Mit dem 2CV hatte Cobi bei der Vorstellung des Modells des Kultobjektes die Aufmerksamkeit der Klemmbausteinszene für sich sicher, viele Baumeister konnten die Verfügbarkeit nur schwer abwarten. Bei manchem dürfte sich beim Bau jedoch schnell eine gewisse Enttäuschung breitgemacht haben und das nicht nur wegen der vielen Formteile.
Das Original
Die Geschichte der Automobilikone reicht bis in die französischen Nachkriegswehen des Jahres 1949 zurück, auch wenn die Planung des hierzulande liebevoll als „Ente“ und in der Schweiz als „Döschwo“ bezeichneten Fahrzeuges bereits in den 1930er Jahren begann: 1934 wies der damalige Citroën-Direktor Pierre-Jules Boulanger seinen Konstrukteur André Lefèbvre an, ein günstiges und vor allem einfaches Auto „für jedermann“ zu entwickeln. Die Vorgaben waren seinerzeit von Boulanger bereits festgelegt, auch wenn sie nach heutigen Maßstäben etwas seltsam anmuten:
„Entwerfen Sie ein Auto, das Platz für zwei Bauern in Stiefeln und einen Zentner Kartoffeln oder ein Fässchen Wein bietet, mindestens 60 km/h schnell ist und dabei nur drei Liter Benzin auf 100 km verbraucht. Außerdem soll es selbst schlechteste Wegstrecken bewältigen können und so einfach zu bedienen sein, dass selbst ein Fahranfänger problemlos mit ihm zurechtkommt. Es muss ausgesprochen gut gefedert sein, sodass ein Korb voll mit Eiern eine Fahrt über holprige Feldwege unbeschadet übersteht. Und schließlich muss das neue Auto wesentlich billiger sein als unser ‚Traction Avant‘. Auf das Aussehen des Wagens kommt es dabei überhaupt nicht an.“
Aufs Wesentliche reduziert
Bereits 5 Jahre später wurden insgesamt 250 Protoypen des Typ A oder TPV („toute petite voiture“, „ganz kleines Auto“) gebaut, welche noch über einen wassergekühlten Motor und nur einen Front- sowie Rückscheinwerfer verfügten. Mit letzterem wurden bereits die damaligen, niedrigen Anforderungen zur Sicherheit erfüllt, ein „Winker“ und eine zweite Leuchte vorne und hinten fehlten. Durch die Nutzung von Aluminium betrug das Eigengewicht des Ur-2CV darüber hinaus gerade einmal 380 kg. An manchen Stellen mussten die Entwickler jedoch ihre Kreativität schwerlich unter Beweis stellen: So wurde aus Gründen der Kosten- und Gewichtsersparnis der Scheibenwischer nicht über einen eigenen Motor, sondern über die Tachowelle betrieben – im Stand musste der Fahrer selbst Hand anlegen.
Um die Entwicklung vor den deutschen Besatzern zu verbergen, wurden viele der damaligen Prototypen zerstört, lediglich fünf erhaltene Exemplare sind bis heute bekannt. Seine bekannte Form hat der 2CV dem Designer Flaminio Bertoni zu verdanken, welcher 1939, ohne Rücksprache, mit Entwürfen für eine ansprechendere Gestaltung des Vehikels begann.
Ständige Weiterentwicklung
1948 wurde der 2CV endlich offiziell der Weltöffentlichkeit vorgestellt, dann jedoch mit einem luftgekühlten Zweizylinder-Boxermotor, der zunächst aus einem Hubraum von 375 cm³ 9 PS beziehungsweise 6,6 kW, ab 1955 dann aus 435 cm³ 12 PS (8,8 kW) und 1963 schließlich 16 PS (12 kW) generierte. In den nächsten Jahren folgten weitere Motorverbesserungen. Besonderer Beliebtheit erfreute sich der 2CV6 mit 602-cm³-Motor und 28 PS (21 kW), bei dem, mit entsprechender Wartung, eine Laufleistung von 300.000 km und mehr keine Seltenheit darstellt. Eine Besonderheit verband zudem alle Modelle: Bei jedem 2CV war es möglich, den Motor über eine Wagenkurbel zu starten.
