Bausteinfreunde, wir müssen reden! In der letzten Zeit treten immer mehr Fälle auf, in denen vor allem chinesische Hersteller MOCs als eigene Kreationen ausgeben und zum Verkauf anbieten – ohne dass der Designer dafür vergütet wird. Dabei steht vor allem eine Frage immer mehr im Raum: Wie mit dieser Situation umgehen? Denn eines sollte bereits jetzt klar sein: Das Problem wird nicht mehr aus dieser Welt verschwinden. Der Versuch einer Lösungsfindung.
Unerwartet komplexes Thema
Wird sich die Zeit genommen, das Problem einmal genauer zu betrachten, wird eine Vielschichtigkeit deutlich, mit welcher so kaum gerechnet wurde. Die erste Frage, welche in diesem Zusammenhang oft im Raum steht: Wie sieht es dabei mit dem Urheberrecht aus? Je nach Schöpfungshöhe können natürlich auch eigene Klemmbausteinwerke unter den Schutz fallen. Ob dies der Fall ist, ist jedoch von Land zu Land verschieden und muss zudem meist im Einzelfall entschieden werden – eine verbindliche Aussage hierbei zu treffen ist im Grunde unmöglich. Innerhalb der Europäischen Union dürfte es für einen MOCler aufgrund von übergreifenden Gesetzen noch vergleichsweise einfach sein, sein Recht durchzusetzen. Sitzt der Hersteller jedoch außerhalb, wird es schwieriger. Das Problem beginnt schon mit der Feststellung, welches Gericht überhaupt für eine Klage zuständig wäre und wie streng dort das Urheberrecht ausgelegt wird. Ein Beispiel: Soweit uns bekannt ist es in der Europäischen Union erlaubt, Fahrzeuge als Modell zum Kauf anzubieten und diese auch mit den nötigen Merkmalen (Logos, ect,…) zu versehen. Außerhalb der Union ist dieses wiederum in vielen Ländern nicht erlaubt. Es spielt somit schon eine große Rolle, wo der Designer seine Rechte einfordern will. Hier könnte es somit als durchaus im Bereich des Möglichen liegen, dass die Verwendung einer fremden Bauanleitung noch keinen rechtlichen Verstoß darstellt.
Andere Wertevorstellungen
Neben der rechtlichen gibt es zudem noch die moralische Komponente. Doch sollte man dem Fehler unterliegen, generell westliche Maßstäbe auf andere Länder anzulegen? Zudem kann davon ausgegangen werden, dass dort, wo andere rechtliche Maßstäbe gelten, die moralische Vorstellung eine andere ist. Vielleicht liegt es darin begründet, dass viele der kopierten Modelle aus China stammen. Das soll nicht bedeuten, dass das Rechtssystem in China keinen funktionierenden Urheberschutz bereitstellt, im Gegenteil – doch wie so oft gilt: Wo kein Kläger, da kein Richter. Der Grund dafür dürfte vor allem im benötigten finanziellen Rahmen liegen, über den, wenn überhaupt, nur wenige MOCler verfügen dürften.
Zudem sollte nicht der Versuchung unterliegen werden, alle Sets von chinesischen Herstellern als Plagiate anzusehen. Dieser Verdacht wurde unter anderem auf dem von uns sonst sehr geschätzten Portal Promobricks aufgeworfen, aber im Grunde mit keinem Satz belegt. Solche Äußerungen sind wenig zielführend und tragen wenig zu einer Lösung des Problems bei, sondern spalten die Klemmbausteingemeinschaft noch mehr.
