Lego steht kurz davor ein neues Patent im Technik-Bereich zugesprochen zu bekommen. Darüber berichtet Thorsten Klahold in einem neuen Video auf seinem Kanal „Johnny’s World“. Das an sich wäre nichts Besonderes, würde es sich hier nicht um ein Konstrukt von Bauteilen handeln, die nicht nur Lego bereits vor drei Jahren zum ersten Mal verwendet hat, sondern die auch bereits bei den alternativen Herstellern Einzug gehalten haben und die jetzt für mächtige Probleme sorgen.
Im Juni 2018 erfolgte die lang erwartete Markteinführung des Bugatti Chiron (42083) von Lego, welcher nicht nur wegen seiner Gestaltung, sondern auch wegen einiger technischen Umsetzungen, gerade von Technic-Fans, mit Spannung erwartet wurde. Dazu gehörte auch eine neuartige Gangschaltung, welche durch dafür eigens konstruierte Teile umgesetzt werden konnte. Diese technische Lösung wurde von Lego zudem am 11. Januar 2018 unter der Nummer PA 2018 7001 in Dänemark zum Patent angemeldet. Gerade noch fristgerecht, aber fast ein Jahr später folgte am 10. Januar 2019 die internationale Nachmeldung unter der Nummer WO 2019/137993 beim World Intellectual Property Organization (WIPO), der Weltorganisation für geistiges Eigentum. Über diese erfolgten dann weitere Einreichungen, unter anderem beim europäischen Patentamt (EPO). Die internationale Veröffentlichung der Anmeldung erfolgte laut der WIPO-Patentschrift am 18. Juli 2019. Mittlerweile findet sich die Lösung in einer Vielzahl von Technic-Modellen aus dänischer Herstellerung, darunter der Land Rover Defender (42110), der Lamborghini Sián (42115), sogar in der Ducati Panigale (42107) hat eine kleinere Variente der neuen Lösung ihren Platz gefunden.
Das Patent
Der Patentantrag beschreibt ein Spielzeuggetriebe, dass in diesem Fall aus Technikbausteinen zusammengesetzt ist. Das Patent zielt darauf ab, den Schaltvorgang unabhängig von Schalthebelkonstruktionen umzusetzen. Daher setzt das Patent auf einen axialen Exzenter, dessen Exzenterflanke sich jedoch entlang der Achse verschiebt, ein in den betroffenen Getrieben bisher in Orange gehaltenes Bauteil. Durch diese Verschiebung der Exzenterflanke ist es nun möglich, ein anderes Bauteil, in diesem Fall eine Kupplung, durch einen passenden Führungsschlitz zu verschieben. Somit stellt dieser axiale Exzenter einen wesentlichen Bestandteil dieser technischen Neuerung dar und sorgt dafür, dass während des Schaltvorganges eine Drehbewegung in die Bewegung entlang einer Achse umgesetzt wird. Da es sich bei dem Patent um ein Getriebe und nicht um den axialen Exzenter handelt, werden gleich mehrere Bauformen eines Getriebes mit dieser Technik innerhalb des Patentes beschrieben. Durch die neue Bauart können deutlich kompaktere Getriebeeinheiten konstruiert werden, da auf ein Schaltgestänge verzichtet werden kann.
Patent bewirkt indirektes Verkaufsverbot
Bekommt Lego das Patent zugesprochen, und danach sieht aktuell alles aus, dürften Hersteller von alternativen Klemmbaustein-Sets weder die Teile noch die komplette Lösung übernehmen und in ihren Modellen verbauen – auch nicht in abgeänderter Gestaltung. Das liegt vor allem daran, dass zum sonst eher eingesetzten Design-Schutz deutliche Unterschiede bestehen: So wird bei dem genannten Design-Schutzrecht lediglich die äußere Gestaltung geschützt, bereits leichte Änderungen reichen aus um ein ähnliches Produkt mit gleichen Eigenschaften herzustellen und zu in den Verkehr zu bringen. Darüber hinaus handelt es sich beim Design-Schutz um ein ungeprüftes Recht, womit dieses zunächst erteilt wird und Mitbewerber bei eventuellen Unstimmigkeiten selbst dagegen vorgehen und eine Löschung erreichen müssen. Genau dieser Fall lag bei den Bestrebungen von Lego, die 1 × 5 Plate in dieser Form schützen zu lassen, ein Unterfangen das der dänische Marktführer aber nach der Intervention zweier Hersteller jedoch mittlerweile aufgegeben hat und den Antrag zurückzog.
