nicht, dass die Sockelkonstruktion zur weiteren Stabilisierung herangezogen wird. Bei dieser wird das Modell auf zwei Liftarme in Trans-Clear gestellt, welche über Technic-Bricks auf Plates in Trans-Light-Blue fixiert werden. Die Liftarme werden mit Technic-Pins jeweils am Gebäude und der dazugehörigen Spiegelung fixiert und stellen eine ausreichende Stabilität des fertigen Modells sicher.

Jetzt muss das Modell noch auf die Ständer gesetzt werden. Diese stabilisieren auch die Verbingung zwischen beiden Modellhälften.
Somit ist das Modell nach etwa 60 Minuten Bauzeit fertiggestellt und kann den Betrachter faszinieren. Jedoch ist der Betrachtungswinkel, in dem das Modell den gewünschten Bildeindruck vermittelt recht eingeschränkt. Das liegt wie oben beschrieben daran, dass lediglich eine Perspektive der Gebäude im Detail nachgebaut ist und die Reflektion auch nur in einem engen Betrachtungswinkel tatsächlich als ernsthafte Wasserspiegelung wahrzunehmen ist. Nüchtern betrachtet verwundert dieser Umstand jedoch nicht weiter, wurde das dreidimensionale Model hier doch im Wesentlichen aus einem zweidimensionalen Foto designt. Aus diesem Grund kann das Modell auch nur in dem Winkel wirken, der vom bekannten Foto vorgegeben wird.
Qualität der Steine
Wie bei Keeppley beziehungsweise bei Steinen von Qman üblich, geben die eingesetzten Steine wenig Anlass zur Beschwerde. Die Klemmkraft bewegt sich im schlimmsten Fall minimal unter der von Lego und auch die Farben entsprechen denen des dänischen Marktführers. Ganz leichte Farbabweichungen waren zwischen den dunkelroten 1 × 1 Round-Plates des vorliegenden Modells zu erkennen. Im aufgebauten Zustand fallen diese jedoch nicht weiter auf, da diese nicht mit Teilen der gleichen Farbe verbunden werden. Zudem ist auch von Lego-Modellen zu hören, dass bei diesen in den letzten Monaten vermehrt Farbabweichungen festgestellt wurden.
Grundsätzlich fällt ebenso auf, dass das Finish der Steine sehr hochwertig wirkt und diesein vielen Fällen bis auf den Schriftzug ENLI anstatt LEGO auf den Noppen in Haptik und Optik, kaum vom denen des Markführers zu unterscheiden sind. Lediglich je ein kleiner Kratzer auf einem Technic-Brick und einer Jumper-Plate sowie eine dunkelblaue Plate, bei der eine minimale Stressmarke um eine Noppe erkennbar war, konnten beim Aufbau registriert werden. Somit halten sich Mängel an den Steinen in Grenzen. Die Technic-Bricks in Trans-Light-Blue wirken darüber hinaus in ihrem Inneren leicht milchig, jedoch besitzt dieser Umstand in diesem Set wenig Gewicht.
Sehr positiv zu erwähnen ist die bedruckte Fliese, welche dem Set beiliegt. Diese ist schwarz und mit einem deutlich fühlbar erhabenen Druck versehen. Hier könnten sich andere Hersteller eine Scheibe abschneiden, übertrifft die Druckqualität selbst das, was sonst von Sets des Marktführers bekannt ist.
Fazit
Das Set lässt den Baumeister womöglich etwas ratlos zurück: die Idee hinter dem Modell ist grundsätzlich erst einmal großartig, aber nach Abschluss des Baus wird klar, dass das Design in dem Maßstab womöglich nicht so einfach umzusetzen ist wie von den Entwicklern gedacht. So fällt insbesondere die offene, undesignte Rückseite des Modells auf – in einem größeren Maßstab hätte hier eventuell noch etwas modelliert werden können. Zudem wäre der vorgelagerte Pavillon bei einem größeren Maßstab womöglich originalgetreuer umzusetzen gewesen, jedoch hätte dies den Preis des Sets ebenso in die Höhe getrieben.
Auch den eingeschränkten Betrachtungswinkel, in dem die Wasserspiegelung auch als solche wirkt, werden viele Baumeister vermutlich nicht erwartet haben. So kann es durchaus eine kleine Herausforderung darstellen, einen geeigneten Aufstellort für das Modell zu finden. Die Ursache dafür liegt insbesondere darin, dass es sich bei der Vorlage um ein zweidimensionales Bild handelt, welches hier in einem dreidimensionalen Modell umgesetzt wurde und somit tatsächlich nur in begrenztem Winkel wirken kann.
Sofern dem Baumeister diese Nachteile egal sind und er eventuell sogar weiß, wie er das Modell Ausstellen möchte, sollte er sich nicht davon abhalten lassen, das Set zu bauen. Vielmehr vermittelt das Modell, dass der Kreativität mit Klemmbausteinen kaum Grenzen zu setzen sind.
Preislich liegt das Set vollkommen im Rahmen, auch wenn hier Lizenzgebühren für das Museum der Verbotenen Stadt einkalkuliert sind; ebenso kann das Set qualitativ überzeugen. Vielleicht hat ja der eine oder andere Baumeister auch die Idee, die Steine später für andere Bauwerke zu verwenden. Gerade die Platten in Trans-Light-Blue bieten sich dafür besonders an, zumal diese eine Seltenheit bei Lego darstellen.
Die Qualität der Steine ist durchaus als sehr gut zu bezeichnen – da fallen äußerst seltene, sehr kleine Abweichungen kaum ins Gewicht. Vom Finish her sind die Steine kaum von denen des Marktführers zu unterscheiden. Ebenso werden Anfänger kaum Probleme beim Aufbau des Sets haben, werden doch keine unnötig komplizierten Bautechniken eingesetzt.
Anmerkung zum Review
Der Wasser-Tempel mit Spiegelung (K10112) von Keeppley wurde Just Bricks freundlicherweise von Steingemachtes für den Review zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme auf den Artikel fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand ebenfalls nicht.
Der Wasser-Tempel mit Spiegelung (K10112) von Keeppley bei Steingemachtes
Keeppley K10112 – Wasser-Tempel mit Spiegelung – Slideshow
Keeppley K10112 – Wasser-Tempel mit Spiegelung
- grundlegende Idee hinter dem Modell
- gute Anleitung
- sehr gute Steinequalität
- stabile Bauweise
- nur in engem Blickwinkel stellt sich das Modell wie gewollt dar
- Rückseite offen und leer, nicht zum Betrachten gedacht
- falsche Darstellung des vorgelagerten Gebäudes als Säulengang