Das venezianische Stadthaus war eine der ersten Ankündigungen des Online-Händlers Steinchenshop für eine eigene Serie von Modellen unter der eigenst dafür gegründeten Marke Probricks. Was in Bildern sehr interessant aussieht, erweckt in der Realität aber schnell das Gefühl, dass sich bei der Entwicklung doch etwas mehr Zeit hätte gelassen werden sollen.
Das Modell
Viele Händler füllen in der letzten Zeit ihr Portfolio mit eigenen Sets auf, so auch Steinchenshop, der bereits im Juni dieses Jahres eine erste eigene Serie, bestehend aus 15 Häusern, unter dem Label „Probricks“ vorgestellt hatte. Einige Sets wirken dabei wie dem europäischen Mittelalter angehörig, andere wiederum versprühen eher ein Toskana-Flair.
Erste Sets sind zum Zeitpunkt dieses Reviews bereits erschienen, darunter auch das hier vorgestellte venezianische Stadthaus, welches zu einem Preis von 120 Euro 3.229 Teile bietet. Von der 51 × 38 × 12 cm (L × B × H) messenden Verpackung dürfen sich Interessierte jedoch nicht irritierten lassen, bringt diese doch einiges an chinesischer Luft mit, denn die 18 Tüten füllen gerade einmal rund ein Drittel des Innenraumes. Zudem wird bereits bei erster Betrachtung schnell deutlich, dass für den Bau vornehmlich Plates und kleinere Bausteine zur Verwendung kommen, was die Teileanzahl wieder ein wenig relativiert. Eine Unterteilung nach Bauabschnitten ist nicht vorhanden, alle Teile müssen also im Vorfeld bereits sortiert werden , was den Platz auf dem Bautisch ein wenig einschränken wird. Das Set selbst wurde vom Designer „Vladimir“ entworfen und Steinchenshop weist auf der zum Set gehörigen Shop-Seite explizit darauf hin, dass eine Einigung mit dem Designer besteht.
Eine gedruckte Bauanleitung liegt dem Set nicht bei, auf die digitale Ausführung in Form einer PDF-Datei wird in der Produktbeschreibung aber ebenfalls hingewiesen. Im Gegensatz zu anderen Anbietern kann diese nicht einfach über die Web-Seite des Herstellers heruntergeladen werden, dafür liegt dem Set eine 9 × 5,5 cm große Karte mit einem Bild des Modells auf der einen und einem QR-Code auf der anderen Seite bei, über den die Anleitung bezogen werden kann.
Die Anleitung
Die wie bereits beschrieben nur in digitaler Form erhältliche Bauanleitung belegt einen Speicherplatz von knapp 70 MB. Für die Darstellung der 613 Bauschritte wird generell und nicht nur wegen der oftmals geringen Teilegröße zu einem größeren Tablet (rund 10 Zoll sollten bereits ausreichen) oder einem Monitor geraten. Auf kleine Ausgabegeräte wie Smartphones sollte verzichtet werden – das Bauen würde hierbei aufgrund des ständigen Zoomens und Hin- und Herschieben auf Dauer keinen wirklichen Spaß aufkommen lassen.
Die Auflösung der einzelnen Bilder hätte gerne etwas feiner ausfallen können, reicht aber für das Erkennen der einzelnen Teile und Bauschritte aus. Das Problem bei digitalen Bauanleitungen ist, dass Farben abhängig von der jeweiligen Kalibrierung des Displays unterschiedlich dargestellt werden und somit von den Farben auf den Steinen abweichen können. Auch können aufgrund einer verminderten Helligkeit sich nur gering unterscheidende Farben schwerer erkannt werden. Beides dürfte beim vorliegenden Modell keine größere Rolle spielen, da die einzelnen Farben des Modells weit genug auseinander liegen, um diese auch bei schlechter eingestellten Geräten gut zu erkennen.
