Der Hersteller Wange dürfte vielen vor allem für seine Sets von architektonischen Berühmtheiten bekannt sein, womit er dieselbe Marktnische bedient, die LEGO mit seiner Architecture-Reihe anvisiert. Mit dem Trevibrunnen wird sogleich ein Set präsentiert, welches in direkter Konkurrenz zu einem (EOL-)Set von LEGO steht und mit einem attraktiven Preis punkten kann. Getrübt wird dies allerdings durch Mängel bei der Steinequalität.
Das Original
Der Trevibrunnen (italienisch Fontana di Trevi) ist mit 26 Meter Höhe und rund 49 Meter Breite der größte Brunnen Roms. Er befindet sich auf der Piazza di Trevi vor dem Palazzo Poli in Rom. Er wurde in den Jahren 1732–1762 vom Architekten Nicola Salvi für Papst Clemens XII. geschaffen, wobei beide die Vollendung des Baus nicht mehr erlebten. Die Versorgung des Brunnens erfolgt durch ein Aquädukt, welches seit der Antike besteht: Dem Acqua Vergine. Rund 80 Millionen Litern Wasser fließen täglich durch den Brunnen und stellen damals wie heute eine beliebte Trinkwasserquelle dar, wobei diese Funktion durch die moderne Trinkwasserversorgung und den Tourismus in den Hintergrund rückte.
Die Gestaltung des Brunnens gilt als eines der Meisterwerke des Barocks und stellt verschiedene allegorische Themen und Wesen der Naturgewalten dar, über denen Oceanus in der Mitte der Fassade thront.
Das Set
Die miniaturisierte Version des Trevibrunnen wird in einem Karton verkauft, welche bereits eine detaillierte Ansicht des Modells liefert, als auch auf der Rückseite bereits die wesentlichen Informationen zur Vorlage erläutert. Der Karton ist mit den insgesamt 8 Tüten gut gefüllt. Die gedruckte Anleitung liegt lose bei und war bereits leicht zerknickt. Einen Aufkleberbogen sucht der Baumeister vergebens, die einzige Beschriftung – die Plakette – ist auf eine Fliese gedruckt.
Der entfernte Cousin
Neben der baulichen Vorlage in Originalgröße bietet sich auch ein Vergleich mit einem anderen Modell an. So hat Lego den Trevibrunnen bereits im Jahr 2014 mit dem Set Nr. 21020 im Rahmen der Architecture-Reihe umgesetzt. Auf den ersten Blick ergeben sich dabei so einige Gemeinsamkeiten der Modelle: So sind der Fassadenbau, die Umrandung des Brunnens und vor allem die Wappengestaltung nahezu identisch aufgebaut, wird vom Tausch einzelner Bauteile abgesehen.
Die größeren Unterschiede ergeben sich erst bei der Gestaltung der Statuen sowie des Beckens. Ein Vergleich der Bauanleitungen ergibt auch an drei Stellen markante Ähnlichkeiten der Bautechniken, sodass getrost davon gesprochen werden kann, dass für das Modell von Wange, welches erst 2016 veröffentlicht wurde, zumindest das Modell von LEGO eine wichtige Inspirationsquelle war.
Die Anleitung
Die klammergebundene Anleitung nimmt im aufgeschlagenen Zustand mit 26 × 38 cm recht viel Platz auf dem Bautisch in Anspruch. Die Größe wird aber auch für die detaillierte Darstellung der Bauschritte benötigt, da Wange pro Bauschritt selten weniger als 20 Teile verbaut und alle Schritte in derselben isometrischen Perspektive abgebildet sind. Dabei werden bereits verbaute Steine in weißer Farbe und grauer Umrandung dargestellt, während neu hinzukommende Teile im passenden Farbton und schwarzer Umrandung erscheinen. Da das Modell allerdings zu einem Großteil aus weißen Steinen besitzt, ist an einigen Stellen hohe Konzentration gefragt, um die neuen Elemente zuzuordnen. An kniffligen Stellen weisen zusätzlich rote Pfeile auf die noppengenaue Anordnung der Teile hin. Positiv ist außerdem hervorzuheben, dass bei größeren Platten und Steinen die Längenangaben mit angegeben werden.
