Aktuell hat Lego im Streit um die Markenrechte auf die Minifigur einen kleinen Sieg errungen. Doch entgegen der mit der Berichterstattung auf diversen Portalen assoziierten Vermutung, handelt es sich hierbei noch nicht zwangsläufig um die letzte Entscheidung im Löschungsverfahren und schon gar nicht um einen Gerichtsprozess. Zudem gibt eine genauere Betrachtung der Entscheidungsbegründung interessante Einblicke.
Antrag auf Nichtigerklärung der Unionsmarke
Da momentan verschiedene Verfahren gegen Lego und Händler alternativer Klemmbausteine anhängig sind, ist zunächst einmal klarzustellen, bei welchem Vorgang eine Entscheidung getroffen wurde. Hierbei handelt es sich nicht um ein Gerichtsverfahren wegen zu großer Ähnlichkeit von Minifiguren, die von BlueBrixx vertrieben worden sind, sondern um einen vom Händler aus Flörsheim eingereichten Löschungsantrag, mit welchem die Unionsmarke der Lego-Minifigur für nichtig erklärt werden soll. Über die nun erfolgte Entscheidung hatte Promobricks zuerst berichtet.
Wie nun aus der Entscheidungsbegründung hervorgeht, wurden bereits im Zeitraum von 2013 bis 2016 mehrere Instanzen eines Nichtigkeitsantrages durch einen anderen Wettbewerber erfolglos durchlaufen. Aufgrund der Urteilsnummern kann darauf geschlossen werden, dass es sich hierbei um eine Antragsstellung durch die Firma Best-Lock gehandelt hat. BlueBrixx gibt laut der Begründung als Grund für den neuerlichen Löschungsantrag an, dass „die diesen Entscheidungen zugrundeliegende Auslegung bezüglich der Löschungsgründe in mehrfacher Hinsicht überholt sei“. Hierbei verweist BlueBrixx auf verschiedene neuere Entscheidungen in Verbindung mit anderen Spielzeugen.
Entscheidung der Löschungsabteilung
Die aktuell diskutierte Entscheidung stammt von der Löschungsabteilung des Amtes der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO). Aus diesem Grund hat sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch noch kein Gericht mit dem aktuellen Löschungsantrag befasst. Dies ist auch nicht ungewöhnlich, sondern nur der normale formelle Ablauf eines Verfahrens zur Nichtigkeitserklärung. Hiermit befasst sich zunächst die genannte Löschungsabteilung des EUIPO.
Sofern die Antragstellerin auf Löschung der Marke oder die Inhaberin der Unionsmarke gegen die Entscheidung der Löschungsabteilung Widerspruch einlegen wollen, können diese Beschwerde bei der Beschwerdekammer des EUIPO einreichen. Erst im Anschluss wird, wenn erfolgversprechend, ein Gericht bemüht, gegen dessen Entscheidung nachfolgend auch weitere Rechtsmittel geltend gemacht werden können. Dies zeigt, dass alleine in dem Löschungsantrag noch lange nicht das letzte Wort gesprochen sein muss. Auch die Verfahrenskosten könnten sich in diesem Fall bisher im Rahmen halten, da die Gebühr für den Löschungsantrag lediglich 450,- Euro beträgt, zu der jedoch noch die Anwaltsgebühren zugerechnet werden müssen.
Die vorgebrachten Argumente sind entscheidend
Wie aus der Begründung hervorgeht, werden im Rahmen der Bewertung keine Recherchen bezüglich der Eintragungshindernisse von der Löschungsabteilung selber durchgeführt, da diese bereits vor der Eintragung der Unionsmarke durch das Amt geprüft wurden. Vielmehr beschränkt sich die hier durchgeführte Analyse auf die Tatsachen und Argumente, die von beiden Parteien im Rahmen des Nichtigkeitsverfahrens vorgebracht wurden.
BlueBrixx zählt hier insbesondere die technischen Funktionen der einzelnen Teile einer Minifigur auf und argumentiert zusammenfassend, „dass die angefochtene Marke in jeder Hinsicht und in allen einzelnen Elementen so gestaltet sei, dass die darin wiedergegebene ‚Minifigur‘ mit Teilen anderer Klemmbausteinfiguren sowie mit den Klemmbausteinen der Inhaberin kombiniert werden könne“. Somit ergeben sich aus Sicht des Flörsheimer Händlers sämtliche Merkmale der Unionsmarke „unmittelbar aus der Funktion der in der Marke wiedergegebenen ‚Minifigur‘“, phantasievolle Gestaltungen werden dabei nicht erkannt.
Lego beruft sich im Wesentlichen auf die Entscheidungen der früheren Verfahren, welche in mehreren Instanzen für den dänischen Hersteller erfolgreich verliefen. Aus Sicht der Markeninhaberin wurden dabei keine Fakten vorgetragen, „die neu wären gegenüber dem, was bereits im vorangehenden Nichtigkeitsverfahren vorgetragen und bis hin zum Europäischen Gerichtshof verworfen worden sei“. Eine Übertragung anderer Urteile auf diesen Fall sieht der Hersteller nicht.