Bei einem Patent liegt der Sachverhalt jedoch ein wenig anders, denn hier wird nicht die äußerliche Gestaltung der Teile, sondern die Idee in Form der technischen Lösung geschützt – ein leichtes Abändern der Komponenten würde also keinen Unterschied machen, da der Lösungsansatz immer noch der gleiche wäre.
Lösung bereits von CaDA verwendet
Und genau dieser Umstand bringt nun CaDA in Bedrängnis, denn der chinesische Technik-Spezialist verwendet besagte Teile und damit auch die technische Lösung in seinem Super Car (C61041W) und in dem viel beachteten rotem italienischem Sportwagen (C61042W) beziehungsweise in der unmotorisierten Version C61043W (Review). Wird Lego zum Patenthalter, dürften besagte Modelle in ihrer jetzigen Form nicht mehr verkauft werden – und da Lego seine Lösung nicht nur in Europa, sondern auch in den USA und in China zum Patent angemeldet hat, dürfte CaDA vor allem auch der heimische Markt verschlossen bleiben. Das führt dazu, dass nicht nur der Generalimporteur von CaDA für Deutschland freakware, sondern auch andere nationale und internationale Händler sowie auch der Hersteller selber in Schwierigkeiten kommen können, wenn sie Modelle produzieren oder Vertreiben, die diese Technik einsetzen.
…und immer wieder Fair Play
Dass Lego seine geistigen Erzeugnisse schützen lässt, dürfte niemanden größer anfechten – doch auch hier ist es erneut die Art, die einen faden Beigeschmack hinterlässt, so Klahold – besonders auf den fairen Umgang miteinander, den Lego gerne immer anbringt. Beim normalen Weg, den die meisten Unternehmen gehen, würden diese die Patentanträge zumindest in die Sprachen der Hauptmärkte übersetzen lassen, wozu für Klahold auch Deutsch zählt. Nicht selten sollen Unternehmen, die gerade ein Patent eintragen lassen, auch den Kontakt zu den mutmaßlichen Patentverletzern suchen und die Sache „auf dem kleinen Dienstweg“ klären.
Durch die Übersetzung würde der Patentantrag seiner Aussage nach auch beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) zu finden sein, was auch die Nachforschungen aus seiner Sicht vereinfacht hätte. Das kann Lego aber jederzeit nachholen. Ebenso könnte das Unternehmen ein Gebrauchsmuster beim DPMA einreichen, welches ebenfalls ein nicht geprüftes Recht darstellt und ist sogar ab dem Tag der Einrichtung bereits gültig – und das dann für 10 Jahre. Auch wenn die Eintragung bei diesem Vorgehen noch nicht veröffentlicht ist, könnte Lego laut Klahold daraus bereits zum jetzigen Zeitpunkt Abmahnungen erwirken.
