Das Original
Das Schlachtschiff der Yamato-Klasse, benannt nach der früheren historischen Provinz Musashi, gehört bis heute mit ihrem Schwesterschiff Yamato zu den beiden größten und am schwersten gepanzerten Schiffen ihrer Klasse, die jemals gebaut wurden. Insgesamt umfasste die Yamato-Klasse fünf Schiffe, von denen jedoch nur die beiden genannten als Schlachtschiffe in den Dienst gestellt wurden. Insgesamt kamen nur drei Schiffe der Reihe zum Einsatz, die Shinano wurde dabei als Flugzeugträger konzipiert. Mit dem Bau der beiden letzten Schiffe wurde zwar begonnen, dieser aber nicht beendet.
Die Fertigstellung des in der Mitsubishi-Werft in Nagasaki gebauten Schiffes zog sich von der Kiellegung im März 1938 bis zur Indienststellung im August 1942 über vier Jahre, wobei der Stapellauf bereits am 1. November 1940 stattfand. Der Bau des im Original 263 Meter langen und 38,7 Meter breiten Schiffes erfolgte darüber hinaus in absoluter Geheimhaltung und fast kompletter Abschirmung von der Außenwelt. Auch die Antriebskraft konnte sich sehen lassen: Die 4 Dampfturbinen erzeugten am Ende eine Maximalleistung von insgesamt 121.323 kW (165.000 PS), womit das Schiff über vier Propeller auf bis zu 29 Knoten (50 km/h) beschleunigt werden konnte.
In ihrer nicht einmal zwei Jahre andauernden Dienstzeit war die Musashi an verschiedenen Operationen beteiligt, anfangs zunächst als Kommandoschiff ohne nennenswerte Feindberührung. Am 24. Oktober 1944 wurde das Schlachtschiff jedoch nach mehreren Angriffen amerikanischer Kampfflugzeuge so stark beschädigt, dass es nach wenigen Stunden am frühen Abend sank.
Am 2. März 2015 gab der Microsoft-Mitgründer Paul Allen bekannt, dass das Wrack der Musashi in rund 1.100 Metern Tiefe in der Sibuyan-See gefunden wurde.
Das Modell
Das von Cobi veröffentlichte Modell der Musashi aus der Historical Collection umfasst 2.430 Teile und ist aktuell für rund 140 Euro zu erstehen. Da das Set nicht mehr im aktuellen Katalog des polnischen Herstellers geführt wird könnte dies unter Umständen in Abverkäufen zudem günstiger erstanden werden.
Die Verpackung beinhaltet neben der zweigeteilten und insgesamt über 419 Bauschritte verfügenden Anleitung knapp 80 kleine Steinetüten, welche wiederum in 12 größere Tüten entsprechend der einzelnen Bauabschnitte verpackt wurden. Dadurch verringert sich der Sortieraufwand über den kompletten Bauvorgang verteilt auf 40 Minuten und auch der Platz für die benötigten Steine auf dem Tisch verringert sich deutlich. Dies ist bei der stetig wachsenden Größe des Modells nicht unerheblich. Nichts desto Trotz bleibt am Ende ein großer Abfallberg an Tüten zurück. Zudem sollte Cobi in zukünftigen Modellen darauf achten, eine „6“ und eine „9“ unterscheidbarer zu machen. Die Aufkleber an den beiden Tüten sehen sich sehr ähnlich, womit eine richtige Zuordnung nur anhand der Größe der verwendeten Teile möglich war.
Wie immer gut nachvollziehbare Anleitung
Cobi gibt das Mindestalter für das Set mit 10 Jahren an. Einmal vom Modell selbst abgesehen ist dies zumindest im Bezug auf die verwendeten Bautechniken gut getroffen. Denn auch wenn die Klemmbausteinversion der Musashi äußerst komplex erscheint, sind die Techniken in den insgesamt 152 Seiten der beiden Bauanleitungen leicht nachzuvollziehen.
Die Anleitung folgt dem bekannten Prinzip der Reduktion: Nur neue Teile werden farbig dargestellt, bereits verbaute Einheiten werden ausgegraut. Da die Hauptfarben bei diesem Modell vor allem aus Grau, Hellbraun, Rot und ein wenig Schwarz bestehen, treten bei der Musashi nur selten Orientierungsprobleme in der Anleitung auf. Bei anderen Modellen kann dies schwerer wirken, vor allem wenn viele kleine Teile verbaut werden – hier ist neben der Teilgröße eine Orientierung auch an der jeweiligen Farbe von großer Hilfe.
Sehr hilfreich ist zudem, dass Cobi in der Anleitung direkt zu Anfang angibt, wenn bestimmte Module mehrfach gebaut werden sollen. Dies ermöglicht das parallele Fertigen entsprechender Bauabschnitte, was wiederum einige Zeit spart – auch im Bezug auf das Heraussuchen der benötigten Teile.