Nach 40 Bauschritten auf 21 Seiten ist das Ziel erreicht. Zusätzlich befindet sich am Ende eine Auflistung der enthaltenen Teile, allerdings ohne Angabe der Teilenummern, mit denen man sie beispielsweise für eine eventuelle Reklamation eindeutig referenzieren könnte.
Der Aufbau
Begonnen wird zunächst mit dem Sockel, auf dem das Modell ausgestellt wird. Dieser wird mit Brick-hohen Platten und Pins zusammengesteckt. Alsdann wird das Fundament der Fassade gebaut und zunächst die hintere Wand hochgezogen. Dieser Bauabschnitt ist recht eintönig, da hier etliche 1 × 1 Bricks aufeinander gesetzt werden.
Im Anschluss erfolgt die vordere Mauer, mit dem detaillierten Säulenwerk, was zumindest etwas Abwechslung beim Bau ergibt, auch wenn einige Bauelemente wiederholt werden. Ist das Mauerwerk fertiggestellt, erfolgt der Bau des Daches. Dieses setzt für die Simsgestaltung auf einige 2 × 2 Jumper Plates – übrigens in genau derselben Anordnung und Bauweise, wie beim LEGO-Modell. Den Abschluss bildet das umrandete Wappenschild.
Danach wird das Becken des Brunnens weiter gebaut, dessen Fundament aus einigen 2 × 6 Plates besteht. Auf diesen werden nach und nach die Felsen und Statuen gesetzt. Zum Schluss wird die Umrandung geklemmt und die Plakette aufgesetzt.
Qualität der Steine
Da auf einem strahlend weißen Untergrund gebaut wurde, fiel der höhere Gelbgrad der weißen Steine auf (was im Übrigen durch den gelben Hintergrund der Bauanleitung nochmals verstärkt wurde). Im direkten Vergleich mit LEGO-Teilen bestätigt sich dies. Die Abweichung ist nicht gravierend, fällt aber auf. Mit Blick auf die Vorlage muss allerdings gesagt werden, dass gelbliches Weiß dieser mehr gerecht wird, besonders im sonnigen Italien.
Schwerwiegender waren einzelne Teile, die eindeutig bereits vergilbt oder leicht verschmutzt waren. Auch gibt es hier und da nicht sauber entgratete Kanten, was besonders bei dunkleren Farbtönen auffällt.
Die Klemmkraft der Steine ist meistens auf einem guten Niveau, das gefühlt über der von LEGO liegt. Dadurch müssen die Steine meist fester angedrückt werden, allerdings hatte der Autor zum Schluss auch keine schmerzenden Finger.
Ausreißer nach unten gibt es bei Teilen, welche nur eine Noppe als Verbindungspunkt besitzen – besonders bei den Cones fällt dies auf. In diesen lassen sich die Stangen auch nur sehr schwer reinstecken.
Der Druck auf der Plakette wirkt aus normaler Entfernung gut, in naher Betrachtung fällt aber auf, dass das Weiß nicht komplett deckend aufgetragen ist und löchrig wirkt.
Fazit
Das vorliegende Set lässt den Autor etwas ratlos zurück. Grundsätzlich bedeutet ein Set im Maßstab der Architecture-Reihe, bei dem Wange sich eindeutig an LEGO orientiert, dass eine hohe Detailtreue nicht umsetzbar ist. Der Reiz solcher Sets kann also nur aus einem gewissen Wiedererkennungswert des Originals gepaart mit einer „inneren“ Eleganz des Modells selbst bestehen, damit diese auch mit Stolz ausgestellt werden.
Während jedoch LEGO hier mit Rückgriff auf besonders geschützte Teile wie Microfiguren und anderen, an einigen Stellen ein gewisser Erkennungswert gewisser Details gelang, fallen bei der Version von Wange einige Umgehungsschritte auf, die besonders bei der Gestaltung der kleinen Statuen viele markante Details vermissen lassen und diese als solche somit nicht erkennbar sind.