Über 40 Jahre Erfolgsgeschichte
Der 2CV gehört mit seinen verschiedenen Ausführungen zu den am längsten gebauten Automobilen überhaupt: Erst im Februar 1988 wurde im Citroën-Werk von Levallois-Perret die Produktion des bis dahin bereits zum Kultobjekt gewordenen Fahrzeuges in Frankreich eingestellt. Am 27. Juli 1990 lief nach insgesamt über 40 Jahren Produktion im Citroën-Werk Mangualde in Portugal, mit einem grauen 2CV6 „Charleston“, der endgültig letzte Wagen dieses Typs vom Band. Zwischen Sommer 1949 und Mitte 1990 wurden insgesamt 3.868.631 viertürige Limousinen und 1.246.335 Lieferwagen („Kastenente“) hergestellt, die sich vor allem bei Handwerkern, als günstiger Transportwagen, großer Beliebtheit erfreuten. Von 1960 bis 1968 sowie 1971 wurden zudem 694 Einheiten der 1958 vorgestellten Sahara-Ausführung „4×4“ (auch „Bimoteur“ genannt) mit zwei Motoren und Allradantrieb gebaut. Der CW-Wert des 2CV liegt im Übrigen bei 0,508, aktuelle Automobile liegen mit 0,20 bis 0,25 deutlich darunter.
Anfangs nur Hohn und Spott
Anfänglich hatte der 2CV einen schwierigen Stand und wurde bereits zu seiner Vorstellung verspottet. So schrieb die satirische Wochenzeitung Le Canard enchaîné: „Eine Konservendose, Modell freies Campen für vier Sardinen.“. Ein Journalist aus den Niederlanden ließ sich beim ersten Anblick des neuen Vehikels sogar zu der Aussage „de lelijke eend“ („das hässliche Entlein“) hinreißen – der in Deutschland verbreitete Spitzname „Ente“ war geboren.
Darüber hinaus hält sich nach wie vor der Mythos, dass sich der Name des 2CV vom französischen „Deux chevaux“ – „zwei Pferdestärken“ ableitet – welchen dieser jedoch erst später erhalten hat. Der Namensgebung liegt ein viel nüchterner Gedanke zugrunde: Die Kennzahl „Cheval fiscal“ im französischen Kfz-Steuersystem. Diese war seinerzeit bei vielen französischen Automobilhersteller beliebt, so auch beim Renault 4CV oder beim Citroën Traction Avant, der je nach Motorisierung die Bezeichnung 7CV, 11CV oder 15CV erhielt. Aufgrund der Einordnung in eine höhere Steuerklasse zeitweise auch als 3CV verkauft, wurde bereits nach kurzer Zeit mit dem bisherigen System gebrochen und die Bezeichnung wieder in das gewohnte 2CV umbenannt. Dennoch wird sich auch in anderen Ländern in Sachen Spitzname auf die beiden Pferdestärken bezogen – so in Italien mit „due cavalli“ oder in Spanien mit „dos caballos“. In Argentinien wurde der 2CV lediglich „el coche rana“ („das Froschauto“) oder einfach „Citro“ genannt, in Vietnam heißen der 2CV und die von ihm abgeleiteten Modelle Dalat.
Einzug in die Pop-Kultur
Auch im Film hatte das Kultfahrzeug seinen Platz gefunden, nicht wenige dürften sich noch an den Auftritt von France Rumilly als rasende Schwester Clotilde in „Louis und seine verrückten Politessen“ erinnern, bei der ein 2CV innerhalb von zwei Minuten Film kunstvoll in seine Einzelteile zerlegt wurde und sein Ziel am Ende nur noch mit zwei Vorderrädern erreichte. Aber auch im deutschen Film fand der Citroën seine Erwähnung, wie in dem Film „Das verrückteste Auto der Welt“ aus der Dudu-Reihe – und das in einer außerordentlichen skurrilen Form: So versuchen die beiden Ordensschwestern Engelmunda und Johanna in dem Film von 1975 ein Waisenhaus vor der Schließung zu bewahren, indem sie an einer Alpen-Ralley in der Schweiz teilnehmen. Dies geschieht mit einem Gefährt, welches aus den Vorderteilen zweier 2CV besteht, die an der B-Säule durchtrennt und rücklings miteinander verbunden sind. Auf Wunsch kann das Gefährt geteilt werden, da beide Hälften jeweils über einen Motor verfügen und dann völlig unabhängig voneinander fahren können.
