Mit dem Brandenburger Tor präsentiert Wange ein weiteres Modell aus seiner mittlerweile etablierten Architekturreihe. Das Modell selbst überzeugt durch einen schönen Detailgrad, gute Steinequalität und mehrere Stunden Bauspaß. Lediglich bei der Grundplatte muss Wange in Zukunft auf Kratzer achten.
Das Original
Das Brandenburger Tor stellt das einzige noch erhaltene der ehemals 18 Berliner Stadttore dar. Das erste sich an seiner Stelle befindliche Tor wurde bereits um 1670 gefertigt, bevor mit dem Bau der damaligen Zollmauer 1734 sein eigentlicher Vorgängerbau errichtet wurde. Nur bereits wenige Jahrzehnte später wurde das Bauwerk im Sommer 1788 wieder abgerissen und an seiner Stelle mit dem Bau des heute bekannten Bauwerkes begonnen, damals noch unter dem Namen „Friedenstor“.
Auch geschichtlich ist das Triumphtor mit vielen bedeutenden Ereignissen verbunden. Neben dem Ende der napoleonischen Herrschaft wird es vor allem als Sinnbild für den Eisernen Vorhang und die Teilung Deutschlands in gesehen, aufgrund seiner unmittelbaren Lage an der Grenze zwischen Ost- und West-Berlin symbolisierte es für viele Menschen während des Kalten Krieges das Aufeinandertreffen der beiden Militärkräfte.
Das heutige Brandenburger Tor besitzt eine Höhe von 20,3 Metern, wobei die Spitze der Quadriga bis zu einer Höhe von 26 Metern reicht. Die Breite des Bauwerkes beträgt 62,5 Meter und seine Tiefe 11 Meter. Die Säulen selbst sind 13,5 Meter hoch und besitzen einen Durchmesser von jeweils 1,73 Metern.
Das Modell
Wange fertigt sein Modell des Brandenburger Tors, welches aktuell für rund 60 Euro zu erwerben ist, aus 1.552 Steinen. Diese sind in 13 Tüten verpackt und nicht nach Bauabschnitten sortiert. Daher wäre eine Separierung für den Bauvorgang im Vorfeld von Vorteil. Aufgrund der Steinezahl benötigt bereits eine grobe Sortierung rund 15 bis 20 Minuten, es wird aber empfohlen, vor allem die in großer Anzahl vorkommenden kleineren Bauteile ebenfalls zu trennen – das vereinfacht den späteren Aufbau ungemein.
Bauanleitung mit geringem Bauanteil
Wird die Bauanleitung des Brandenburger Tors mit denen früher Modelle von Wange verglichen, wird schnell deutlich, dass der chinesische Hersteller auch hier gestalterisch zugelegt hat. So werden auf 4 Seiten zunächst die Vorzüge der eigenen Architektur-Reihe präsentiert. Auf den weiteren Seiten wird sehr anschaulich und farbenfroh die Funktion des beiliegenden Steineseperators erklärt, der Vorteil des Sortierens und eine Übersicht der Ausmaße der einzelnen 1xX-Plates und der Achsen im Maßstab von 1:1 aufgezeigt. Darüber hinaus führt die Anleitung einen vierseitigen kurzen Abriss über die Historie des Bauwerkes mit vielen alten Bildern.
Erst auf Seite 16 beginnt die eigentliche Anleitung, in deren Verlauf Wange auf 20 Seiten die 1.552 Teile verbaut. Hier zeigt sich der erste große Unterschied zum dänischen Marktführer: Während dieser in seinen Anleitungen pro Abschnitt gerne lediglich einige Teile verbaut, werden in den ersten vier Abschnitten nach Erstellen der Grundplatte 168 Teile verbaut. So sollte über den gesamten Bauvorgang eine gewisse Konzentration aufgebracht werden, da sonst schnell das eine oder andere Teil übersehen werden kann.
