Als bekannt wurde, dass Lego für sein in diversen Technikmodellen verbauten Getriebetyp einen Patentantrag gestellt hatte, wir die Aufregung in der Klemmbausteinszene groß: Freakware stoppte die Auslieferung des italienischen Sportwagens von CaDA, bei welchem ebenso auf eine der genannten Umsetzungen zurückgegriffen wurde, und Händler versuchten mit kräftigen Rabatten das Set vor der Erteilung des Schutzes noch zu veräußern. Bereits Ende des letzten Jahres hatte CaDA eine eigene Lösung vorgestellt, um einer eventuell ins Haus stehenden rechtlichen Auseinandersetzung mit dem dänischen Marktführer aus dem Weg zu gehen. Diese hat mittlerweile auch ihren Weg in die Neuauflage des nicht gerade kleinen Flitzers des chinesischen Herstellers gefunden.
Unverhofft kommt oft
Kurz vor Weihnachten fand über den zuständigen, etwas gestressten, aber sehr freundlichen Paketboten etwas Großes seinen Weg in die Redaktionsräume von Just Bricks. Freakware hatte, ohne es groß anzukündigen und sehr überraschend, einen ersten Prototypen des umgerüsteten italienischen Sportwagens, der nun auf die Set-Nummer C61057 hört, für einen genaueren Blick zur Verfügung gestellt. Das bedeutet unter anderem, dass das neu gestaltete Getriebe noch aus dem 3D-Drucker und nicht aus einer Spritzgussmaschine stammt und daher noch komplett in Weiß statt der späteren Farbgestaltung gehalten ist. Neu waren darüber hinaus auch zwei Teile der wieder über sechs Hefte verteilten Bauanleitungen. Das beim Rest auf die bisher genutzten Exemplare zurückgegriffen wurde, war bereits beim Auspacken an den unterschiedlichen Abmessungen zu erkennen. Darüber hinaus dürften aber auch die bereits geänderten Hefte noch nicht final gewesen sein, da hier an mehreren Stellen noch einmal Teile mit korrigierten Bauschritten überklebt wurden. Es kann zudem davon ausgegangen werden, dass auch noch weitere der einzelnen Hefte überarbeitet werden dürften, da an einigen Stellen später immer wieder Teile des ursprünglichen Getriebes zu erkennen sind.
Neben dem neuen Bauteil befand sich auch ein aus dem 3D-Drucker stammendes komplettes und geschlossenes Differenzialgetriebe, welches nicht mehr wie gewohnt, aus einzelnen Teilen zusammengesetzt werden muss. Dieses findet aber während im Aufbau keine Erwähnung.
Wir erinnern uns
Im September 2021 ging ein nicht mehr kleiner Aufruhr durch die Klemmbausteinszene: Lego stand kurz davor ein Patent für ein Getriebetyp zugesprochen zu bekommen, welchen das Unternehmen mit dem Bugatti Chiron (42083) eingeführt und im Laufe der Zeit einigen weiteren Technikmodellen zuführte – darunter unter anderem dem Land Rover Defender (42110) sowie dem Lamborghini Sián (42115). In der Ducati Panigale (42107) hatte dagegen eine kleinere Variante der neuen Lösung ihren Platz gefunden. Die im Klemmbausteinbereich neue Lösung wurde von Lego am 11. Januar 2018 unter der Nummer PA 2018 7001 in Dänemark zum Patent angemeldet, ein Jahr später erfolgte die internationale Nachmeldung unter der Nummer WO 2019/137993 beim World Intellectual Property Organization (WIPO), der Weltorganisation für geistiges Eigentum. Weitere Einreichungen folgten, darunter unter anderem auch beim europäischen Patentamt (EPO). Auf Nachfrage von Just Bricks bestätigte Markus Schaak, Geschäftsführer der freakware GmbH, dass das Patent mittlerweile auch erteilt wurde. Ein versuchter Einspruch soll dabei seiner Aussage nach verworfen worden sein.
Der zunächst vielleicht etwas unscheinbare Antrag hatte es bei genauerer Betrachtung jedoch in sich: Da es sich bei der Schutzart um ein Patent handelt, steht die technische Umsetzung beziehungsweise Lösung im Mittelpunkt – ein leichtes Abändern der Teile, wie es beim Designschutz teilweise schon ausreicht, würde in diesem Fall an einem Rechtsverstoß nichts ändern. Das Problem: Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde die Lösung auch bei den alternativen Herstellern eingesetzt, unter anderem bei der Erstversion des hier beschriebenen italienischen Sportwagens. Würden Gerichte einen Patentverstoß erkennen, könnte dies zu einem Verkaufsverbot führen und das weltweit – von den Folgen einer Bestrafung einmal komplett abgesehen. Das führte dazu, dass Freakware den Verkauf an Händler einstellte und die Händler selbst schnell versuchten, die sich noch auf Lager befindlichen Sets durch große Preisnachlässe vor Erteilung des Patentes loszuwerden.