Das Modell
Das Modell der „Ente“ aus dem Jahr 1949 von Cobi ist hierzulande für rund 14 Euro zu erstehen. Zum eher Taschengeldpreis erwarten den Käufer in 5 Tüten verpackte 80 Teile. Über den durchschnittlichen Steineanteil jeder Tüte soll an dieser Stelle kein Wort verloren werden.
Auffällig ist nach dem Auspacken die, selbst für die Youngtimer-Serie, hohe Anzahl von Formteilen, die alleine bereits sieben größere Stücke beinhaltet. Natürlich sollte alleine wegen der Form des im Maßstab 1:35 gehaltenen 2CV klar sein, dass, im Zusammenspiel mit der Größe und der Rasterung der Bausteine, ein Bauen aus einzelnen Teilen nicht möglich wäre. Da es sich um ein Pad-Printed-Modell handelt, enthält das Set nur bedruckte Teile, die Zeit der Aufkleber nähert sich somit beim polnischen Hersteller allmählich ihrem Ende. Unter diesen Steinen befinden sich auch die Scheiben, welche von Cobi einzeln verpackt wurden, wobei vor allem die Windschutzscheibe und die Heckscheibe großflächig bedruckt sind.
Die Anleitung
Die Anleitung ist wie gewohnt 16,5 × l2 cm groß, dieses Mal 16 Seiten dünn und mit 26 Bauschritten versehen. Das zeigt bereits deutlich, dass die Bauzeit der Ur-Ente nicht sonderlich lang sein dürfte.
An der Bauanleitung gibt es erwartungsgemäß nichts zu bemängeln, die einzelnen Bauschritte sind auch für jüngere Baumeister ab 6 Jahren nachvollziehbar. Zur besseren Übersicht trägt auch das von Cobi gewohnte Prinzip der Reduktion bei, bei dem bereits Gebautes in einem hellen Grau dargestellt wird und nur neu hinzuzufügende Teile in ihren eigentlichen Farben Erscheinen. Bei großen Modellen kann die Orientierung durch die fehlenden Farben ein wenig beeinträchtigt werden, bei solch kleineren Modellen ist der Umstand aber zu vernachlässigen.
Der Aufbau
Beim Aufbau der etwas mehr als 5 Noppen breiten 2CV Typ Avon 1949 verhält es sich wie mit einer Achterbahnfahrt: Kaum hat es angefangen, ist es im Grunde auch schon fast wieder vorbei. Ähnlich verhält es sich beim vorliegenden Modell. Aufgrund der geringen Teileanzahl und der größeren Formteile braucht an ein Sortieren der Steine zudem erst gar nicht gedacht zu werden. Und doch hält das Set zumindest kleine Überraschungen parat: So beginnt der Zusammenbau des Unterbodens und damit des Modells etwas untypischer als bei den meisten der bisherigen Youngtimer-Modelle, die ihren Weg zu Just Bricks gefunden haben.
So werkelt der Baumeister fleißig vor sich hin, mit fordernden Bautechniken sollte bei solch einer Modellgröße dennoch nicht gerechnet werden. Das Heck wird mit einer Baurichtungsumkehrung von 45° noch interessant gefertigt, dann geht es dank der vielen Formteile aber auch schon auf die Zielgerade. Interessant wird es noch einmal zum Schluss: Damit Front- und Heckpartie die gleiche Höhe besitzen, fügt Cobi an den Vorderrädern noch eine ein-Drittel-Plate mit Noppen an beiden Seiten zur Baurichtungsumkehrung an, um das Modell vorne noch einmal geringfügig anzuheben.
Qualität der Steine
Die Qualität der Steine fällt beim neuen Cobi-Modell unterschiedlich aus. Über die Klemmkraft muss wie immer kein Wort verloren werden, diese ist wie gewohnt sehr gut. Weniger schön ist jedoch der Umstand, dass der polnische Hersteller nach wie vor nicht das Problem mit den Gusspunkten in den Griff bekommt – diese sind an vielen Stellen des Modells von außen zu sehen und können nicht immer kaschiert werden. Auch die teils größeren Spaltmaße lassen die Außenhaut nicht als eine Einheit aussehen.