Hier muss schon ein Vergleich zum Original bemüht werden, um festzustellen, was dort eigentlich dargestellt wird. Die Entscheidung, das Modell auf eine Art Vitrinen-Boden zu stellen, ist zwar gut gedacht, aber aus Sicht des Autors nicht überzeugend umgesetzt.
So bewirken die recht großen Überstände des Bodens (jeweils vier Noppen links und rechts sowie zwei Noppen in der Front) im Zusammenspiel mit der ungefliesten Oberfläche, dass das Modell etwas verloren dasteht. Eine weitere Gestaltung der Umgebung um das Modell herum würden mehr Wirkung erzielen, als das bloße Aufsetzen der Plakette daneben.
An manchen Stellen wirkt das Modell von Wange zudem zu wenig eigenständig, da dort eine direkte Orientierung an das Modell von LEGO auffällt, weswegen von einer geringen Originalität gesprochen werden kann. Unverständlich dabei ist dann die Entscheidung des Herstellers, ausgerechnet für die Hauptsäulen beim Design abzuweichen und geriffelte Sonderteile zu nutzen, die man im LEGO-Kosmos so nicht findet: Beim Original sind diese Säulen tatsächlich glatt.
Letztlich bleibt es dem persönlichen Geschmack des Baumeisters überlassen, wie die Gestaltung des Modells auf ihn wirkt.
Und dies sollte dann auch maßgeblich sein, denn großen Bauspaß erwartet ihn nicht. Dazu sind die Bautechniken zu simpel und repetitiv. Dafür ist das Modell aber auch in kurzer Zeit aufgebaut und beschert einen raschen Bauerfolg.
Zusammen mit den vorhandenen Mängeln bei den Teilen kann der Autor das Set nur an absolute Liebhaber des Originals empfehlen, für die ein Gebrauchtkauf oder Nachbau des LEGO-Sets keine Option ist.
Wange 4212 – Trevibrunnen im Review – Slideshow
Wange 4212 - Trevibrunnen im Review
- trotz einiger Ausreißer lässt sich mit den Steinen gut bauen
- die Details der Vorlage sind nur mäßig umgesetzt
- einzelne verdreckte und vergilbte Steine
- ein Fehlteil
- wenig Abwechslung beim Bau
3 Kommentare
Heiko b
1 schönes Vorbild aus dem schönen Italien zu einfach und zu simpel dargestellt meiner Meinung nach
Das klingt nach 1 Set, dass ich recht gut als teilespender für eigene Mocs in weiss usw kaufen und nutzen würde schade, dass vor allem die figuren im und am Brunnen einfach zu einfach dargestellt sind das würde nicht nur mir den Bauspass ganz schön schmälern
Liebe anhänger von Wange, bitte nicht böse sein für diesen Beitrag
Matthias Schneider
Teilespender ist ein gutes Stichwort, besonders wegen der Sondersteine mit der Säulenform. Wären da die nicht die vergilbten Steine, würde ich auch dazu raten. Aber in diesem Ausmaß hat mich das schon etwas erstaunt. Es ist aber auch schwierig von einem Set auf weitere zu schließen. Bei anderen Wange-Sets – wobei ich hier nur zwei weitere besitze – ist mir das nicht so vorgekommen.
Heiko b
Hallo Matthias,
Vielen Dank für die Anmerkung
Natürlich ist meine hier zu sehenden Einschätzung nur für das Modell des Treviso Brunnens
Über weitere Modelle von Wange kann ich und möchte ich keinerlei Aussagen zu den Steinen und zur weiteren Verwendung dessen bei rigenbauten machen das muss man dann wohl von Fall zu Fall machen nach 1 dementsprechenden längeren und ausführlicheren Betrachtung und Einschätzung dessen durch die jeweiligen Käufer innen in Deutschland und umgebung