Frust bei Designern mehr als verständlich
Bei allen Argumenten gilt es zudem auch die Seite der MOCler nicht außer Acht zu lassen. Jeder, der nicht nur fertige Sets aufbaut, sondern auch selber kreativ ist, weiß, wie aufwendig die Erstellung von komplexen Modellen sein kann. Das Erstellen einer (vor allem verständlichen) Bauanleitung ist dabei noch einmal eine ganz andere Baustelle. Wie aufwendig, auch vom zeitlichen Faktor her, so etwas sein kann, zeigt Thorsten Klahold auf seinem YouTube-Kanal „Johnny’s World“ eindrucksvoll am eigenen MOC einer Ritterburg. Nicht selten liegt der zeitliche Aspekt einer solchen Anleitung bei größeren Modellen im mittleren zweistelligen Stundenbereich – teilweise sogar höher. Am Ende veröffentlicht der Baumeister seine fertige Anleitung für einen kleinen Unkostenbeitrag auf Portalen wie Rebrickable und erfährt vielleicht später, dass ein Hersteller dieses Set ohne Nachfrage als seine eigene Kreation auf den Markt gebracht hat. Der Frust dürfte mehr als verständlich sein.
Vorwurf der Bereicherung
Dennoch kann der Vorwurf einiger Designer gegenüber den Verkäufern, dass sich diese an den Rechteverletzungen anderer bereichern, nicht unkommentiert gelassen werden. Das Problem für Händler, Käufer, YouTuber und Blogger ist am Ende das Gleiche: Wie sollen entsprechende Sets erkannt und wie soll mit ihnen umgegangen werden? Jedem dürfte dabei klar sein, dass eine Lösung gefunden werden muss, da die Problematik nicht wieder verschwinden und uns somit weiterhin begleiten wird.
Das Erkennen der Sets dürfte das größere Hindernis darstellen. Gerade im deutschsprachigen Raum herrscht im Bezug auf alternative Hersteller von Klemmbausteinen eine Art Goldgräberstimmung: Ständig gelangen bisher unbekannte Hersteller und neue Modelle in unsere Breitengrade, die Übersicht zu behalten erscheint schon jetzt als aussichtsloses Unterfangen. Eine Bildersuche ist natürlich schnell angestoßen und birgt gute Chancen bereits auf Rebrickable veröffentlichte Sets ans Tageslicht zu befördern, darüber hinaus wird es aber schwieriger. Und die Händler? Diese müssen sich nicht selten auf die Aussagen der Hersteller verlassen, gerade wenn man in China bei selbigen im Showroom steht und aufgrund der Abgeschottenheit des Landes so gut wie keine Möglichkeiten besitzt, entsprechende Angebote vor Ort zu prüfen.
Zwar reden Fachanwälte für das Urheberrecht immer von einer „Mitwirkungspflicht“, doch auch diese dürfte ihre Grenzen besitzen – je nach betriebenen Aufwand. Ein Modell auf Rebrickable zu finden ist die eine Sache – aber was ist, wenn der MOCler das Set in einem brasilianischen Forum innerhalb eines geschützten Bereiches vorgestellt hat, auf den Suchmaschinen keinen Zugriff besitzen? Oder die Suchmaschine schlicht nichts findet?
Mit gutem Beispiel voran
Wird ein solches Set erkannt, kann man beim Hersteller nach der entsprechenden Lizenz und der Vergütung an den Designer fragen. Kommen Zweifel auf, wird das Set nicht bestellt. Doch was, wenn sich die Modelle bereits im eigenen Laden oder Online-Shop befinden oder der Hersteller schlicht und einfach die Unwahrheit gesagt hat? Erneut hat Thorsten Klahold hier gezeigt, wie es gemacht werden kann, in dem er entweder zu den Modellen einen Hinweis aufführt und auf die Originalbauanleitung verweist, oder sogar versucht, mit den Designern zumindest für die von ihm importierten Sets eine Lizenzeinigung zu finden. In beiden Fällen wird sich darum bemüht, dass auch die ursprünglichen Gestalter ihren Lohn erhalten. Dass das nicht immer möglich ist, liegt oftmals auch an den Designern selbst, welche die Verbindung zu den chinesischen Herstellern meiden wie der Teufel das Weihwasser. Natürlich ist das ihr gutes Recht, doch sollte ihnen klar sein, dass sie sich mit diesem Verhalten am Ende nur selber im Weg stehen – denn dass die Sets in China und anderen Ländern verkauft werden, können sie meist nicht verhindern, eine Vergütung erhalten sie so aber auch nicht. Gleichzeitig können die Designer auch nicht kontrollieren, mit welchen Steinen ihre erdachten Sets am Ende gebaut werden.