Probricks gibt an, dass sich das Set an erfahrene „Steinchenklemmer“ ab 16 Jahren richtet, betont aber dennoch, dass auch „jüngere Profis“ damit klarkommen dürften. Dass das Alter jedoch nicht unterschritten werden sollte, wird der spätere Bauverlauf zeigen.
Die Anzahl der pro Bauschritt verbauten Steine hält sich in Grenzen und bleibt stets überschaubar, was bei einer digitalen Bauanleitung aber auch schnell zu einer gewissen Eintönigkeit und einem fehlenden Baurhythmus führen kann. Während bei gedruckten Anleitungen für gewöhnlich vier Bauschritte pro Doppelseite dargestellt werden, für die dann entsprechend auf Wunsch bereits alle Teile herausgesucht werden müssen und gleich verbaut werden können, muss bei der vorliegenden Variante mit jedem Bauschritt weitergeblättert werden.
Der Entwickler gibt zudem einige Hilfestellungen, die vor allem Neu- und Wiedereinsteigern im Bereich der Klemmbausteine den Aufbau erleichtern können. So werden neue hinzuzufügende Teile im Modell mit einem roten Rand versehen, damit diese besser erkennbar sind.
Verbesserungspotential
Auf der anderen Seite weist die Anleitung in einigen Bereichen eklatante Schwächen auch. So fehlen in der bereits erwähnten Übersicht Längenangaben für Teile, deren Größen nicht sofort erkennbar sind (wie unter anderem Fliesen). Hier muss also auf den einnehmenden Platz im Modell geachtet werden. Darüber hinaus wäre ein Hinweis wann das bisher gebaute Modell gedreht werden soll an vielen Stellen durchaus hilfreich gewesen – gerade zu Anfang des Aufbaus fällt dieses nicht immer auf und sorgt somit unter Umständen für Orientierungsprobleme und Fehlbauten.
Darüber hinaus ist der ständig gleiche Blickwinkel auf das Gebaute ein Hindernis. Nicht selten wird dadurch der Blick auf neu hinzugekommene Teile ganz oder zumindest teilweise verhindert, was bei eher unerfahrenen Baumeistern zu der Annahme führen kann, das diese Teile nicht mehr vorhanden sind. An anderen Stellen muss sich die Anordnung der Steine anhand der Teilevorschau zusammengedacht werden. Dieser Umstand resultiert nicht zuletzt auch daraus, dass die Anleitung über keinerlei Unterbauschritte verfügt, die die Fertigung entsprechender Segmente noch einmal genauer zeigt.
Der Aufbau
Der Aufbau des venezianischen Stadthauses beginnt, wie so oft, mit dem Fundament der Platten. Hier bildet zunächst eine 16 × 16 Noppen große Grundplatte die Basis, um die im Laufe der ersten Bauschritte mehrere weitere Platten herum gebaut werden. Am Ende wird diese Fläche eine Größe von 24 × 20 Noppen besitzen. Die hinzugelegten 4 Noppen breiten und in verschiedenen Längen vorhandenen Platten werden in den meisten Fällen über 2 × 2 Noppen große, runde, graue Fliesen zusammengehalten, die zusammen mit den 1 × 1 Noppen großen Ausführungen sowie olivgrüne 1 × 2 Plates das Aussehen eines alten Steinbodens vermitteln sollen. An einer anderen Stelle werden zwei Platten durch eine Mauer verbunden, eine 4 × 8 Plate ist dagegen bis hierhin nur lose angelegt – was sich im weiteren Bauverlauf noch rächen wird.