Der Zusammenbau
Cobi verwendet für das Modell ähnlich aussehende Steine in verschiedenen Ausführungen mit Unterschieden in Schräge, Abrundungen oder Länge. Darauf machen die Entwickler bereits auf der ersten Innenseite der Anleitung aufmerksam. Die jeweiligen Bauteile sind mit Buchstaben versehen, um eine spätere Zuordnung im jeweiligen Bauabschnitt zu erleichtern. Daher ist es ratsam, während des Bauverlaufes immer auf eine Kennzeichnung zu achten. Darüber hinaus müssen sich vor allem Einsteiger in die Welt von Cobi an zusätzliche Steinegrößen wie 1×5 oder 2×5 Noppen gewöhnen. Auch hier gilt es, in der Anleitung immer gut aufzupassen.
Der Bauvorgang beginnt zunächst harmlos, doch bereits nach ein paar Abschnitten beginnt Cobi mit der Technik, mit welcher die Konstruktion vieler Modelle des polnischen Unternehmens erst möglich wird und die auch von vielen Fans des dänischen Marktführers gewünscht wird: Der Umkehrung der Baurichtung. Zudem ist bereits nach einer gewissen Zeit vorauszusehen, wie stabil das fertige Schiff sein wird.
Da zu Anfang im höheren Umfang größere Teile Verwendung finden, reicht zumindest für den kompletten Rumpf zunächst die Sortierung der Steine nach Farben aus. Die unterschiedlichen Teile sind dann immer noch gut zu finden.
Komplex, aber machbar
Im Laufe der Zeit werden die verwendeten Techniken komplexer, ohne aber kompliziert zu werden. Darüber hinaus lassen sich an vielen Stellen Lösungen und Inspirationen für die Umsetzung an eigenen Modellen finden. Alleine dadurch besitzt das Modell neben dem Bauspaß einen ungeheuren Lernfaktor. Auffällig ist zudem, dass Cobi auf die von Lego bekannte bunte Vielfalt im Inneren verbauten Steine verzichtet. Die beim vorliegenden Modell verwendeten Farben belaufen sich hierbei auf Grau und Dunkelgrau beziehungsweise Schwarz.
Der erste Teil des Hecks ist bereits nach rund 30 Minuten gefertigt, nach knapp 45 Minuten geht es zum ersten Mal an die seitlichen Verkleidungen. Die Befürchtung, diese könnten in eine Art meditatives Bauen ausarten, bei welchem immer die gleichen Handgriffe getätigt werden, erweist sich als unbegründet – im Gegenteil: Da mit der Seitenverkleidung auch Teile des Decks gefertigt werden, fallen die einzelnen Module immer unterschiedlich aus. Diese können zwar anhand der Anleitung nachvollziehbar gefertigt werden, dennoch ist eine hohe Konzentration unerlässlich. Die Musashi kann zwar sehr entspannt gebaut werden, so „ganz nebenbei“ ist dies aber nicht möglich.
Schiffsmodell mit Langzeitmotivation
Auch die Motivation bleibt während des gesamten Bauvorhabens stets erhalten. Das liegt nicht zuletzt daran, dass mit jedem neuen Seitenteil das Schiff immer mehr Gestalt annimmt. Wie hoch die Klemmkraft der Steine von Cobi ist, wird auch daran deutlich, dass gerade bei den Seitenteilen oftmals ein größerer Kraftaufwand zur Befestigung am Rumpf nötig ist. Dieser Umstand stellt aber keine Gefahr dar, da der Korpus des Modells bereits jetzt schon so stabil gefertigt ist, dass dieser einen noch höheren Druck ohne auch nur einmal zu knarzen übersteht.
Nach rund fünf gemütlichen Stunden ist der Rumpf gefertigt und mit dem Deck beginnt in der zweiten Bauanleitung die Kleinarbeit. Hier reicht es nicht mehr, die Teile farbig zu sortieren – diese sind eh meist nur Grau vorliegend. Hier sollte zumindest grob nach Art der Steine separiert werden, das erleichtert das Auffinden der benötigten Teile ungemein.
Die kleineren Geschütze werden bei dem Set größtenteils aus Formteilen gefertigt. Lediglich die drei großen Drillingstürme der Baureihe 40cm/45 Typ 94, welche das schwerste jemals auf einem Kriegsschiff real verwendete Geschütz darstellen, werden aus einzelnen Teilen gefertigt, sind dafür aber um so imposanter.
Im Verhältnis zur Rumpfgröße nimmt der restliche Aufbau des deutlich kleineren Oberbaus mit rund drei Stunden mehr Zeit in Anspruch. Auch geht es an dieser Stelle gefühlt deutlich langsamer voran als beim restlichen Modell, da hauptsächlich kleine Teile verbaut werden. Zu diesem Zeitpunkt kommen auch zum ersten Mal in großer Zahl die beigelegten Prints zum Einsatz, bei deren Einbau auf die richtige Ausrichtung geachtet werden muss. Zudem muss ständig genau in die Anleitung geschaut werden, da sich sonst schnell verbaut werden kann.