Löschungsabteilung folgt Legos Argumentation
Dieser Auffassung folgt auch die Löschungsabteilung, welche ebenso der Ansicht ist, dass die neueren Urteile und Rechtsauffassungen an dieser Stelle nicht von Belang wären sowie, dass die Rechtsfragen „in den früheren Entscheidungen tiefgehend geprüft worden sind“. Entscheidend sind dabei die sogenannten „wesentlichen Merkmale“ der Marke. Nach Ansicht der Löschungsstelle ist durch die Ausführungen des Flörsheimer Händlers nicht ersichtlich, dass das Markenzeichen ausschließlich „aus der Form besteht, die durch die Art der Ware bedingt ist“. Zudem sei auch nicht ersichtlich, dass die Warenform Elemente aufweist, die die Gestaltung erforderlich macht und dass die Form durch die Art der Ware bedingt wäre.
Im Zuge der Begründung wird auch aufgegriffen, dass der Löschungsantrag die Eintragung in allen drei eingetragenen Klassen (Klasse 9: Dekorative Magnete; Computerspiele; Herunterladbare Computerspiele: Bespielte Daten- und Informationsträger, Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen sowie Klasse 28: Spiele, Spielzeug) umfasse, die durch BlueBrixx vorgebrachte Argumentation sich jedoch nur die Klasse 28 beziehe.
Zudem kann die dem EUIPO unterstellte Abteilung aus den dargestellten Argumenten nicht erkennen, dass kein Ausdruck einer phantasievollen Gestaltung der Spielfigur vorläge. Darüber hinaus scheint sowohl für die Löschungsabteilung wie auch für die verschiedenen Kammern in dem vorangegangenen Verfahren der Umstand entscheidend zu sein, dass die Unionsmarke in ihrer Eintragung eine Spielzeugfigur darstellt und hierbei nicht auf die einzelnen Elemente dieser eingeht. Aus diesem Grund ist der Gesamteindruck des eingetragenen Markenzeichens ein wesentlicher Punkt der Entscheidungsfindung.
Interessante Anhaltspunkte
Trotz des vermeintlich negativen Ausganges für BlueBrixx enthält die Begründung einige Bewertungen sowohl der Löschungsabteilung als auch vom dänischen Marktführer, die eventuell für andere Verfahren von Belang sein könnten. So wurde von Lego im Rahmen der Argumentation vorgetragen, dass sich BlueBrixx auf das deutsche Patent Nr. 28 36 971 beziehe. Diese Elemente hätten sich aus der Sicht von Lego „nicht auf die äußere Erscheinung der Figuren und deren einzelne Teile bezogen, sondern lediglich auf wenige, spezifische Elemente, nämlich die über ein Hüftscharnier drehbaren Beine, deren Hinterseite Aussparungen zum Verklemmen mit Klemmbausteinen aufweise“. Dabei ist der dänische Hersteller der Ansicht, diese Elemente seien entweder gar nicht sichtbar oder nur ganz nachrangig“.
Darüber hinaus ist die Löschungsabteilung aufgrund der Argumentation der Beschwerdeabteilung sowie des Gerichtes im früheren Verfahren zwischen Lego und Best-Lock der Ansicht, dass die bloße Verbaubarkeit sowie die Verbindungsmöglichkeiten durch die Eintragung „nicht als ‚technische Wirkung‘“ betrachtet sind. Insbesondere wurde bereits in dem früheren Verfahren auf die Ausbuchtungen an den Füßen und die Noppe auf dem Kopf eingegangen und festgestellt, dass diese nicht zu den „wesentlichen Merkmalen“ der Markeneintragung gehören.
Dies ist insofern interessant, als dass bisher häufig von Händlern und Mitgliedern der Community vermutet wurde, dass insbesondere die Noppenaufnahmen zum Aufnoppen in der sitzenden Haltung ein Problem für die Minifiguren der alternativen Hersteller darstellen würde.
Welcher Zweck wurde verfolgt?
An dieser Stelle stellt sich natürlich die Frage, warum die Minifigur in ihrer Gesamtheit in diesem Verfahren angegriffen, jedoch keine Konkretisierung der „wesentlichen Merkmale“ angestrebt wurde. Eventuell ist letzteres aber auch gar nicht in pauschaler Form möglich, da ja auch Figuren wie die von Xingbao oder gar die neueren Mega Construx Figuren zeigen, an welchen Stellen man bei gleicher oder an einigen Stellen sogar größerer Funktionalität von der eingetragenen Form abweichen kann und vor allem, wie unterschiedlich diese Abweichungen ausgeprägt sein können.
Jedoch wird dieser Nichtigkeitsantrag vermutlich deutlich günstiger gewesen sein, als es das bestimmt noch folgende markenrechtliche Verfahren aus der einstweiligen Verfügung wird. Zudem sind seinerzeit dem Anschein nach durch den Marktführer auch Figuren beanstandet worden, die keine Abweichungen zum eingetragenen Markenzeichen erkennen lassen, wie beispielsweise die Minifiguren von Sembo.