Auffällig sind zudem die seitlich an den unteren Mauern angebrachten Fliesen, welche lediglich durch einen einzigem 1 × 1 Brick Modified mit Noppe an der Seite gehalten werden. Hier darf sich der Hersteller nicht wundern, wenn der Gedanke aufkommt, das dies der Kostenersparnis bei der Herstellung dienen soll. An dieser Stelle wären Steine mit mehr seitlichen Noppen die bessere Lösung gewesen, was ein ständiges neues Ausrichten unterbunden und vielleicht zusätzlich für eine höhere Stabilität gesorgt hätte. Dieser Eindruck hält sich auch während des weiteren Aufbaus, bei dem der Baumeister die Mauern Stück für Stück aufbaut. Auch hier wird oft zu kleinen Steine gegriffen, die zwar für eine authentische alte Mauer sorgen, aber nicht unbedingt zur Stabilität der Wände beitragen. Dieser Umstand wird dadurch verstärkt, dass ebenso nicht wenige Fliesen verschiedener Größe überbaut werden. Dies mag zwar vielleicht in kleinen Teilen ebenso zum äußeren Erscheinungsbild beitragen, vermindert aber weiter die Stabilität. Bereits jetzt wirkt die Mauer nicht unbedingt gerade, sondern ein wenig „wellig“.
Eine Frage der Stabilität
Aber auch an anderen Stellen hätte die Stabilität ohne Probleme erhöht werden können: So wird an einigen Stellen auf ein versetztes und überlappendes Bauen der Plates und Steine verzichtet, was der aufmerksame Baumeister selbst aber alleine durch das Vertauschen von oftmals nur zwei Steinen selber besorgen kann. Darüber hinaus tauchen auch konstruktionelle Schwächen auf: So ist die 4 × 6 Noppen große Tür, welche im Grunde nur angedeutet und nicht zu öffnen ist, lediglich unten an einem 1 × 4 Brick Modified mit Noppen an den Seiten angeklemmt – beim späteren Stellen in die Vitrine einmal falsch gedrückt, schon muss diese neue angebracht werden – und das ohne von der anderen Seite dagegen drücken zu können.
Im nächsten Bauschritt ist einer der bereits angedeuteten Darstellungsfehler in der Bauanleitung zu finden, der gravierende Folgen haben kann. So macht sich der Baumeister, nachdem er die beiden Mauern für den überdachten Hof gebaut hat, an den Bau der drei sandfarbenen Säulen. Auf die für diese vorher übereinander geklemmten 2 × 2 Noppen großen runden Steine soll zunächst eine eckige Platte gleicher Größe und Farbe und auf diese anschließend eine 1 × 2 Noppen große und jeweils braune Plate sowie Fliese angebracht werden. Darauf soll in den nächsten Bauschritten wiederum ein um eine halbe Noppe versetztes 3 × 3 Noppen großes Konstrukt gelegt werden. Aufgrund des gewählten Winkels der Darstellung werden die braunen Teile von der darüber liegenden Konstruktion verdeckt und der Eindruck vermittelt, dass diese nicht mehr vorhanden sind. Ohne diese kann die Säule aber nicht mehr richtig ausgerichtet werden. Denkt der Baumeister nun also, dass es sich dabei um einen Fehler in der Bauanleitung handelt und entfernt die Teile, geht der Bereich des Modells nicht mehr auf. So etwas muss beim Probebauen auffallen.
Das Problem einmal aus der Welt geschafft, werden die restlichen Säulen gebaut und darauf die jeweiligen Torbögen hochgezogen. Bei den Verzierungen, die letztendlich für die Rundung sorgen, hätten dem Baumeister seitens des Designers erneut mehr Hilfestellung in der Anfertigung gegeben werden müssen – unabhängig davon, dass sich das Modell laut Produktbeschreibung eher an erfahrene Klemmer richten soll. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Segment normalerweise in einem Zwischenschritt zunächst komplett separat gebaut würde und dann erst angeklemmt worden wäre. Darüber hinaus ergibt sich an gleicher Stelle ein weiterer Konstruktionsfehler: So wird das Konstrukt aus 10 Scharnieren jeweils auf der rechten Seite an zwei einzelnen Brick Modified mit einer Noppe an der Seite geklemmt, während auf der gegenüberliegenden Säule nur nackter (Bau)Stein vorhanden ist und die Verzierung somit nur an einer Stelle befestigt ist. Hier wäre es ein Leichtes gewesen, den Bogen an den jeweils äußeren Säulen mit zwei Noppen zu arretieren und auf der Ecksäule zumindest über eine Noppe – bei entsprechendem 1 × 1 Brick Modified mit zwei Noppen über Eck sogar mit zwei Noppen – zu befestigen. Doch noch etwas anderes fällt bei den Torbögen auf: So ist die Mauer dahinter eckig und nicht mit Fertigteilen mit einer entsprechenden Rundung bebaut. Die Ecken sind jedoch durch die Zwischenräume des Torbogens deutlich zu erkennen.
