Jie Star veröffentlicht mit dem Post Office (89126) ein mit viel Liebe zum Detail umgesetztes und schön anzusehendes Modell, welches aber ebenso mit leichten konstruktionellen Schwächen zu kämpfen hat. Die interessanten Bautechniken sowie die gut umgesetzte Bauanleitung bescheren dennoch über lange Zeit einen hohen Bauspaß. Der chinesische Hersteller sollte so langsam jedoch damit aufhören, sich ohne Abmachungen bei anderen Designern zu bedienen.
Das Modell
Dass es sich bei dem Post Office von Jie Star um kein kleines Modell handelt, wird schnell an der 58 × 53 × 14 cm (H × B × T) großen und mit 4.560 Teilen gefüllten Verpackung deutlich. Dadurch hat das Set auch seinen Preis, mit knapp 200 Euro sollte muss hierzulande gerechnet werden. Die für den Aufbau benötigten Teile sind dabei in vier einzelne Kartons gepackt, die den Inhalt gut zusammenhalten. Im Gegensatz zu den bedruckten Exemplaren der Lisbon Tram (Review) sind diese im, für Kartons üblichen, schnöden Braun gehalten und zudem nach oben offen.
Ohne die Innenverpackung wären die oberen 10 cm des großen Kartons zwar mit Luft gefüllt, aufgrund der Steinemenge würde sich dieser dann aber nach außen ausbeulen, was ihn wiederum ebenso instabiler werden lassen würde – daher besitzt die Innenverkleidung durchaus ihren Sinn. Dem Anschein nach hat der Hersteller bei dieser mehr Wert auf eine einfache Befüllung in der Produktion als auf die für den Baumeister sinnvollere Vorsortierung gelegt. Zwar sind die Steine in insgesamt 18 Tüten gefüllt, die gleichzeitig die einzelnen Bauabschnitte darstellen, diese sind in den angesprochenen 4 kleineren Kartons aber wild verteilt. Einfacher wäre es hier wirklich gewesen, die Tüten der Reihe nach zu verteilen, sodass der Baumeister nur den entsprechenden Karton für die nächsten Abschnitte hätte entnehmen müssen.
Die Bauanleitung ist einigermaßen geschützt verpackt, beim Testmodell ist diese lediglich leicht gewellt vorgefunden worden, aber ansonsten, von einem leichten „Eselsohr“ auf der letzten Bauseite abgesehen, im Grunde unversehrt geblieben. Das Set selbst enthält keine Aufkleber, alle grafischen Elemente sind durch Prints realisiert.
Ohne Lizenz
Erneut und für Jie Star leider üblich stellt auch das vorliegende Set ein unlizenziertes MOC von Brickative dar dar, welches, abgesehen von ein paar farblichen Änderungen, dem Anschein nach nahezu 1:1 übernommen wurde. Während zu der Vorlage noch ein alter Bus gehört, spart sich Jie Star diesen ein. Wer also fair sein will, lässt der Designerin Agata Baśkiewicz 27 US-Dollar für ihre Bauanleitung zukommen und nutzt das Set damit als Steinequelle.
Auf der anderen Seite darf aber ebenso nicht unerwähnt bleiben, dass sich Brickative bisher immer gegen eine Lizenzierung an alternative Hersteller ausgesprochen haben, da ihre Modelle nur mit den Steinen von Lego gebaut werden sollen. Wird der Community glauben geschenkt, sollen die Nutzungsbedingungen der Anleitungen sogar den Bau der MOCs mit Steinen alternativer Hersteller untersagt werden. Diese Aussage kann an dieser Stelle aber weder bestätigt noch dementiert werden. Üblich ist jedoch meist, dass die Designer einen funktionierenden Aufbau nur mit den Steinen des Marktführers garantieren.