Gleichzeitig können die Patentanmelder bereits bei der Einreichung einen gewissen Schutz geltend machen – wenn auch nur in abgeschwächter Form gegenüber der kompletten Anerkennung. Das reicht in den meisten Fällen aber schon, um die Konkurrenz auf Ähnlichkeiten hinzuweisen, ohne einen großen Rechtsstreit zu starten. Lego hat dies jedoch laut Thorsten Klahold, welcher mit seinem Anwalt bei generellen Nachforschungen nur zufällig auf den Antrag gestoßen ist, nicht gemacht. Über die Motivation dahinter kann natürlich spekuliert werden, es dürfte aber außer Frage sein, dass ein Unternehmen wie Lego, mit all seinen spezialisierten Anwälten, von dieser Möglichkeit nichts gewusst hat. So wäre es auch für Klahold nicht allzu abwegig, dass der dänische Hersteller diesen Weg bewusst gegangen ist, um seine Konkurrenten stärker zu treffen. Es geht hierbei wieso also nicht um das „Was“, sondern um das „Wie“. Wären diese früher auf den Patentantrag gestoßen, hätte das im Grunde drohende Verkaufsverbot abgefedert werden können – restliche Sets hätten abverkauft werden können und keine neuen bestellt. Nun müssen aber viele Händler schauen, dass sie ihre Lagerbestände noch vor der endgültigen Zuteilung des Patents veräußert bekommen – was aktuell mit deutlichen Preisnachlässen geschieht. Denn wann der Patentschutz endgültig erteilt wird, ist aktuell nicht ersichtlich – dies kann in ein paar Tagen oder erst in ein paar Wochen oder sogar Monaten der Fall sein. Für Baumeister ist dies aber irgendwo auch ein Vorteil: Wer mit dem Gedanken um einen Erwerb des roten italienischen Sportflitzers spielt – der Zeitpunkt war vielleicht nie besser.
MOCer ebenfalls betroffen?
Laut Klahold könnte das neue Patent jedoch nicht geringe Kollateralschäden nach sich ziehen und das bei einer Gruppierung, die sich normalerweise sehr mit Lego verbunden fühlt: Den MOCern. Den Aussagen seines Anwalts zufolge könnten Bauanleitungen zu MOCs, welche besagte Technik verwenden und die kommerziell angeboten werden, bereits einer mittelbaren Patentverletzung Vorschub leisten. Selbst das kostenlose Bereitstellen auf Rebrickable könnte laut Klahold zu einem Problem werden, da es sich hierbei um eine kommerzielle Plattform handelt. Die daraus möglicherweise entstehenden Kosten dürften für die Baumeister, gerade bei Patenverletzungen, in den meisten Fällen nicht zu stemmen sein. In wieweit Lego wirklich gehen würde, bleibt natürlich abzuwarten, doch Lego wurde gerade in der Auseinandersetzung mit Qman nicht müde, immer wieder zu betonen, dass es alle Hersteller gleich behandelt – zu denen laut der Aussage auch die Ersteller von Bauanleitungen gehören dürften, zumindest wenn diese veräußert werden.
Ob Lego diesen Weg gehen würde ist offen – das genannte Patent wäre nicht das einzige, welches Lego aktuell hält (weltweit sollen es aktuell über 2.000 sein) und nicht wenige von diesen dürften in kommerziell angebotenen Anleitungen vorkommen. Daher stellt sich die berechtigte Frage, warum der dänische Marktführer jetzt nun ausgerechnet gegen entsprechende Anleitungen vorgehen sollte. Das vor allem, nachdem sich die Wogen nach den letzten Auseinandersetzungen, unter anderem die Abmahnung gegen Steingemachtes, gerade erst geglättet haben. Darüber hinaus wird in den Anleitungen nicht mit der eigentlichen technischen Lösung, sondern mit deren Abbildung agiert. Wenn die benötigten Teile zudem in Zukunft nur von Lego selbst erhältlich sind, würde der Baumeister in gewisser Weise das Original mit Originalteilen nachbauen. Daher wird sich an dieser Stelle auch die Frage stellen, wie Gerichte diese Umstände bewerten würden. Die Frage wäre nur, ob es ein MOCer darauf ankommen lassen will?
1 Kommentare
Backmagic
Das eine Bauteil ist eine Schaltwelle, das andere eine schaltschnecke. Diese Teile werden so seit über 100 Jahren verbaut.
Respekt wenn Lego es schaft das so zu verschwurbeln in dem Patentantrag das es durch geht.
Bei Tamiya sind in der Funktion baugleiche Teile in einem Spielzeug im Bruiser von 1985 schon verbaut worden.
Aber Lego versucht es halt.