Sind die beiden Durchgänge fertig gebaut, werden noch die Verzierungen an den Ecken hochgezogen, bevor es an die beiden Innenwände geht. Während bei den bisher gebauten Wänden vor allem kleine Teile genutzt wurden, wird bei diesen, weil später nicht sichtbar, alles mit 1 × 1 und 2 × 2 Noppen großen Steinen gebaut. Das könnte für manche Baumeister wie eine kleine Abwechslung wirken, bei der dieser endlich wieder das Gefühl hat, schneller voranzukommen – denn obwohl der Aufbau mittlerweile bereits rund 5 Stunden in Anspruch genommen hat, vermittelt das Modell nicht den Eindruck.
Entkoppeltes Bauen
Eine andere Sache ist ebenso auffällig: So sind nach wie vor die beiden Mauern mit den Torbögen und die beiden Eckmauern dahinter komplett voneinander getrennt, was der Stabilität nicht dienlich sein dürfte – vor allem, weil sich die beiden Mauern mit den Bögen aufgrund der kleinen Teile leicht verziehen. Es verstärkt sich immer mehr und mehr, dass versetztes und überlappendes Bauen bei diesem Modell ein Fremdwort zu sein scheint. Auch gibt es keine Ecksteine, die eine zusätzliche Stabilität mit einbringen. Dadurch wirkt das Modell im aktuellen Zustand sehr verzogen, alles andere als gerade und eher auf wackeligen Füßen stehend. Versucht der Baumeister die Mauern etwas zurechtzubiegen, lösen sich dabei schnell die Säulen, welche am Boden nur über eine Noppe befestigt sind. Gleiches gilt, wenn das Bauwerk falsch angehoben wird.
Nach rund zwei weiteren Stunden sind auch die beiden braunen Mauern des Durchganges gefertigt, bei denen erneut größtenteils Plates zum Einsatz kommen und sich der Bau dadurch weiter in die Länge zieht – laut Bauanleitung ist zu diesem Zeitpunkt nicht einmal die Hälfte des Aufbaus geschafft. Die bereits angesprochene fragile Beschaffenheit des Modells ändert sich aber auch im fortlaufenden Aufbau nicht – auch wenn der rote Teil des Gebäudes mittlerweile zumindest über zwei Plates mit dem bräunlichen Teil verbunden ist.
2,5 Stunden oder zwei Sherlock-Holmes-Hörspiele später sind auch die beiden braunen Außenmauern samt Durchgang fertiggestellt. Den Weg dorthin wird mancher Baumeister vor allem an seinen Fingerkuppen spüren, denn weiter kamen hauptsächlich kleine Bauteile zur Verwendung. Die Mauer wirkt dadurch zwar alt und ungleichmäßig, wie es bei solch alten Gemäuern der Fall ist, für manchen Klemmer dürfte es hier vielleicht etwas zu viel des Guten sein. Spektakuläres gibt es über den Bauabschnitt aber nicht zu berichten – es wird einfach solange ein Stein nach dem anderen und eine Plate neben oder über der anderen angeklemmt, bis die Mauer steht und das Dach in Form mehrerer 10 × 4 Plates aufgesetzt werden kann. Auf diese sollen dann noch einige Fliesen aufgetragen werden. Dieses Unterfangen stellt sich aber als nicht unbedingt so leicht heraus, wie es zunächst den Eindruck vermittelt, da die Plates nur an ihren Enden auf einer Noppenreihe aufliegen und ansonsten nicht gestützt werden. Dadurch können die Fliesen in der Mitte nur bedingt fest aufgedrückt werden. Anschließend werden noch die Umrandung sowie kleinere Verzierungen angebracht und der Teil des Modells ist fertiggestellt.