Auch bei den Prints gibt es Anlass zur Kritik: Auch wenn Cobi auf viele Details, wie die damals nur zur Hälfte herunterklappbaren Seitenscheiben in den Türen, geachtet hat, wirken eben diese Drucke an ihren Konturen teilweise ein wenig ausgefranst – Die Aufdrucke in Front und Heck sind dagegen in Ordnung. Darüber hinaus hat Cobi auf manche Einzelheiten verzichtet, wie unter anderem die geriffelte Motorhaube.
Ebenfalls weniger schön ist der Grauton zwischen Formteilen und den normalen Steinen, der nicht wirklich übereinstimmend getroffen wurde – so heben sich die Motorhaube, die beiden großen Scheiben und die Radkästen am Heck deutlich sichtbar vom Rest ab. Auch wenn das Modell der 2CV von oben betrachtet wird, ist ein Unterschied zwischen den Scheibenteilen und den beiden 1 × 4-Fliesen erkennbar. Das darf bei solch einem Modell, mit dem im Verhältnis zur Anzahl der Steine geforderten hohen Preis, nicht passieren.
Fazit
Der am Ende 11 cm lange und 4,5 cm breite wie auch hohe und gerade einmal 58 g wiegende Citroën 2CV Typ A von Cobi hinterlässt einen gemischten Eindruck. Seit der Ankündigung dürften nicht wenige Fans der Youngtimer-Serie dem Verkaufsstart entgegengefiebert haben, einige dürften jedoch enttäuscht werden.
Das liegt jedoch nur zum Teil an Cobi selbst. So sollte alleine schon aufgrund der Formgebung klar sein, dass bei dem gegebenen Maßstab und dem Noppenraster das Vorbild, aufgrund seiner Rundungen, nur durch viele Formteile umgesetzt werden kann. Darüber hinaus wäre es völlig unsinnig gewesen, diese Teile noch einmal aufzuteilen, nur um die Steineanzahl künstlich in die Höhe zu treiben. Dennoch besitzt dieser Umstand eben auch seine Nachteile, denn so sind viele Teile nicht für eigene MOCs zu gebrauchen – lediglich die hinteren Radkästen würden gut zu der Art von „futuristischen Fahrzeugen“ passen, wie sie in den 1950er und 1960er Jahren oftmals für die damals noch weit entfernte Zukunft gesehen wurden.
Auf der anderen Seite lässt Cobi die nötige Sorgfalt an vielen Stellen vermissen, so fehlt unter anderem der Motorhaube die beim Original typische Riffelung. Darüber hinaus dürften jedem Betrachter die farblichen Unterschiede zwischen den normalen Bausteinen und den Fertigteilen auffallen, welche Baumeister von Cobi in dieser Form nicht gewohnt sein dürften. Aber auch die teils großen Spaltmaße zwischen den Teilen sowie die immer noch teilweise sichtbaren Gusspunkte tragen ihren Teil zum eher durchwachsenen Gesamtbild bei. Auch bei den Aufdrucken ist Kritik angebracht, welche für den polnischen Hersteller ungewohnt unterschiedlich ausfallen.
Vielleicht waren die Erwartungen an das Modell zu hoch gesteckt, aber auch Cobi hat seinen Teil dazu beigetragen, diesen nicht gerecht zu werden und in manchen Bereichen zu enttäuschen. Das liegt nicht zuletzt am Preis: Mit 14 Euro wird das Preis-Leistungsverhältnis auf eine harte Probe gestellt, welches im Grunde pro Minute Bauzeit einen Euro bedeutet, was den Bauspaß deutlich trüben kann.
Anmerkung zum Review
Der Citroën 2CV Typ A wurde Just Bricks freundlicherweise von Steingemachtes für diesen Review zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme auf den Artikel fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand ebenfalls nicht.
>> Der Citroën 2CV Type A bei Steingemachtes
Cobi 24510 - Citroën 2CV Type A im Review
- Klassiker der Automobilgeschichte
- leicht verständliche Bauanleitung
- hohe Klemmkraft
- geringe Bauzeit für den Preis
- zu viele Formteile
- sichtbare Farbunterschiede zwischen Formteilen und Bausteinen
- Gusspunkte oftmals sichtbar
3 Kommentare
5N00P1
Niederlangen kommt vermutlich von Niedlage? 😉
5N00P1
und Niedlage sollte Niederlage heißen 😛
Michael Schäfer
Wie? Was? Peinlich!!!
Ist korrigiert. Danke^^