Der Bauvorgang selbst ist in der Anleitung gut beschrieben, auch Wange hält wie viele andere Hersteller an dem Prinzip der Reduktion fest, in dem nur neue Bauteile in ihren jeweiligen Farben dargestellt werden, bisher gebautes wird ausgegraut. Dies kann an der einen oder anderen Stelle für eine gewisse Orientierungslosigkeit sorgen. Positiv zu vermerken ist, dass Wange dem Baumeister direkt zu Anfang mitteilt, wenn gewisse Abschnitte mehrfach gebaut werden sollen. Dies ermöglicht zum einen das direkte Heraussuchen der benötigten Teile sowie ein paralleles Bauen, welches wiederum Zeit spart. Ebenso wird bei größeren Teilen in der Übersicht die jeweiligen Noppenanzahl für die benötigte Größe mit angegeben.
Wange gibt, wie bei chinesischen Herstellern von Klemmbausteinsets im Grunde mittlerweile üblich, eine Altersempfehlung von sechs Jahren an, die aber aufgrund der kleinen Teile zu niedrig angesetzt ist. Zehn Jahre wären hier eine deutlich realistischere Vorgabe.
Der Bauvorgang
Zu Anfang wird zunächst die für die Architekturmodelle von Wange bekannte an ihren Seiten abgewinkelte Grundplatte zusammengesetzt, welche an manchen Stellen beim vorliegenden Modell etwas zerkratzt war. Es sollte hier also darauf geachtet werden, welche Seite die Vorderansicht darstellen wird um eventuell nicht so ansehnliche Teile nach hinten zu stellen.
Die Platte wird in der Mitte nicht aus fertigen Teilen sondern aus unterschiedlich großen Plates gefertigt, welche jedoch eine weniger gute Klemmkraft aufweisen – was gewisse Befürchtungen bezüglich der restlichen Steine aufkommen lässt. Diese sind jedoch, soviel sei bereits vorweggenommen, völlig unbegründet.
Sobald es an die Fertigung der ersten Mauern geht fällt spätestens auf, dass die Farben der verbauten Steine dunkler als die bisheriger Modell von Wange wie zum Beispiel dem Louvre (7017) (Review) oder Big Ben (7012) (Review) ausfallen, womit ein Erweitern der eigenen Steinesammlung schwieriger wird.
Da bei dem Modell des Brandenburger Tores viele kleinere Teile vorkommen, werden diese oft in hoher Anzahl auf einmal verbaut. Das kann schon mal den Anschein des meditativen Bauens erwecken, gerade an diesen Stellen kann sich jedoch aufgrund geringerer Aufmerksamkeit schnell verbaut werden.
Schneller Baufortschritt
Nach rund einer Stunde werden die ersten Säulen verbaut, in Folge kann das Setzen und vor allem das Ausrichten der kleineren Säulen an den beiden Flügelbauten schnell zur Geduldsprobe werden. Spätestens wenn die vier großen Platten auf die Säulen der seitlichen Gebäude gesetzt werden, sollte dies mit wenig Druck geschehen, da vorher mühsam Erbautes schnell wieder einreißen kann. Schwierig wird dabei die Ausrichtung der kleinen Säulen im Bezug auf die Platte, damit diese leicht aufgesetzt werden kann – hier können sich diese schnell verkannten. Sind die Platten jedoch erst einmal aufgesetzt, geben diese dem Gebäude eine gute Stabilität.
Während das Modell 13 Prints beinhaltet, auf diese im späteren Verlauf noch genauer eingegangen wird, hat Wange auf die Darstellung der Reliefs in den Durchgängen der großen dorischen Säulen verzichtet, welche im Original die Herkulessage darstellen. Eine Umsetzung wäre sicherlich möglich gewesen, zumal die Reliefnachbildungen beim Modell gut zu sehen gewesen wären, hätte aber den Preis sicherlich in die Höhe getrieben. Dafür werden zumindest die runden Ausfertigungen durch runde dunkle Plates angedeutet.