Geduldsprobe
Mit dem Ausbau des kleinen Turms geht es auf die Zielgerade. Doch auch hier verwundert an manchen Stellen die Reihenfolge der Bauschritte: So werden zunächst Cat Tails in Tan als Verzierung eingelassen und darüber eine 1 × 8 Noppen lange Plate gelegt. Der Zwischenraum zwischen den Verzierungselementen und der Plate soll nun an einer Stelle mit einer 1 × 1 Plate gefüllt werden, im nächsten Bauschritt mit zwei und darauf noch einmal eine Plate. Es stellt sich die Frage, warum diese nicht zuerst von unten auf die große Platte aufgebracht wurden?
Wer aber meint, dass irgendwann doch auch einmal Schluss damit sein muss, der wird eines Besseren belehrt. So werden in der Schräge, welche später das kleinere Dach tragen wird, in zwei Öffnungen senkrecht „Einsätze“ aus vier auf die Rückseite einer schwarzen 2 × 3 Plate geklemmten 1 × 1 Bricks in Tan auf eine 1 × 2 Fliese gestellt. Die Frage der Sinnhaftigkeit dürfte sich der Baumeister spätestens dann stellen, wenn das Segment zum wiederholten Male in den Turm gefallen ist und herausgefischt werden musste. Ein einfaches Umstülpen des Modells ist dabei nicht möglich, da sich dann wiederum andere Segmente wie die bereits oft gescholtenen Säulen lösen – ein nicht enden wollender Teufelskreis. Dabei lockern die nach Außen gehaltenen Unterseiten der Steine das Modell zwar auf, doch in dem Modell sind bereits so viele Brick Modified mit Noppen an der Seite verbaut, das vier weitere den Braten auch nicht mehr fett gemacht hätten. So hätte das Konstrukt zumindest von der Innenseite her arretiert werden können. Ein weiterer Konstruktionsfehler – von mittlerweile vielen.
Hat der Baumeister diesen Abschnitt dann unversehrt hinter sich gebracht, müssen doch die Dächer gebaut werden. Diese werden aus 1 × 1 großen runden Steinen gefertigt und sollen die runden Dachziegel imitieren, welche seinerzeit gerne verwendet wurden. Doch auch das Konstrukt erweist sich als recht fragil. Hinzu kommt, dass erneut eine andere Reihenfolge beim Zusammenbau sinniger gewesen wäre: So sollen die laut Anleitung aus einer 1 × 2 Plate mit Griff sowie einem 1 × 1 Stein mit Clip nach oben gebauten Gelenke, die das Dach mit dem Gebäude verbinden, komplett mit dem Dach gebaut und dann auf die Noppen der jeweiligen Mauer aufgesetzt werden – was zusammen mit dem benötigten Druck kaum durchführbar ist, ohne dass das gebaute Teildach sich in seine Bestandteile zerlegt. Einfacher ist es, den Stein mit Clip nach oben zuerst auf die Mauer zu setzen und dann den Griff einzuklemmen.
Damit wäre das Gebäude selbst fertiggestellt, jetzt müssen nur noch kleinere Verzierungen angebracht werden – und gerade bei diesen wird der Sinn von Unterbauschritten deutlich: So sollen die kleinen Efeublätter zunächst an die Wand und darauf die Blüten angebracht werden, nach den ganzen Erfahrungen mit dem Modell bisher dürften viele Baumeister jedoch davor zurückschrecken, zu viel Druck auszuüben. Auch hier wäre es einfacher gewesen, den kompletten Blätterstrang alleine zu bauen und dann nur noch an das Haus anzudrücken.