Im Gegensatz zu den auf diversen chinesischen Shops angebotenen Sets wird das vorliegende Exemplar, aufgrund der ansonsten zu befürchtenden Markenrechtsverletzungen gegenüber Lego, ohne Figuren ausgeliefert. In diesem Fall ist dieses aber angebracht, da Jie Star nach wie vor das Aussehen der Mini-Figuren des dänischen Marktführers komplett übernimmt – was in China wiederum jedoch kein Problem darstellt, da diese dort nicht entsprechend geschützt sind.
Die Anleitung
Wie auch bei anderen Sets von Jie Star ist auch dieses Mal die Anleitung in etwa der Größe eines DIN-A4-Blattes nachempfunden und wird auch im vorliegenden Fall im Querformat gelesen. Diese ist 168 Seiten stark und führt in insgesamt 477 Schritten zum fertigen Modell. Aufgrund der bereits genannten Markenrechte des dänischen Marktführers wurde der letzte Bauschritt, bei dem es sich um das Zusammensetzen der Mini-Figuren dreht, überklebt.
Die Druckqualität der Bauanleitung ist in Ordnung, auch wenn andere Hersteller mittlerweile oftmals eine deutlich feinere Darstellung ausliefern. Dennoch sind alle Schritte auch für unerfahrene Baumeister gut zu erkennen. Die Anzahl der einzelnen Bauschritte pro Doppelseite variieren stark, mal sind es nur derer zwei, an anderen Stellen sind es dann auch mal 8 oder mehr.
Jie Star setz bei der Darstellung der einzelnen Bauschritte, wie von vielen anderen alternativen Herstellern bekannt, ebenso auf das Prinzip der Reduktion. Das bedeutet, dass nur neue Teile in ihren eigentlichen Farben und voller Deckkraft dargestellt werden, bereits Verbautes wird dagegen abgeschwächt gezeigt. Dafür greift der chinesische Hersteller erneut auf ein Blau-Grau zurück. Solch ein Vorgehen besitzt sowohl Vor- wie auch Nachteile: Gerade bei komplexeren Bauvorhaben wird somit der Fokus immer auf die neuen Steine und damit auf das Wesentliche gehalten. Andererseits können andere Steine mit ihren Farben durchaus zu einer besseren Orientierung beitragen.
Auch für Anfänger verständlich
Das Festhalten an der Gestaltung der Bauanleitungen vorheriger Modelle sorgt ebenso dafür, dass der Aufbau auch bei der vorliegenden Anleitung in isometrischer Ansicht und zumindest bei der hauptsächlichen Darstellung immer aus dem gleichen Winkel betrachtet wird. Sollten aber einmal Steine etwas verdeckt sein, wird dieser Teil in einem kleinen rundlichen Fenster noch einmal aus einem anderen Blickwinkel gezeigt. Das vereinfacht den Aufbau ungemein und beugt einem Verbauen vor.
Die für jeden Bauschritt benötigten Teile werden in einem kleinen Kasten und meist links oben angezeigt. Aufgrund des limitierten Platzangebotes werden die darin enthaltenen Teile nicht immer in ihrem wirklichen Größenverhältnis zueinander angezeigt, was vor allem Neulinge an manchen Stellen, wenn die tatsächliche Größe nicht sofort erkannt wird, für Probleme sorgen kann. Dies kann gerade bei Steinen ohne Noppen, wie unter anderem Fliesen, schnell der Fall sein. In diesen Fällen gibt Jie Star dem Baumeister mit der entsprechenden Noppengröße eine wichtige Hilfestellung an die Hand. Bei der Anzahl an neuen Steinen traut Jie Star seinen Käufern dem Anschein nach mehr zu als es beim dänischen Marktführer der Fall ist, dennoch hält sich diese auch beim chinesischen Hersteller in Grenzen – die Menge von 20 Steinen wird nur selten überschritten.
Die genannten Umstände sorgen dafür, dass, abgesehen von der Komplexität des Modells selbst, auch Neu- und Wiedereinsteiger im Bereich der Klemmbausteine in der vorliegenden Anleitung schnell zurechtfinden. Erfahrene Baumeister sollten sich dagegen sofort wie zuhause fühlen.