Doch nicht nur Hersteller könnten durch das Patent in Bedrängnis gelangen, auch MOCer, welche die Anleitung für Ihre Kreationen verkaufen, hätten laut Aussage von Rechtsexperten betroffen sein können. Ob es Lego jedoch wirklich hätte darauf ankommen lassen, mit solchen Entscheidungen die MOCer-Szene gegen sich aufzubringen, ist bis zum heutigen Tag fraglich geblieben.
Kurz nachdem die Problematik eine größere Aufmerksamkeit erfahren hatte, meldeten sich diverse Stimmen zu Wort, welche wiederum der Meinung waren, dass Lego auf seine Lösung gar kein Patent erhalten dürfte, da die Umsetzung laut deren Aussage nicht wirklich neu war und bereits im großen, also realen Maßstab, schon länger verwendet wird.
Etwas Neues muss her
Um Rechtsstreitigkeiten aus dem Weg zu gehen, machte sich CaDA daran, eine eigene und damit rechtssichere Lösung für das gestellte Problem zu finden. Rund ein Jahr später, im September des letzten Jahres, veröffentlichte Luca auf seinem YouTube-Kanal „Brick-a-brac“ einen ersten Eindruck des neuen Getriebes, zu der Zeit noch mit zusammengeschraubtem Korpus, dafür aber bereits in den finalen Farben.
Die Funktionsweise des etwas größeren Bauteiles unterscheidet sich in einigen Teilen deutlich von der des dänischen Marktführers. Während sich bei diesem die Lösung zum Durchschalten der Gänge selbst komplett bewegt, bleibt bei der neuen Ausführung von CaDA der Korpus stabil und nur das Innenteil in Form einer Art „Walze“ bewegt sich. Diese besitzt Aufnahmen für vier Stifte, welche auf jeder der Seiten eingeführt werden können und die über eine nicht ganz halbrunde Aufnahme, welche schon fast wie die von realen Getrieben bekannten Schaltklauen wirken, für die Schaltelemente besitzen. Die Stifte wiederum werden über jeweils einen Slider stabilisiert, wobei die Bewegung komplett über die genannten Stifte erfolgt – ohne diese bewegen sich auch die Slider nicht. Wird nun das Innere gedreht, wandern die Stifte, über eine wellenartige eingelassene Führung in der Walze gesteuert, wie eine Welle nacheinander auf und ab, wobei die sich gegenüberliegenden Seiten immer entgegengesetzt ausrichten – ist die eine Seite oben, ist die andere automatisch unten und umgekehrt.
Generell sorgt die neue Lösung von CaDA für das gleiche Ergebnis wie das Pendant von Lego: Mit den genannten Stiften können mit einer Umrundung im Grunde vier Gänge durchgeschaltet werden. CaDA verbaute die neue Schaltungsart bereits im Fantasma Sportscar C61048W, bevor sie schließlich auch bei der Neuauflage des italienischen Sportwagens Einzug fand.
Nicht viel Neues – und das ist gut so!
Für alle Informationen zum Set bezüglich des Aufbaus, der Qualität und anderen Dingen, kann getrost auf den Review vom 15. Mai 2021 verwiesen werden – alles andere wären nur Wiederholungen. So hat sich, von dem beschrieben Getriebe einmal abgesehen, nichts am Aufbau geändert. Der einzige Unterschied zum vorherigen Test bestand darin, dass Freakware nun die motorisierte Version zur Verfügung gestellt hat, worauf noch genauer eingegangen wird.
So besitzt der Aufbau auch bei der neuen Variante durchaus einen gewissen Anspruch, der aufgrund der sehr guten Anleitung aber ebenso von Anfängern in dem Bereich gut gemeistert werden kann. Auch die Steinequalität ist erneut über jeden Verdacht der Kritik erhaben. Der Aufbau macht wieder viel Spaß und zeigt erneut, was beim dänischen Marktführer so alles schiefläuft.
Und wie läuft es?
Doch wie bewährt sich das neue Getriebe in der Praxis? Aufgrund der fehlenden Motorisierung im seinerzeit zur Verfügung gestellten originalen Modell kann kein direkter Vergleich gezogen werden, daher können in diesem Fall nur Aussagen zur neuen Variante gemacht werden.
Nach den ersten Testfahrten war aber schnell klar, dass CaDA mit der neuen Umsetzung eine funktionierende Lösung geschaffen hat. So ließen sich die Gänge ohne Probleme über die Schultertasten der Fernbedienung durchschalten, wodurch sich auch die Geschwindigkeit des Gefährtes anpasste. Ab und zu knirschte es jedoch noch ein wenig, wobei die Ursache nicht ausgemacht werden konnte. Ein Grund könnte in der Fertigung per 3D-Druck liegen, bei dem an der einen oder anderen Stelle vielleicht doch noch ein Grat vorhanden war und es bei der Bewegung noch etwas hakelte. In den meisten Fällen reichte es jedoch aus, einmal kurz Rückwärts zu fahren, damit sich alles wieder „einrenkte“ und die Spritztour weitergehen konnte. Es bleibt zu hoffen, dass bei der aktualisierten Variante, die es mittlerweile auch bei uns zu kaufen gibt, die Probleme nicht mehr auftreten.