Alles hat (k)ein Ende…
Bis zum nächsten Kopfschütteln dauert es aber nur ein paar Bauschritte. So sollen gegen Ende des kompletten Bauvorganges auf an in die Wand gedrückte Farbrollenstangen nach oben offene 2 × 2 Noppen große Parabolspiegel aufgesteckt und auf diese Vögel gesetzt werden. Entweder soll diese Konstruktion ein Vogelnest oder badende Vögel darstellen. Das Problem dabei ist nur: Die Noppenöffnungen der Vögel sind viel zu groß für den durch die Schüssel gehenden Stab, womit diese keinen wirklichen Halt finden. Dieser Umstand lässt sich nur dadurch lösen, dass der Parabolspiegel wie ein Lampenschirm andersherum auf den Stab gesteckt und die Vögel auf der dann oben liegenden Noppe befestigt werden.
Diese Aktion stellt gleichzeitig nach rund 11 Stunden den letzten Akt des Aufbaus dar.
Qualität der Steine
Steinchenshop gibt als Hersteller der Steine den chinesischen Hersteller Gobricks an, welcher für seine hohe Qualität von alternativen Klemmbauern sehr geschätzt wird und von denen qualitativ nicht selten sogar höher als der dänische Marktführer eingeordnet wird. Das spiegelt sich auch imvorliegenden Fall wider.
Dementsprechend fällt auch das Baugefühl aus: Die Steine haften gut aneinander, lassen sich aber ebenso leicht wieder lösen. Die Oberflächenbeschaffenheit ist ebenfalls sehr gut, weder die normalen Steine und Platten noch die Fliesen wiesen beim vorliegenden Set irgendwelche Beschädigungen, Kratzer oder Schlieren auf. Bei den rotbraunen Teilen sind jedoch zwischen den verbauten Steinen und den Plates Farbunterschiede zu erkennen, wobei die Platten leicht heller ausfallen.
Fazit
Rein die Produktbilder des venezianischen Stadthauses betrachtet könnte dieses ein wunderschönes Modell sein, welches aber durch die Verwendung vieler kleiner Teile dem Baumeister einiges abverlangt hätte. Die äußerliche Gestaltung hätte dafür aber mehr als entschädigt. Das fertige reale Modell hat aber in einigen Bereichen mit dem auf den Bildern vermittelten Eindruck nur wenig zu tun – zu viel scheint bei der Entwicklung auf dem Weg zum fertigen Bauwerk schiefgegangen zu sein – was sehr schade ist. Das hat nicht einmal etwas mit der Steinequalität zu tun, die über weite Teile nicht zu beanstanden ist, denn lediglich die leichten Farbunterschiede zwischen den roten Steinen und Plates fallen hier negativ auf. Die sind aber in einem Ausmaß vorhanden, mit der der Marktführer ebenfalls zu kämpfen hat.
Nur am Rechner gebaut?
Das Problem liegt eher im Gefühl, dass das Modell niemals Probegebaut wurde, sondern direkt vom Rechner aus in die Fertigung gegangen ist – anders können die zahlreichen Konstruktions- und Anleitungsfehler nicht zu erklären sein. Und diese sind teils gravierend. So ruht der Gebäudeteil mit den Säulen und den Bögen darauf im Grunde auf lediglich drei Noppen – denen, auf den eben die Säulen stehen. Ansonsten ist das Segment – bis auf den Boden – nicht mit dem dahinter stehen Gebäudeteil verbunden. Aber selbst über dem Grund sind nicht alle Säulen miteinander verbunden, der Eckpfeiler steht wiederum auf einer 4 × 8 Plate, die nicht über die runden Fliesen mit dem Rest der Basis verbunden ist. Das wäre aber leicht zu bewerkstelligen gewesen – es hätten nur ein paar Fliesen versetzt werden müssen. Doch damit sind die Fehler an diesem Modell noch nicht abgearbeitet: So ist die Wand mit dem Torbogen neben dem Durchgang lediglich mit einer (!) Noppe auf der Ecksäule aufgelegt. Einmal falsch angehoben und das ganze Modelll zerbröselt in Einzelteile. Ein versetztes und überlappendes Bauen scheint dem Designer fremd zu sein. Bereits hier könnte den Baumeister das Gefühl erschleichen, dass das Bauwerk von Numerobis geplant und gebaut wurde.