Der Aufbau
Es ist manchmal vielleicht etwas müßig zu lesen (und für den Autor dieses Reviews ebenso müßig zu schreiben), aber irgendwo muss der Anfang gemacht werden. Und wie so oft beginnt dieser bei Modellen aus dem Modular-Segment beim Legen des Gehweges vor dem Haus. Da macht auch das Post Office keine Ausnahme. Da jeder Bauabschnitt des Modells lediglich eine größere Tüte mit meist drei bis vier kleineren Folienbehältern führt, ist das Sortieren der Steine schnell erledigt. Sind die knapp 50 Fliesen verlegt, geht es, wie ebenfalls so oft, an den Grundriss des Gebäudes. Für diesen wird auf der rechten Hälfte der Base Plate zunächst eine Reihe von 2 Noppen breiten Platten unterschiedlicher Länge gelegt und mehrere eine Noppe breite Plates darüber angebracht. Die dabei entstandenen freien Flächen werden anschließend mit größeren grauen Platten und diese wiederum erneut mit diversen Fliesen, samt kleinem Mosaik, in verschiedenen Größen belegt – was den Boden schließlich um eine Höheneinheit anhebt.
Im zweiten Bauabschnitt wird dann mit dem linken Gebäude begonnen, welches später das Treppenhaus darstellen soll und das insgesamt um zwei Einheiten höher gelegt wird. Gleichzeitig werden im weiteren Bauverlauf die Treppe am Eingang sowie die ersten zwei Mauerreihen hochgezogen, während auf der anderen Seite ebenfalls der Eingangsbereich mit großer abgerundeter Treppe gefertigt wird. Noch ein paar Verzierungen angebracht und die ersten beiden Bauabschnitte sind nach rund 80 Minuten zu Ende gebracht.
Rauf, rauf, rauf, immer schön die Treppe rauf
Im dritten Bauabschnitt wird sowohl der Eingangsbereich des Treppenhauses, samt Wänden und hinteren Fenstern, sowie erste Verzierungen des eigentlichen Postamtes im rechten Gebäude gebaut. Der Bauvorgang selbst beginnt mit dem linken Treppengeländer, welches aus 1 × 1 Rundstein-Kegeln mit 3 und 4 Einheiten hohen Stäben als Streben an den Seiten und einer Kombination aus Stabhaltern und Stab mit Clip darüber gefertigt wird. Aus den Stäben mit Clips auf einer Seite werden ebenso die Verzierungen vor dem Fenster neben der Treppe gebaut. Hier ist es wichtig, diese nicht zu tief in die 1 × 1 Brick Modified mit Noppen an der Seite zu stecken, sonst wird die Lücke zwischen dem linken und rechten Element zu groß und die Wirkung ist nicht mehr so stark. Leider werden diese mittels 2/3-Pins ohne Friktion in 1 × 1 Noppen große Techniksteine mit Loch innen eingesetzt, sodass sich diese zu leicht drehen lassen und daher bereits bei flüchtiger Berührung ihre Position ändern.
In den weiteren Bauschritten wird die Mauer gebaut sowie die Fenster eingesetzt, bevor mit der Treppe der Weg nach oben geebnet wird. Auffällig ist hierbei, dass, entgegen dem Innenraum des Postamtes, der Raum nicht gefliest ist. Auch wenn dieser im Grunde eben nur eine Treppe samt Geländer beinhaltet, hätte die 10 × 11 Noppen große Grundfläche dennoch geglättet werden können – den Preis hätte dies sicherlich nicht sonderlich in die Höhe getrieben. Abschließend wird mit der Fertigung der ersten wirklichen Einrichtungsgegenstände in Form eines schmalen Sideboards mit Schubladen und Schreibmöglichkeit begonnen.