Zumindest zeigt sich, dass ein Antrag auf Löschung eines Markenzeichens sehr präzise und wohldurchdacht begründet sein muss, um in den verschiedenen Instanzen Erfolg zu haben – wie es der erfolglose Löschungsversuch bezüglich des Geschmacksmusters der 3× 4 Plate gezeigt hatte.
4 Kommentare
Pandoras Box
Hallo zusammen,
ich muss ganz ehrlich zugeben: Ich fände es gar nicht so schlimm, wenn der Markenschutz so bestehen bleibt, dass niemand im europäischen Raum die Figuren von LEGO kopieren darf. Vor allem deshalb, weil im letzten Jahr richtig gute und interessante Alternativen zur klassischen LEGO Minifigur an den Markt gekommen sind, die ein enormes Potential haben. Das Einzige was ich nicht gut finde, ist das die Beine hinten keine Noppen haben (Cobi, Xingbao etc) und sich somit nicht setzen können. Hier wären noch Lösungen schön, aber ich finde es sehr bereichernd das hier eine Vielfalt entstanden ist bzw immer noch entsteht.
Beste Grüße,
Kathrin von Pandoras Box
P.S.: Danke dafür, dass ihr vieles in diesem Artikel klarstellt, was in der Community schon wieder als Falschmeldung kursiert. Top recherchiert!
5N00P1
Ich würde sagen Jein 😉
Ich habe nichts gegen die XB Figur an sich, aber sie ist zu groß! Und damit faktisch in der Welt nicht brauchbar bzw. kompatibel.
Ja man kann sie nicht hinsetzen ärgerlich, wer sich ein Western Set von BB gekauft hat kennt das:
– Die Stühle und Tische sind kompatibel zur Lego Figur, aber nicht den enthaltenen XB Figuren
– Das gleiche gilt für die Pferde.
– Türen wirken zu klein, Fenster zu flache
Sonst bin ich bei dir.
Ich denke aber die Herausforderung ist:
Eine Figur zu erschaffen die mit Lego kompatibel ist die also gleich breit, hoch & tief ist.
Pandoras Box
Hey Du,
da hast Du recht. Die XB Figuren sind (noch?) zu groß. Ich denke aber, dass es nur eine Frage der Zeit wäre, bis Lösungen geschaffen werden. Beispielsweise hat Cobi Sitzmöglichkeiten für ihre Figuren entwickelt, die ohne die klassischen Noppenaufnahmen an den Beinen auskommen und die funktionieren ziemlich gut. Vermutlich ist hier das Schwierige eher der Punkt: “Think outside the box”. Es bleibt also spannend zu sehen was wohl noch kommen wird.
Beste Grüße und hab ein tolles Wochenende,
Kathrin.
Pandoras Box
Madcat77
Das Problem mit der 3D Marke ist doch, das nicht klar definiert ist, ab wann eine abweichend gestaltete Figur rechtskonform ist.
Mein Eindruck ist, das will Lego auch nicht. Gerade weil es nicht definiert ist, bietet es so die Möglichkeit erst einmal vor Gericht ziehen zu können. Auch wenn man eventuell später unterliegen sollte und die angefochtene Figur doch erlaubt wird, ist der Nutzen für den Marktführer vorhanden. Der Markteintritt von Alternativen wird gehemmt wo es nur geht damit. Siehe QMAN aktuell. Kleinere Händler werden eingeschüchtert, mittlere bis große erstmal gestoppt.
Die ganze Taktik gibt Lego pro Marke (die angefochten wird) sicher 2-3 Jahre Ruhe. Und darum ist Lego auch gar nicht daran interessiert einen Design Guide für Minifiguren zu definieren, nach dem alternative Hersteller Ihre Figuren rechtssicher gestalten könnten.
Dabei wäre das sicher möglich a la “der Kopfsteine muss in Form von unserem abweichen, die Beine müssen in Form oder Funktion von unseren abweichen, der Oberkörper darf nicht trapezförmig sein, Arme müssen in Form oder Funktion abweichend sein.” dann wüsstest ein Hersteller schon was er tun sollte. Heraus würde eine Mischung aus QMAN und Xingbao kommen vllt. Oder sowas wie Beine von QuanGuan mit Kniegelenk, Oberkörper von Xingbao (neu) und Kopf von COBI
Aber da das eben nicht der Fall ist – ein existierender Guide wo LEGO Abweichung von ihrem Design definieren, bleibt in meinen Augen nur die Löschung der Marke als rechtssichere Methode endlich Ruhe zu bekommen.
Ich würde mich freuen wenn in einem Urteil mal Lego zwar Recht hinsichtlich Ihrer Marke bekommen würde, aber gleichzeitig dazu verpflichtet würde einen solchen Design Guide zum Schutz Ihrer Marke zu definieren.