Der Verdacht erhärtet sich dann, wenn im weiteren Bauverlauf deutlich wird, dass einige Mauern kaum mit dem Rest des Modells verbunden sind und daher die Stabilität massiv leidet. Auch die Mauern selbst sind kein Garant für Festigkeit. Das liegt nicht unbedingt daran, dass diese hauptsächlich aus Plates gebaut sind, sondern dass zum einen meist kleine Teile genutzt und zudem auch viele Fliesen überbaut werden. Über eine ganze Wand gesehen sind das dann viele Aufnahmen, welche keine Noppen erhalten. So kann kein Konstrukt starr werden. Am Ende weist das Modell zu viele sichtbare Spalten auf, die das ganze Erscheinungsbild beeinträchtigen. Da gerät selbst der Umstand, dass die verzierten beiden Torbögen nur an einer Seite angeklemmt sind, in den Hintergrund.
Auch Anleitung verbesserungswürdig
Zu den ganzen konstruktionellen Fehlern gesellen sich aber auch zahlreiche seltsame Entscheidungen in der Bauanleitung. So müssen an vielen Stellen verbaute Teile aus dem Teilefenster heraus erahnt werden, da diese nicht oder nur unvollständig zu erkennen sind. Bei diesen Segmenten hätte oftmals mit Unterbauschritten oder einem anderen Blickwinkel Abhilfe geschaffen werden, bei denen die verbauten Teile besser zu erkennen gewesen wären – doch die Anleitung führt keine einzige dieser Hilfen. Auch manche Reihenfolge der Bauschritte lässt Fragen offen, so zum Beispiel, wenn eine Plate aufgelegt und die Freiräume zwischen dieser und den Steinen darunter erst nach dem Auflegen mit anderen Plates gefüllt werden sollen – wofür die obere Platte wieder gelöst werden muss. Oder die kleinen Gucklöcher unter dem Dach, welche nicht befestigt sind und mit der kleinsten Berührung in das Gebäude fallen und dort erst einmal herausgefischt werden müssen. Oder die Befestigung der Dächer. Oder die Vögel auf den Parabolspiegeln, die sich in der vorgegebenen Art und Weise gar nicht aufbringen lassen. Oder die Ranken, welche zuerst komplett gebaut, mit den Blüten bestückt und dann erst angebracht werden sollten. Oder…oder…oder.
Hinzu kommt der hohe Preis. Zunächst hören sich die 3.229 Teile für 120 Euro gut an. Wenn aber bedacht wird, dass ein Großteil dieser Teile aus Plates besteht, ändert sich das Bild. Noch mehr Aufschluss bringt dann der Preis nach Gewicht. Hier werden für das Modell 9,23 Euro pro 100 g fällig – was sehr viel ist. Die beiden im Rahmen der vergangenen Eisenbahnwoche getesteten Sets Güterschuppen (102788) (Review) und Kleiner Lokschuppen (103015) (Review) von BlueBrixx fallen hier preislich um rund die Hälfte günstiger aus. Werden Modulars der bekannten alternativen Hersteller herangezogen, fällt der Preis oftmals noch einmal. Das kann auch die gute Steinequalität nicht mehr herausholen. Darüber hinaus dürften sich Käufer im Zukunft stärker überlegen, ob sie ihr Geld für aus MOCs entstandene Sets ausgeben werden. Mit solchen Modellen wird der Bewegung kein Gefallen getan – und das im Grunde völlig zu Unrecht, denn es gibt eine Vielzahl an hervorragenden Eigenkreationen mit sehr gut ausgearbeiteten Anleitungen, die sich genauso leicht bauen lassen, wie es Baumeister gewohnt sind.