Von Türen, die sich nicht öffnen lassen
Danach geht es an die Fertigung der Tür für das Treppenhaus sowie die Eingangstür für die Angestellten des Postamtes, wobei bei ersterer über die SNOT-Bauweise (Studs Not On Top) von links nach rechts gebaut wird, bei letzterer auf eine Kombination aus traditioneller und der genannten Bautechnik zurückgegriffen wird. Durch die erneute Verwendung von 1 × 1 Brick Modified mit Noppen an der Seite kann diese Türumsetzung zusätzlich über die an diese grenzende Wand stabilisiert werden, wogegen die Eingangstür des linken Gebäudes einfach nur in einen Spalt zwischen den Fliesen gesteckt und im Grunde nur durch die linken und rechten Mauerteile sowie einer darüber gelegten 1 × 8 Noppen lange Plate gehalten und fixiert wird.
Im vierten Bauabschnitt werden die äußeren Verzierungen weiter fortgeführt, bevor der Innenausbau weiter ins Auge gefasst wird. Hierbei werden zunächst die Sitzgelegenheiten für die Angestellten hinter dem Schalter eingesetzt, bevor es an die Schreibtische vor diesen geht. Gleichzeitig werden eine Rückwand mit verschiedenen Regalen und Verstaumöglichkeiten gebaut, bei welchen interessante Bautechniken zum Einsatz kommen, die gleichzeitig für jeden MOC-Anfänger ein Gewinn sein können. So wird bei einem Segment auf einer Breite von vier Noppen graue und weiße 1 × 2 große Jumper Plates leicht versetzt übereinander gebaut, sodass das Segment vertikal angebracht den Anschein von Briefumschlägen in einem Regal erweckt. Weiter werden über verschiedene Plates mit einer Fliese als Abschluss, die eine Noppe aus der Wand herausragen, und die von nach der SNOT-Bauweise übereinander liegend angebrachten Fensterrahmen umschlossen werden, der Illusion von größeren Regalfächern vermittelt wird. Zu guter Letzt werden über ebenfalls vertikal auf einer Plate angebrachten Eck-Winkelfliesen kleine Einlegefächer geschaffen. Damit dürften die Angestellten des Postamtes genügend Ablageflächen für ihre Arbeit besitzen.
Techniken, die das Baumeisterherz höher schlagen lassen
Interessant ist auch die Bauweise der Schalterwand. Bei dieser werden vier Mülleimer übereinander gesteckt und liegend an eine 1 × 2 Noppen große und zwei Einheiten hohe Brick Modified mit Noppen an den Seiten angebracht, welche somit die untere Ebene der Abgrenzung bilden. Darüber werden dann mit normaler Bauweise die Schalterfenster inklusive kleiner Durchreiche für Pakete gefertigt. Das sieht alles sehr rustikal und schön aus. Gleichzeitig wird die rechte Eingangstür, welche in den Kundenbereich des Postamtes führt, nach gleicher Bauweise wie die Tür des linken Gebäudes gebaut und eingesetzt.
Die nächsten 2 Stunden wird der Baumeister im 5. und 6. Bauabschnitt damit verbringen, sowohl die Fassade wie auch kleine Teile des Innenlebens auszubauen. Dazu gehört neben der Vollendung der Treppen zum ersten Stock des Bauwerkes vor allem die Ausarbeitung der Front. Hier sind zwar keine besonderen Bautechniken zu beobachten, dennoch gestaltet sich die Fertigung als durchaus abwechslungsreich. Interessant ist vor allem die Anbringung des Balkons im 6. Bauabschnitt, welcher im Grunde auf dem Kopf stehend auf einer ebenfalls gedrehten 2 × 3 Platte mit Loch angebracht wird. Gehalten wird dieser zusätzlich über das darüber aufgelegte Stockwerk.
In den nächsten Abschnitten wird zunächst die Mauer auf der rechten Seite des Postamtes gebaut, mit der es eine besondere Bewandtnis hat: Sie lässt sich herausnehmen und gibt somit den Blick auf das Postamt im Inneren frei. Gleichzeitig wird in dieser etwas verbaut, was Post- oder Schließfächer darstellen könnte.