An manchen Stellen wird Cobi jedoch knauserig: So sind die angedeuteten Kettenglieder für die Anker genau abgezählt, nicht einmal ein Ersatzglied ist vorhanden. Geht hier während des Baus eines verloren oder wird beschädigt, hat der Baumeister ein Problem. Es darf angenommen werden, dass Cobi nicht um seinen wohlverdienten Gewinn gebracht werden würde, wenn das Unternehmen ein paar Teile als Ersatz mit hinzufügen würde.
Steinequalität
Die Qualität der gelieferten Teile fällt wie von Cobi gewohnt sehr gut aus. Die Klemmkraft ist erneut höher als beim dänischen Marktführer und auch die Farbgleichheit lässt keine Wünsche offen. Wie immer ist die Farbgebung jedoch nicht mit der von Lego identisch. Darüber hinaus dämpft der eine oder andere Kratzer auf den großen Teilen den guten Eindruck ein wenig, auch wenn sich diese entweder meist gut verbergen lassen oder an Teilen auftreten, welche eh im Inneren verbaut werden. Auffällig sind jedoch erneut die oftmals an ungünstigen Stellen sichtbaren Gusspunkte, welche sich dagegen nicht immer verbergen lassen. Gerade bei der großen Platte im Heck des Schiffes sind zwei Punkte sehr auffällig, welche das Gesamtbild schon trüben.
Erwähnenswert ist zudem, dass bei dem Set keine Aufkleber zum Einsatz kommen, dafür aber über 20 Prints, welche natürlich auch wieder in exzellenter Qualität gefertigt sind.
Fazit
Die Musashi (4811) in der Historical Collection wird sowohl von Klemmbaustein-Fans wie auch von Verkäufern nicht umsonst als eines der besten bisher von Cobi gefertigten Schiffsmodelle betrachtet. Für knapp 140 Euro erhält der Käufer acht Stunden uneingeschränkten Bauspaß, bevor an dessen Ende ein beeindruckendes 90 Zentimeter langes, 13 Zentimeter breites und rund 17 Zentimeter hohes Schiff vor einem steht. Dabei ist der Bauvorgang fordernd, aber nie überfordernd und ist jederzeit mit guter Aufmerksamkeit zu bewältigen – auch von Kindern ab den angegebenen Mindestalter von 10 Jahren. Der Verfasser dieses Reviews hatte jedenfalls so viel Spaß beim bauen, dass er das Modell nach der Fertigstellung am liebsten wieder auseinander genommen und erneut zusammenbaut hätte.
Hohe Stabilität auch für andere Gelegenheiten
Dabei ist das Schiff so massiv und stabil konstruiert, dass es am Heck genommen und geschüttelt werden kann, ohne dass auch nur ein Teil abbricht. Sollte sein Besitzer also Nachts einmal von einem Einbrecher überrascht werden, so kann er die Musashi sehr gut zur Verteidigung einsetzen. Damit wird aus einem Schlachtschiff ein Schlagschiff.
Aber auch die Steinequalität kann sich erneut sehen lassen, Klemmkraft und Farbqualität sind exzellent, wenn einmal vom bekannten Problem mit den sich nicht selten an ungünstigen Stellen befindlichen Gusspunkten abgesehen wird. Dafür liefert Cobi erneut nur Prints und keine Aufkleber aus, die wie immer in hoher Qualität gefertigt sind.
Lediglich die hohe Menge an Verpackungsabfall müsste Cobi in Zukunft verringern, in der heutigen Zeit ist es nicht mehr zu erklären, dass 10 kleine Teile in eine einzige Tüte verpackt werden.
Schiffsfreunden nur empfohlen werden, bei der Musashi schnell zuzugreifen. Da das Modell nicht mehr im aktuellen Katalog geführt wird kann davon ausgegangen werden, dass der Abverkauf begonnen hat. So besteht aber auch die Möglichkeit, das Set eventuell zu einem rabattierten Preis zu erhalten – aber auch sonst wäre das Modell jeden Cent wert.
Anmerkung zum Test
Die Musashi (4811) von Cobi wurde Just Bricks freundlicherweise von Steingemachtes für den Review zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme auf den Artikel fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand ebenfalls nicht.
Die Musashi (4811) (Historical Collection) von Cobi bei Steingemachtes.de
Cobi 4811 - Battleship Musashi im Review
- sehr schönes und detailliertes Modell
- sehr stabil konstruiert
- hohe Steinequalität
- großer und langer Bauspaß
- tolle Bautechniken
- gute Bauanleitung
- bekannte Probleme mit Gusspunkten
- viel Tütenabfall
- leichte Kratzer auf Bausteine, welche aber meist im Inneren verbaut werden