Am Ende bleibt vom eigentlich erwarteten Bauspaß kaum noch etwas übrig, da das Modell ohne Modifizierungen nicht einmal ausgestellt werden kann. Dabei sind diese Korrekturen so leicht durchzuführen und die Schwachstellen ebenso einfach zu beseitigen. Dann wird das Modell des venezianischen Stadthauses zu einer Augenweide. Doch warum sollte der Baumeister, der gutes Geld für das Set bezahlt hat, die Fehler ausmerzen, die im Entwicklungsprozess bereits hätten auffallen müssen?
Anmerkung zum Review
Das Venetian City House von Probricks wurde Just Bricks freundlicherweise von Steinchenshop für diesen Review kostenlos zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme auf den Artikel fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand ebenfalls nicht.
>> Das Venetian City House von Probricks bei Steinchenshop
Probricks PB93105 – Venetian City House im Review – Slideshow
Probricks PB93105 - Venetian City House im Review
- hohe Steinequalität
- Bauanleitung mit vielen Fehlern
- seltsame Bauentscheidungen
- sehr wackeliges und fragiles Konstrukt
- hoher Preis
- viele kleine Teile
5 Kommentare
5N00P1
Guter Review, danke für die ehrlichen Worte!
Coole Sets (optisch), aber da scheint es noch an der einen oder anderen Stelle zu fehlen. Da die Anleitungen digital sind, sollte der Hersteller unbedingt die Chance nutzen hier nachzuarbeiten und die Fehler auszumerzen, die mit den gelieferten Steinen gehen. Nicht weil ich das will, sondern um seinen Namen zu retten.
Die Sets sind optisch wunderschön, die Steine toll, jetzt muss das Set noch mitspielen. Quasi der Gegenpol zu BB.
Hatte ja auf die Taverne und den Workshop geschielt….
Brickolo
Wobei die Taverne anscheinend von einem anderen Designer ist. Steht natürlich die Frage im Raum, ob der bessere Anleitungen schreiben kann.
Ortwin
Die Schwachstellen der Modelle tragen die Handschrift des Designers Povladimir. Der macht einfach unverschämt schlechte Anleitungen. Seine Designs sind zwar auf den ersten Blick hübsch, aber immer nah an unbaubar. Ich bin sicher, dass der Designer das nie real gebaut hat. Wenn er überhaupt schon mal was real gebaut hat. Die Anleitungen wirken automatisch generiert, denn wenn man absichtlich so eine schlechte Anleitung entwickeln möchte, muss man da schon sehr viel Mühe und Böswilligkeit rein stecken. Ich habe große Hoffnung, dass die Designs von Gregor besser sind. Es sind ja schon Sets von ihm bei anderen Herstellern veröffentlicht worden, ohne größere Beschwerden. Kleine Schwächen erwarte ich, weil es alles Alternativbauten sind, die auf den Teilen von Lego-Sets basieren. Dabei muss man immer Kompromisse machen, aber nichts von dem Kaliber, den Povladimir hier verzapft hat.
Brickolo
Danke für den ausführlichen Bericht. Habe selber das verfallene Waldhaus gebaut, welches ja vom selben Designer ist. Von den Fehlern in der Anleitung und der mangelnden Berücksichtigung der Querverbauung mal abgesehen, muss man bei diesen Sets für sich im Vorfeld entscheiden, ob man diese Kleinteiligkeit mag, oder nicht. Sicherlich hätte man sich diese ganzen 1×1 Fliesen in den Mauern sparen können, nicht desto trotz bleibt es ein langwieriger Bau mit den Wänden. Hat man sich da durchgeboxt, kann einem das Endergebnis da schon entschädigen – wenn´s stabil genug zum Herumtragen ist.
Ortwin
Wirklich schade, dass der Steinchenshop hier so blauäugig mit so vielen Sets eines so schlechten Designers gestartet ist. Etwas mehr Vorsicht wäre angebracht gewesen, sowohl bei der Zahl der verschiedenen Sets, als auch beim Testen der Designs. Ich hoffe, es geht mit besseren Designern und etwas mehr Ruhe weiter. Den das Konzept, mittelgroße Serien mit sehr guten Steinen, ist ja eigentlich sehr gut.