Darüber hinaus wird in diesem Abschnitt aus zwei Lagen Platten die Grundlage für den Wohnraum darüber geschaffen, der in folgenden drei Bauabschnitten weiter mit Außenmauern und Fassade versehen wird. Gleichzeitig wird an der Gestaltung der kleinen Wohnung mit Wohnzimmer, Küche, Badezimmer und einer kleinen Büroecke gearbeitet. Auch hier finden Baumeister, welche sich in eigenen Modular-MOCs versuchen wollen, zahlreiche Ideen für Möbel und andere Umsetzungen. Erstaunlich ist zudem, was die Designer hier auf kleinem Raum unterbringen konnten.
Durchblick nicht immer von Vorteil
Als Nächstes wird das Wohnzimmer weiter ausgebaut und hier wird erneut gezeigt, wie vielfältig sich manche Steine verwenden lassen. In diesem Fall ist es eine Plate Modified mit Leiter an der Seite, die zum einen für einen, dem Anschein nach, in die Wand eingelassenen Heizkörper genutzt wird, aus denen andererseits auch die Rückenlehnen der Stühle am Esstisch gefertigt werden. Anschließend werden die beiden Türen eingesetzt, bei denen die Umsetzung jedoch ein wenig verwundert: Eine transparent durchsichtige Badezimmertür, welche direkt den Blick auf die Dusche und vor allem auf das stille Örtchen freigibt?
In den folgenden Bauschritten wird sich wieder dem Ausbau der Wände gewidmet sowie die Fassade weiter ausgeschmückt. Am Ende wird, wie beim Erdgeschoss, die rechte Seitenwand separat gefertigt und eingesetzt. Wie bereits beim Postamt wird auch in dieser etwas eingebaut – dieses Mal ein Teil der Küche bestehend aus dem Herd samt Abzugshaube, ein kleines Regal und eine Uhr. Anschließend ist die Wohnung über dem Postamt fertiggestellt. Wird diese aufgesetzt und das bisher gebaute Modell von der Seite betrachtet, wird dem Baumeister schnell der seitlich „eingebaute“ Schriftzug gewahr.
Da das Treppenhaus nun etwas zurückliegt, geht es bei diesem weiter. Dabei könnte der Verdacht aufkommen, dass dieses in vielen Teilen einen Kontrast zum restlichen Modell darstellen soll – denn auch die erste Etage ist nicht gefliest. Noch mehr: ebenso der kleine Vorsprung vor den Fenstern (diesen einen Balkon zu nennen wäre vielleicht doch etwas zu viel erwartet) bleibt mit Noppen versehen. Die Vermutung wird auch in den darauffolgenden Bauabschnitten genährt, wenn das Segment weiter ausgebaut und es noch etwas skurriler wird. So bleibt das Treppenhaus, wie beschrieben, noppig, der Teil vor dem Zugang zur Wohnung wird jedoch mit hellbraunen Fliesen ausgelegt, welche ebenso am Übergang in der Wohnung geklemmt werden.
Pfusch am Bau
Darüber offenbart die vordere Fassade des Treppenhauses ein paar bauliche Mängel. Dieses wird aus einer Mischung aus SNOT- und konventioneller Bauweise und aus drei Segmenten errichtet. Massiv werden dabei nur die beiden äußeren Bereiche gebaut, die dann mittels drei Pin-Konnektoren auf den jeweiligen Noppen verbunden werden. In der Mitte werden dann übereinander gebaute Fenster eingeschoben. Dabei werden mehrere Probleme offenbar: So wird das vertikal eingesetzte Segment nur unten wirklich zwischen den Mauern eingeklemmt, oben ist zur Seite ein deutlicher Spalt vorhanden. Dadurch läuft das Konstrukt nach oben hin leicht aber sichtbar auseinander – auch die ebenso vertikal eingesetzten 2 × 8 Plate Modified mit Türschiene können den erkennbaren Spalt nicht komplett verdecken. Somit wirkt der Aufbau etwas verzogen.