Ob die neue Lösung von CaDA in Bezug auf das Patent rechtlich nicht mehr angreifbar ist, kann an dieser Stelle natürlich nicht beurteilt werden. In dieser Hinsicht muss die nächste Zeit abgewartet werden.
Kleiner Tipp der Redaktion: Leider lässt das RC-System von CaDA nur die Wahl zwischen Nullstellung und voller Leistung. Wer es aber etwas feinjustierter haben möchte, kann auf die Batterie-Box mit integrierter Funkeinheit von Mould King zurückgreifen. Der chinesische Hersteller bietet für diese eine Fernbedienung mit analogen Sticks an. Die Box besitzt die gleichen Abmessungen, die gleichen Anschlüsse sowie auch das gleiche Protokoll für die Motoren, sodass die verbauten ohne Probleme weitergenutzt werden können. Dafür müssen lediglich zwei Anschlüsse der Motoren auf der Box getauscht werden. Kleiner Wermutstropfen: Die Schaltung erfolgt nicht mehr über die Schultertasten, sondern über einen der Sticks, was nach einer kurzen Eingewöhnung aber kein Problem mehr darstellen sollte. Gleiches gilt ebenso für die Beleuchtung. Der Vorteil liegt aber im deutlich höheren Fahrspaß, da die Geschwindigkeit und auch der Einlenkwinkel viel genauer dosiert werden können. So macht RC auch mit Klemmbausteinmodellen Spaß.
Es bleibt zu hoffen, dass nun wieder ein wenig Ruhe bezüglich des Themas einkehrt und Baumeister sich wieder auf tolle Technikmodelle freuen können.
Anmerkung zum Review
Das Italien Super Car wurde Just Bricks freundlicherweise von freakware für diesen Review kostenlos zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme auf den Artikel fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand ebenfalls nicht.
>> Das Italien Super Car bei freakware
9 Kommentare
5N00P1
Ich hab noch nicht kapiert wie das neue Teil funzt, werde mir wohl das Video mal angucken müssen….
5N00P1
So, nach dem Video….
Passen in diese 4 Aufnahmen normale Bars? Dann könnte man das sicherlich spannend verbauen, ich fürchte nur die Antwort ist nein…
Michael Schäfer
Nein, die neue Lösung ist für größere Radien ausgelegt…
Mike
Eine Frage noch, wurde bei der neuen Version auch die Gitter vorne besser verbaut/verstärkt? Weil die haben beim bauen mega genervt, weil die relativ früh verbaut worden sind und bei der kleinsten Bewegung sofort runtergefallen sind. Es gab ja nachträglich von Bruno ein Tip, wie man das besser verbauen konnte. Wäre interessant ob Cada das übernommen hat oder selber nachverbessert hat.
Michael Schäfer
Moin,
ich habe gerade mal die beiden Anleitungen rausgekramt. Du meinst die beiden über die “Gartenzäune” umgesetzten Luftfilter unten? Nein, die werden in beiden Versionen in gleicher Weise in Bauschritt A59 eingebaut. CaDA scheint zwischen den Versionen aber anscheinend die Steinequalität verbessert zu haben – beim zweiten Modell sind mit die auch nicht mehr abgefallen, scheint die Klemmkraft höher zu sein.
Mike
Guten Tag Michael,
vielen Dank für deine zügige Antwort und danke fürs Nachschauen. Du/Ihr macht einen Top-Job 🙂 weiter so.
VG aus Berlin
Michael Schäfer
Besten dank für die Blumen! 😉
Mike
Mir ist noch was aufgefallen. Vorne auf der Motorhaube, bei eurem Bild liegt der Technickbrick drauf aber auf der Homepage von Cada ist es es eben und ist schön verbaut. Leider kann ich hier kein Screenshot hinzufügen. Liegt es am Winkel wie es fotografiert worden ist oder hat Cada hier auch ab dem neuen Modell anders verbaut?
VG,
Mike
Michael Schäfer
Das war ein Moment der Unachtsamkeit von mir. Du meinst das Bild?
https://justbricks.de/wp-content/uploads/2023/01/CaDA-C61057-Italien-Super-Car-im-Review-16.jpg
Das darüber zeigt ja den roten und damit das Original, da liegt die Motorhaube auch so auf. Das tritt je nach dem auf, wie die Motorhaube geschlossen wurde. Manchmal muss diese erst ein wenig nach hinten gedrückt werden, damit es richtig passt.
Da habe ich in dem Moment aber nicht drauf geachtet…manchmal mache ich die Bilder spät in der Nacht und dann sind die Augen und die Konzentration nicht mehr so da…;-)
Also kurz: Wenn man es richtig macht (und nicht so wie ich) schließt die auch bündig…
Du bist aber der erste, dem das bisher aufgefallen ist…!thumbsup!