Weniger Abbildungen
Ab ungefähr der Hälfte des Bauvorganges werden die ersten türkisen Dachsteine aufgesetzt, welche im Farbton gegenüber dem Original etwas dunkler hätten ausfallen können. Hier konnten zudem vereinzelt Farbunterschiede zwischen den größeren und kleineren Teilen festgestellt werden. Ab diesem Punkt ist das Grundgerüst des Modells fertig gebaut, anschließend geht es nur noch an die Umsetzung des oberen Teils, welches mit der Quadriga endet.
Während das Original sowohl auf der Ost- wie auch auf der Westseite jeweils 16 rund einen Quadratmeter große Metopen-Triglyphen-Friese beherbergt, welche den Streit zwischen den Centauren und den Lapithen aus der griechischen Mythologie thematisieren, hat Wange die Darstellung bei seinem Modell auf jeder Seite mit lediglich 7 bedruckten Steinen bedacht. Diese Umsetzung besitzt jedoch den Vorteil, dass die Prints noch gut zu erkennen sind. Die in den Außenwände des Tores jeweils in einer Nische befindlichen Skulpturen von Mars und Minerva wurden jedoch nicht umgesetzt. Gleiches gilt für das sich unter der Quadriga befindliche Attikarelief.
Feingefühl beim Bau der Statue
Als letzter Bauabschnitt vor dem Zusammensetzen des Oberbaus wird die Quadriga gefertigt, von deren Original lediglich noch ein Pferdekopf vorhanden ist und welcher im Märkischen Museum ausgestellt wird. Die Umsetzung erfolgt relativ grob, so sind unter anderem die Pferdeköpfe aus kleinen Dachsteinen gefertigt. Auch bei der Umsetzung der Figur hätte Lego mit seinen Minifiguren sicherlich einen Vorteil besessen. Der Zusammenbau erfordert an manchen Stellen etwas Fingerspitzengefühl, da unter anderem die Pferdeköpfe nur aufgesteckt sind. Dennoch passt die Darstellung der Siegesgöttin Victoria auf ihrem Streitwagen zum Rest des Modells.
Nach einer Gesamtbauzeit von rund 4 bis 4,5 Stunden ist das Modell fertig gestellt. Die Grundplatte nimmt dabei eine Fläche von 46 x 24 Zentimeter ein, das Bauwerk selbst misst 40,5 x 16,5 x 26 Zentimeter.
Mancher Baumeister dürfte sich dann fragen, ob er während des Bauvorganges nicht das eine oder andere Teil vergessen haben dürfte – beim vorliegenden Modell blieben am Ende 75 Teile übrig, vom 2×6-Bricks über Säulenteile, Plates und Dachteile bis hin zu kleineren Steinen.
Qualität der Steine
Die anfängliche Befürchtung, die Klemmkraft der Steine würde zu gering ausfallen, hat sich während des Bauvorganges nicht bestätigt. Diese kann durchaus mit der des dänischen Marktführers konkurrieren. Auch Kratzer konnten nur an wenigen Stellen und dann auch nur in einem Ausmaß festgestellt werden, wie sie auch bei Lego vorkommen – mit Ausnahme der Einzelteile der Grundplatte, hier hätte Wange mehr Sorgfalt walten lassen müssen. Der Umstand lässt sich zumindest dahingehend entschärfen, dass etwaige beschädigte Teile für die Rückseite verwendet werden. Etwas mehr Sorgfalt hätte auch bei den verwendeten Ketten walten gelassen werden müssen, hier fanden sich noch viele Überreste des Gusses.
Auch die Farbgenauigkeit der einzelnen Steine zueinander fällt gut aus, lediglich bei den türkisen Teilen gibt es sichtbare Unterschiede zwischen den großen und kleinen Bauteilen. Farblich kompatibel zum Marktführer sind die Steine aber nicht, auch zu älteren Sets von Wange gibt es Unterschiede. Die verwendeten Prints sind ebenso in guter Qualität gefertigt. Weniger ansprechend sind dagegen die an manchen Steinen sehr ungünstig platzierten Gusspunkte, welche sich während des Aufbaus nicht immer durch eine entsprechende Ausrichtung verbergen lassen. Das ist aber ein Problem, mit welchem auch andere Hersteller zu kämpfen haben.