Noch deutlicher kommt das Problem in der Etage darüber zum Tragen. Auch wenn sich dieses unter anderem durch die kleineren Fenster in der unteren Reihe und jeweils zwei 1 × 1 Plate Modified mit Clips in jeder Fensterreihe von dem vorher beschriebenen Segment in Sachen Aufbau unterscheidet, ist das Konstrukt in weiten Teilen identisch zum vorherigen. In der Mitte sollen unter den Clips nun zusätzlich 1 × 2 Noppen große Plate Modified mit Türschiene eingesetzt werden – was in der Mitte wegen den erneut verwendeten großen Platten mit Türschiene nicht möglich ist, da die Steine sich im Grunde hinter der vertikalen Schiene befinden müssen. Hier muss auf eine normale 1 × 2 Plate aus eigenem Bestand zurückgegriffen werden, damit das Segment so passend gebaut werden kann.
Ein Haus benötigt auch ein Dach, welches in den letzten Bauabschnitten gebaut wird und mit denen der Baumeister so langsam auf die Zielgerade einbiegt. Vorher aber stehen noch das Schlafzimmer und die Fertigstellung des Treppenhauses an. Beides wird im Grunde genauso gebaut wie die vorherigen Etagen auch. Beim Schlafgemach ist der Raum jedoch etwas kleiner, was für einen kleinen Balkon auf zwei Seiten sorgt – der aber, wie viele andere Bereiche im Modell, nicht gefliest ist. Darüber hinaus lässt sich die Ausgangstür nicht komplett öffnen, was das Erscheinungsbild des Stockwerkes etwas schmälert. Das Dach wird einige Schritte später aus normalen Slopes mit einem Winkel von 45° gebaut. Im Gegensatz zu anderen Umsetzungen ist dieses zwar nicht abnehmbar, dafür aber zur rechten Seite aufklappbar.
Mit der Vollendung des Treppenhauses wird dann gleichzeitig eine Verbindung zwischen der ersten Etage und dem Dachgeschoss geschaffen. Dieses ist zudem reichhaltig verziert und in seiner aus normalen schrägen Dachteilen einerseits sowie den runden Erkern andererseits geschaffenen Form sehr ansehnlich. Auch an diesen Stellen können angehende MOCer viel lernen.
Als letzte Amtshandlung wird das Postauto zusammengesetzt, bei dem erneut interessante Bautechniken zum Einsatz kommen. Zwar eignet sich das Vehikel aufgrund der filigranen Bauweise nicht für den Spieleinsatz, der aus Steinen gefertigte „Mail“-Schriftzug dürfte dagegen einen Blickfang darstellen.
Im Review hat das Set für 16 Stunden andauernden hohen Bauspaß gesorgt, bevor es am Ende mit 25,5 × 20 × 49 cm (B × T × H) vor dem Baumeister steht und das Postamt darauf wartet, seine Geschäfte aufzunehmen.
Qualität der Steine
Im Gegensatz zur Lisbon Tram fällt die Qualität beim vorliegenden Set vom Jie Star etwas ab. Es scheint, als habe der Hersteller nach wie vor mit Schwankungen in der Produktionsqualität zu kämpfen. Das wird vor allem an der Oberflächenbeschaffenheit vieler Steine deutlich, die etwas abgestumpft wirken. Auch sind an der einen oder anderen Stelle farbliche Schlieren zu erkennen. Gleiches gilt für die transparenten Teile, welche aber zumindest keine starken Kratzer aufweisen und damit eine bessere Qualität aufweise als das, was manch anderer Hersteller bietet.