Was aber, wenn der Käufer zusätzlich die Originalbauanleitung erwirbt? Können dann die Sets als reine Teilespender für das eigentliche MOC verwendet werden? Der Bau eines solchen MOCs scheitert nicht selten an der Beschaffung der Teile, welche die Kosten für das Modell bei Bricklink nicht selten kräftig in die Höhe schießen lassen.
Nicht immer nachvollziehbar
Dass die Findung solcher Übereinkünfte auch seltsame Formen annehmen kann, konnte aus der Auseinandersetzung zwischen dem Designer „Lookl“ und BlueBrixx entnommen werden. Wer jetzt wem (wenn überhaupt) den schwarzen Peter zugespielt hat, lässt sich als Außenstehender anhand der Äußerungen beider Parteien nicht erkennen – beides bietet viel Raum für Spekulationen. Aber auch bei erfolgten Lizenzvereinbarungen ist der Käufer auf die Versicherung des Händlers angewiesen. So führt BlueBrixx im eigenen Shop auch Modular Buildings von Zhe Gao und gibt für diese an, mit dem Designer eine Übereinkunft zur Vergütung getroffen haben – jener Designer, welcher gegenüber Thorsten Klahold noch verkündet hat, nichts mit den „Chinesen“ zu tun haben zu wollen. Hierbei soll die Aussage von BlueBrixx nicht angezweifelt werden, das Beispiel zeigt jedoch deutlich, wie schwer es für den Käufer ist, hier auf der richtigen Seite zu stehen.
Was also tun?
Doch wie wird Just Bricks in Zukunft mit dieser Thematik umgehen? Darüber wurde lange nachgedacht – und eine absolute Lösung konnte auch hier nicht gefunden werden, vielleicht auch, weil es sie nicht geben kann. Dies liegt alleine schon darin begründet, dass wir nicht alle MOCs, welche weltweit präsentiert wurden, kennen können. Dies ist schon für in der Vergangenheit veröffentlichte Lego-Sets schwierig. Mehr als eine Bildersuche können wir nicht gewährleisten, denn selbst Rebrickable soll laut diversen Meinungen über 17.000 Modelle beherbergen – viel zu viel um dort manuell auf die Suche zu gehen.
Sollten wir dort fündig werden, werden wir das im entsprechenden Review vermerken und auch darauf aufmerksam machen, wenn der Hersteller einen entsprechenden Hinweis gibt. All das wird ebenso in die einzelnen Bewertungen mit einfließen. Gleichzeitig werden wir einen Link zu der vom Designer erstellten Anleitung setzen, sodass jeder für sich selbst entscheiden kann, ob er diesen mit einem Kauf der Originalanleitung (weiter) unterstützen will. Für unseren Review werden wir diese in jedem Fall käuflich erwerben und zudem mit der dem Set beiliegenden vergleichen.
Keine Garantie
Es sei aber nochmals gesagt, dass wir dies nicht für alle MOCs garantieren können. Sollte einem Designer oder einem Leser ein bei uns vorgestelltes Modell auffallen, so bitten wir um eine Benachrichtigung – vielleicht sogar mit entsprechenden Links. Dann werden wir den Review umgehend entsprechend anpassen und als Update erneut veröffentlichen. Durch diese Vorgehensweise wollen wir eine größtmögliche Transparenz sicherstellen und Käufer auf „problematische“ Sets hinweisen.
2 Kommentare
Gamulkas
Ich mache es mir hier sehr einfach und klaufe keine Lego Kopien oder gar geklaute Mocs. Bisher fiel mir das aber auch noch nicht schwer! Vll ändert sich das irgendwann ja, doch ich hoffe nicht. Ich kann auch die YouTuber nicht verstehen oder gar unterstützen die sowas wissentlich noch fördern.
Michael Schäfer
Welche YouTuber unterstützen oder fördern das denn? Zumal das Problem doch ist, dass man nie sicher sein kann, dass das gekaufte Modell nicht doch ein MOC ist…