Fazit
Für rund 60 Euro erhält der Käufer ein Modell, welches sich aus 1.552 Teilen fertigen lässt – werden die am Ende noch übrig gebliebenen und zu viel verpackten Steine mitgezählt, dann beinhaltet der Karton sogar 1.627 Teile. Das ergibt am Ende einen Teilepreis von 3,9 Cent. Zum Vergleich: Das von Lego 2011 veröffentlichte Brandenburger Tor verfügte über 363 Teile bei einem UVP von 34,99 Euro – was den Teilepreis dort auf 10 Cent anwachsen lässt. Ein deutlicher Unterschied.
Doch kann das vorliegende Modell auch im Vergleich in Sachen Qualität bestehen? Definitiv! Die Steine sind in guter Qualität gefertigt, Kratzer treten bei diesen nur in üblicher und von anderen Herstellern gekannter Form auf, lediglich bei den einzelnen Teilen der Grundplatte muss Wange nachbessern. Die Problematik der sichtbaren Gusspunkte ist immer noch vorhanden, auch wenn sich hier im Vergleich zu früheren Modellen des chinesischen Herstellers einiges verbessert hat. Auch im Bezug der Gleichheit der gewählten Farben gibt es keinen Grund zur Beanstandung, lediglich das Dach würde in einem leicht dunkleren Farbton noch etwas authentischer wirken.
Die bedruckten Bausteine wissen in ihrer Qualität ebenfalls zu überzeugen, auch wenn das fertige Modell lediglich 14 statt der originalen 32 Reliefs beinhaltet und die in den Säulendurchgängen und unter der Quadriga enthaltenen Bildhauereien nicht umgesetzt wurden.
Die Bauanleitung ist verständlich umgesetzt, Wange benötigt hier lediglich rund 20 Seiten, um die 1.552 Steine an ihre vorgeschriebene Position zu bringen – bei Lego undenkbar. Der Bauvorgang wirkt an manchen Stellen zwar etwas monoton, aber auch beruhigend – gerade deswegen sollte die Aufmerksamkeit jederzeit hoch gehalten werden. Außergewöhnliche Bautechniken sollten zudem nicht erwartet werden, auch die Quadriga ist nur in ihren Ansätzen gefertigt, aber dennoch stimmig zum Rest des Modells.
Am Ende steht nach knapp über vier Stunden Bauzeit ein imposantes Bauwerk vor dem dann hoffentlich zufriedenen Baumeister, welches schön anzusehen ist. Mit dem Brandenburger Tor zeigt Wange erneut, dass sich der chinesische Hersteller bereits seit geraumer Zeit zu einer preisgünstigen und dennoch qualitativ hochwertigen Alternative zu den teilweise deutlich höherpreisigen Modellen des dänischen Marktführers etabliert hat. Dies gilt nicht nur für Neueinsteiger in diesen Bereich, welche einfach nur einmal diese Art der Modelle und des Bauens ausprobieren wollen, welche davor bisher von den höheren Preisen seitens Lego abgeschreckt wurden.
Anmerkung zum Test
Das Brandenburger Tor (6211) von Wange wurde Just Bricks freundlicherweise von Steinchenshop für den Review kostenlos zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme auf den Artikel fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand ebenfalls nicht.
Das Brandenburger Tor (6211) von Wange bei Steinchenshop.de
Wange 6211 - Brandenburger Tor im Review
- schön umgesetztes Modell
- gute Steinequalität
- leicht verständliche und kurze Anleitung
- günstiger Teilepreis
- gutes Preis-Leistungverhältnis
- keine Aufkleber, nur Prints in guter Qualität
- Grundplatten mit sichtbaren Kratzern
- manche Gusspunkte an ungünstigen Stellen