Auffallend ist jedoch, dass die Steine selbst nicht immer die exakt gleiche Größe besitzen. Das wird vor allem bei großen Flächen wie den Wänden deutlich: Hier sind die aufeinander geklemmten Steine immer wieder zueinander leicht versetzt – wenn auch nur minimal, was aber vor allem bei Platten deutlich wird. Dennoch reicht dies aus, dass diese Flächen nicht komplett eben sind und eine gewisse Unruhe hineinkommt. Auf der anderen Seite kann diesen Wänden zwar eine gewisse „Natürlichkeit“ bescheinigt werden, dennoch sollten Steine eben abschließen.
Die Farbgleichheit lässt dagegen keinen Grund zur Kritik aufkommen. Auch bei den Wänden wirkt alles dahingehend wie eine homogene Fläche. Gegenüber den Farben des Marktführers sind jedoch teilweise Unterschiede auszumachen. So weisen die Standardfarben wie Weiß sowie Hell- und Dunkelgrau keine Abweichungen auf, bei den anderen Farben sind die Steine von Jie Star etwas dunkler gefertigt. Die Klemmkraft ist ebenso wenig zu beanstanden, diese bewegt sich auf einem optimalen Niveau, bei dem die Steine gut halten und das Modell stabil machen, aber sich ebenso leicht wieder lösen lassen.
Das Set enthält keinerlei Aufkleber, dafür aber viele bedruckte Steine, meist in Form von 1 × 2 Fliesen mit Briefumschlägen oder anderen Elementen. Die Qualität ist dabei sehr gut.
Fazit
Das Post Office von Jie Star stellt an sich erneut ein schön umgesetztes Modell mit vielen interessanten Bautechniken, welche angehende MOCer gerne aufnehmen werden, dar. Für den Preis von knapp unter 200 Euro hätte dem Set eine Lizenz des Original-MOC gut zu Gesicht gestanden und damit auch den Designer entlohnt.
Der Aufbau des Bauwerkes geht weitestgehend leicht von der Hand, dazu trägt die gut aufgebaute und leicht verständliche Anleitung in nicht geringem Maße bei. Auch gibt es viele schöne Umsetzungen, angefangen beim Innenraum der Poststelle, über die Wohnungen an sich bis hin zum Schriftzug auf der Seitenmauer des Hauses. Hier wurde mit viel Liebe zum Detail gearbeitet. Dazu gehört ebenso, dass manche Teile in einer Form verwendet werden, an die andere Baumeister vielleicht nie gedacht hätten. Aber auch das kleine Postauto weiß in seiner Gestaltung zu gefallen.
Lediglich bei der vorderen Fassade des Treppenhauses kommen Umsetzungen zum Einsatz, die nicht ganz zu Ende gedacht wurden und das Konstrukt ein wenig „schief“ wirken lassen. Andere Umsetzungen verwundern ein wenig: So sind das Postamt sowie die Wohnung komplett gefliest – das Treppenhaus dagegen nicht, auch wenn dies keinen großen Aufwand darstellen würde. Daher müsste der Baumeister mit kleinem Aufwand das Umsetzen, was, zumindest gemessen am Verkaufspreis, hätte dazu gehören müssen.
An der Steinequalität muss Jie Star indes noch ein wenig feilen, hier scheint es doch Schwankungen zu geben. Die leicht stumpf wirkende Oberfläche mancher Steine sowie deren Versatz zueinander, der bei den Mauern zu erkennen ist, sind beim Modell der Lisbon Tram nicht zu beobachten gewesen. Die Set-Nummer ist beim Post Office zwar kleiner als bei der Lisbon Tram, ob die Sets aber zeitlich weit genug auseinander liegen, dass bei letzterem qualitativ höherwertige Steine zur Verwendung gekommen sind, ist nicht bekannt. Auffällig ist jedoch beim neueren Set auch die aufwendigere Verpackung. In Sachen Klemmkraft und Farbgleichheit gibt es dagegen keine Beanstandungen.
Mit, wie bereits geschrieben, knapp 200 Euro ist das Post Office kein Schnäppchen, was manchen interessierten Käufer vielleicht zweimal überlegen lässt. Bis auf die beschriebenen kleinen konstruktionellen Schwächen stellt das Post Office von Jie Star aber ein schön ausgearbeitetes Modell dar, dem zumindest ein Blick geschenkt werden sollte.
Anmerkung zum Review
Das Post Office (89126) von Jie Star wurde Just Bricks freundlicherweise von die Klemme für diesen Review kostenlos zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme auf den Artikel fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand ebenfalls nicht.
>> Das Post Office (89126) von Jie Star bei „Die Klemme“
Jie Star 89126 – Post Office im Review – Slideshow
Jie Star 89126 - Post Office im Review
- schön umgesetztes Modell
- interessante Bautechniken
- hoher und langer Bauspaß
- leicht verständliche Anleitung
- unlizenziertes MOC
- einige Steine wirken stumpf
- leichte konstruktionelle Schwächen
- nicht gesamtes Modell gefliest
4 Kommentare
Heiko b
1 fantasievollen und detailreichen modell 1 poststation mit postfahrzeug, das wahrscheinlich nicht nur mir gefallen tut trotz pro und contra Punkte zum Kauf dessen
Wenn ich mir überlege, wie nüchtern und detailliert so manches Postamt bzw so manche Poststelle in deutschland und in Europa aussehen, so könnte ich in solch 1 modellbauwelt flüchten mit allen kleineren und grösseren Details daran. Manchmal wünsche ich mir, dass so manches Modell aus bausteinen mal in der Realität auferstehen könnte mit allen Details daran.
Allein das postfahrzeug wäre für mich der Kauf dessen wert. Aber ich möchte noch anmerken, dass die beiden geweihförmigen Bauteile an der Front des postfahrzeuges nicht ganz perfekt sitzen, aus welchen Gründen hier auch immer.
Auch ich finde es nicht gerade begeisternd, dass so manches Modell einfach kopiert werden und dann so auch noch Manchmal für 1 heidengeld veräußert werden. Hoffentlich kaufen viele dieses Modell, weil es ihnen gefällt, und überweisen dann die Summe von 30 bis 35 Euro an den ursprünglichen entwerfer dessen, aber damit wird das Unrecht seitens des Anbieters nicht ausgemerzt.
Brickolo
Wirklich ein sehr netter Hingucker – was vor allem wohl der Kreativität von Brickative geschuldet ist. Schade, dass die Qualität der Steine an manchen Stellen für Probleme sorgt oder würde das Auseinandergehen der Fenster auch durch bessere Steine verursacht werden?
Auch dass das Kupferdach mittendrin grün, statt sandgrün, ist empfinde ich als ziemlichen Schnitzer beim Design. Wäre interessant zu wissen, ob dies auch im Oroginal so gedacht war oder Jie Star sich einfach vertan hat. Vielleicht haben sie aber auch die Steine in der Farbe nicht zur Verfügung?
Jedenfalls Danke für ein wie immer schön detailliertes Review.
Michael Schäfer
Immer wieder gerne….;-)
Heiko b
Auch ich möchte ich mich für die ausführliche Review mit pro und contra bedanken bei Ihnen.
Ich mag es auch nicht so sehr, wenn man bei entwerfern und Erbauer von Modellen seitens diverser asiatischer hersteller einfach illegal Entwürfe “ausleiht” und diese dann als “eigenentwürfe” anbietet und so meiner Meinung auch so sehr illegal geistigen Diebstahl begeht bei diesen.
Man denkt sich wahrscheinlich, wenn man diverse Kleinigkeiten am Modell abändert, wie z b die Farbe der Wände oder auch die Farbe des Daches o ä m, umgeht man so die Lizenz seitens des ursprünglichen Designers und man kann es dann so einfach ungeniert verkaufen über diverse Internetseiten. Das wäre für mich auch 1 no go. Also Finger weg davon oder kauft diese bei den entwerfern, so sehr könnte doch 1 Lizenz nicht den Kaufpreis dafür belasten